Heute ist Palmsonntag und ich erinnere mich an die Palmsonntage während meiner Kindheitstage, – Kirchgänge in St. Laurentius in Schramberg – Sulgen, – manchmal auch in der alten Kirche in Leucate wo ich ja auch viele Osterferien verbrachte. Eigentlich hatte ich auch vor diesen Palmsonntag in den Palmsonntagsgottesdienst in St.Peter in Grünstadt zu gehen, aber irgendwie wollte das heute nicht klappen. Im Schwarzwald waren in meiner Kindheit ja die „Palmwedel“ oft Stechpalmenzweigen – in Leucate natürlich aus echten Palmen, das waren meist Palmwedel der kanarischen Dattelpalme, – der rote Palmrüsselkäfer wütet ja damals noch nicht im mediterranen Südfrankreich.
Immerhin gehe ich ja seit der Kommunion meiner Kinder, soweit ich Ostern in Grünstadt verbringe, regelmäßig zur ökumenischen Auferstehungsfeier auf dem Grünstadter Friedhof. Vor lauter Osterhasen, Ostereiern, – den Weihnachtsrummel und Weihnachtskommerz im Winter – wird es allzu oft vergessen, – Ostern ist immer noch der höchste Feiertag im katholischen Kirchenjahr, – und bei vielen anderen christlichen Kirchen ist es wohl ähnlich. In der Osternacht wird der Auferstehung Christi gedacht, der Auferstehungsglaube als die große christliche Herausforderung und Hoffnung.
Ich halte mich zwar nicht für besonders gläubig, – aber ich fühle mich irgendwo den christlichen „Ritualen“, vor allem den katholischen irgendwie verbunden. Hinzu kommt, dass das erste Buch, – was ich als Kleinkind von Anfang bis Ende durchgelesen hatte – das war eine Kinderbibel. Das war die „Bibel für Junge Menschen“ aus dem Delphin Verlag. Eigentlich eine Übersetzung aus dem amerikanischen, – im Original hieß die Bibel „The Children’s Bible: the Old Testament, The New Testament“ und wurde von Joseph E. Krause, Samuel Terrein, Rabbi David H. Wice herausgeben und im Goldenpress Verlag in New York 1965 verlegt[1]. Mein eigenes Kinderexemplar welches, soweit meine Erinnerung, wurde mir wohl Ende der 1960 Jahre Anfang der 1970 von meinen Eltern geschenkt wurde als wir noch auf dem Schoren in Schramberg – Sulgen wohnten ist irgendwie nicht mehr auffindbar, so habe ich mir vor einiger Zeit ein etwas jüngeres Exemplar bei Medimops nachgekauft. Seit meinen Kindertagen habe ich die „echte Bibel“ bzw. Auszüge daraus in verschiedenen Ausgaben immer wieder auf Französisch oder auf Deutsch gelesen – zuletzt vor über einem Jahr beim Verfassen des Blogbeitrages „Pensées pascales 2024 : Eloi, eloi, lamma sabacthani?“ .
Gestern hörte ich in SWR-Kultur einen interessanten Radiobeitrag über das Tagebuch schreiben und die Bedeutung von Tagebüchern für die historische Forschung, eigentlich ja eine Wiederholung aus dem Oktober 2024[2]. Das „Bloggen“ ist ja auch nichts anders als ein öffentliches Tagebuch. Auch wenn die große Zeit des Bloggens schon längst vorbei ist, Facebook und andere soziale Netzwerke haben die Bedeutung des Internetblogs im WWW bestimmt minimiert, – es gibt sie immer noch die Blogs und sie werden auch immer noch gelesen. Den Paysagesblog gibt es ja nun auch schon seit Mai 2009[3]. Und manchmal gibt es sogar „Neuzugänge“ in der deutschsprachigen Blogosphäre – so lese ich seit einigen Monaten regelmäßig die „erbaulichen Unterredungen“ von Hasnain Kazim und „der siebte Tag“ von Nils Minkmar, beides Blogs (auch wenn das nicht mehr so heißt) die auf der Plattform steadyhq veröffentlicht werden. Durch das Lesen des heutigen Blogbeitrag von Nils Minkmar „Der Fluch der letzten Meter“ habe ich auch den von Anne Urbauer, Elke Jeanrond-Premauer, Nils Minkmar verfassten offenen Brief an Emannuel Macron „Merci“ zur deutsch-französischen Freundschaft und Europa entdeckt und dann auch unterschrieben.
Und was das Tagebuch schreiben betrifft, völlig unabhängig vom paysagesblog führe ich nun seit über 45 Jahren ein Tagebuch. Eine Vielzahl von „Schreibkladen“ die vollgekritzelt warten, dass man sie mal wieder zu Hand nimmt. Angefangen habe ich das ganze wohl auch weil ich erste biographische Materialien und Eindrücke sammeln wollte weil ich u.a. mit dem Gedanken spielte „Reiseschriftsteller“ oder was ähnliches Journalistisches zu werden. Reiseschriftsteller wurde ich nie, aber immerhin habe ich dann Geographie an der Universität Mannheim studiert. Das hatte zumindest in der Zeit als ich es studierte noch etwas mit Reisen, viel Lektüren und auch viel „Schreiben“ – also dem Verfassen von unzähligen Seminararbeiten, Exkursionsberichten, Praktikumsberichten etc. zu tun[4]. Geblieben von den Träumen von der Schriftstellerei ist also der Blog Paysages und das Führen eines privaten nicht öffentlichen Tagebuches auf Schreibkladden.
Die Ereignisse in den USA haben Spuren in beiden hinterlassen, – im nicht öffentlichen Tagebuch als auch in diesem Blog. Mein letzter Blogbeitrag über den Beginn des akademischen Exodus aus Amerika „Blognotice 30.03.2025 : „Timothy Snyder au Canada : Le Début d’un Exode Académique Américain ?“ wurde in der frankophonen Welt & Blogosphäre häufig gelesen, vor allem in Frankreich und Kanada. Der „Auszug“ von Timothy Snyder, Marci Shore und Jason Stanley von der Universität Yale an die Universität Toronto hat wohl in der frankophonen akademischen Welt für Schockwellen gesorgt, – und nicht nur dort. Marci Shore hat auch zwischenzeitlich in der deutschen Presselandschaft einige lesenswerte Interviews gegeben[5]. Dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Ich habe das zwar in gewisser Weise kommen sehen, – man kann das auch hier „America where are you going ?“ immer noch nachlesen, das macht es auch nicht besser und vor allem ändert es nichts am Geschehen. Was mich hingegen schon sehr verwundert wie wenig vorbereitet unser Politik, die Politikberatung aber auch viele Journalisten sind und waren. Es scheint als wäre die zweite Amtszeit von Donald Trump für diese „Berufspolitiker & Amerikaexperten“ quasi wie ein unvorhersehbares Naturereignis vom Himmel gefallen. Letztlich ist man auf dieser Seite des Atlantik nur ein interessierter Beobachter manchmal auch ein erschrockener Beobachter, – der irgendwie hoffte, dass es den Bürgern der USA doch noch irgendwie gelingt die liberale Demokratie über die Trumpjahre zu retten. Besonders erschrocken hat mich der Angriff der Trumpadministration auf das kollektive Bildgedächtnis der USA, das erinnert doch sehr stark an die Stalinistische „Bildretusche“[6]. Die Auswirkungen der Trumpschen „Säuberung“ des kollektiven Bildgedächtnis des USA werden ja schon im Regionalteil der Rheinpfalz diskutiert, das wirkt ja schon bis in die tiefste deutsche Provinz, die Pfalz hinein[7].
Letztlich lebt man dann doch in Europa. Deshalb ist es gut, dass wir in Deutschland wohl demnächst eine neue Regierung haben. Ich hätte mir lieber eine andere Regierung gewünscht[8], aber nun muss man hoffen, dass es zu dieser Regierungsbildung kommt. Immerhin wird es keinen CSU-Verkehrsminister geben, – das ist ja schon mal was. Von einer CDU-geführten Regierung hätte ich schon erwartet, dass sie die Wehrpflicht oder auch ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr einführt. Ich bin wohl einer der wenigen SPD-Mitglieder, die das für sinnvoll halten, was ich ja auch in diesem Blog schon dargestellt habe[9], wobei ich bisher innerhalb der SPD nie mitbekommen habe, dass das die „Wiedereinsetzung der Wehrpflicht oder die Einführung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres “ irgendwie innerparteilich diskutiert wurde. Marina Kormbaki hat zur Wiedereinführung der Wehrpflicht übrigens einem sehr guten Leitartikel in einem der letzten Spiegel verfasst[10].
Ich bin ja wie bekannt SPD-Mitglied und ich werde bei anstehenden SPD- Mitgliedervotum für diese neue schwarz-rote Regierung unter einem Kanzler Merz stimmen. Abgesehen davon halte ich auch nicht viel postelektoralen Mitgliederentscheiden. Der Souverän ist der Wähler am Wahltag der Bundestagswahlen. Im Grundgesetz heißt es dazu „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ (Art 38 GG).
Ich bin zwar nicht begeistert vom Programm dieser „designierten“ schwarz – roten Regierung, – auch nicht vom designierten Kanzler Merz, – aber die Alternative zu dieser Regierung, wäre ein politisches Chaos von dem nur die AFD profitieren würde. Man muss sogar hoffen, dass die Regierungsbilanz dieser neuen Regierung erheblich besser wird, als die der gescheiterten Ampel, denn ansonsten wird man wohl damit rechnen müssen wird dass die AFD die stärkste politische Kraft in Deutschland werden könnte.
Immerhin eines ist sicher, – trotz instabiler politischer Weltlage, der erratischen Zollpolitik der Trumpadministation, der Frühling lässt sich nicht mehr vertreiben, – ein paar letzte Mandelbäume blühen noch im Leiningerland und an der Unterhaardt, ansonsten blühen überall die Kirschbäume und auch die ersten Apfelblüten sind schon zu sehen.
Den gestrigen Frühlingstag habe ich u.a. auch dazu genutzt mit einem meiner Kinder „Bärlauch“ zu sammeln, – den Rest des Tages verbrachte ich mit der sehr interessanten Lektüre des Buches „Souvenirs d’un apatride“ – den politischen Memoiren von Daniel Cohn-Bendit die er zusammen mit Marion van Renterghem verfasst hat. Ich denke, dass eine deutsche Übersetzung bestimmt irgendwann folgen wird. Ich könnte mir auch vorstellen, dass dieses Buch in Deutschland einen großen Leserkreis finden würde!
Bibliographie:
Cohn-Bendit, Daniel; Van Rentergehm, Marion (2025): Souvenirs d’un apatride. Daniel Cohn-Bendit avec Marion Renterghem. Paris, © Mialet – Barrault, département de Flammarion, 2025. ISBN 978-2-0804-8065-1
Krause, Joseph E.; Terrien, Samuel; Stege, Gisela (Übers.)(1977): Die Bibel. Ausgewählt, nacherzählt und illustriert für junge Menschen. (The Childrens Bible). Stuttgart, 1977, © 1964 Western Publishing International S.A. Zug, © 1962 Fratelli Fabri Editore, Milan, © 1968 Delphin Verlag, Stutgart und Zürich for the German Edition, 10. Auflage 1977, ISBN 3-7735-4915-6
Christophe Neff, verfasst und veröffentlicht am Palmsonntag 13.04.2025
[1] Man kann im Internetarchiv einen Scan der amerikanischen Children’s Bible von 1965 ausleihen und lesen.
[2] Tagebücher – Warum wir sie schreiben und wie die Forschung sie nutzt. Wiederholung vom 12. Oktober 2024, SWR Kultur, 11.04.2025.
[3] Der erste Blogbeitrag von Paysages wurde am unter dem Titel « I. Un blog sur les paysages : un petit début – ou quelle langue choisir ? » am 24.05.2009 in Netz gestellt, am folgte „II. Un blog sur les paysages: ein kleiner Prolog auf Deutsch.“. Paysages starte im Mai 2009 als Abonnentenblog der Tageszeitung Le Monde, siehe dazu auch „La fin du blog paysages sur les blogs LeMonde.fr – Das Ende des Blog « paysages » auf den Blogs von Le Monde.fr“zur weiteren Geschichte siehe auch „Paysages – quinzième année d’existence sur la toile donc déjà cinq ans sur wordpress.com (billet trilingues français, allemand, anglais)“.
[4] Siehe u.a. auch „Lesenotizen zu „der Bücherfreund“ von Monika Helfer (Text) & Kat Menschik (Illustrationen)“ und „Das Fach Geographie an der Mannheimer Hochschule“.
[5] Siehe u.a. „Wir verlassen Yale – Es ist besser, zu früh zu gehen als zu spät – ein Gastbeitrag von Marci Shore, die Zeit Nr. 14 , 2. April 2025“, „US-Professorin über USA-Auswanderung„Man spürt die Gewalt in der Luft“ Marci Shore ist renommierte Professorin der Yale University. Jetzt wandert sie nach Kanada aus. Ein Gespräch über Feindeslisten, Waffengewalt und Schuldgefühle. Die Taz, 04.04.2025“, „Marci Shore im Gespräch : „Amerika geht unter“, FAZ, 12.04.2025“.
[6] Siehe u.a. auch „Stalins Retuschen“, DLF 19.02.1998.
[7] Siehe u.a. „Für uns ist das was ganz neues – Interview : Ein paar Fotos, die US-Präsident Trump gerade von den Internetseiten des US-Militärs löschen lässt, versucht Jens Pakenis zu sichern. Versteht sich das Docu-Center Ramstein als Geschichtsretter ? Das hat Anke Herbert den DCR-Leiter Jens Pakenis gefragt.“ Die Rheinpfalz, Nr. 86, Südwestdeutsche Zeitung, Freitag 11. April 2025, (Digitalversion = Trump lässt digitale Bilder löschen: Kann Ramstein US-Militärgeschichte retten? 10. April 2025, die Rheinpfalz )
[8] Siehe u.a. auch „Bundestagswahl 2025: Meine Erststimme für Isabel Mackensen-Geis, meine Zweitstimme für die SPD !“.
[9] Siehe u.a. auch „Bundestagswahl 2025: Meine Erststimme für Isabel Mackensen-Geis, meine Zweitstimme für die SPD !“.
[10] Siehe „Junge Männer sollten wieder Dienst tun – und Frauen möglichst auch“ Der SPIEGEL-Leitartikel von Marina Kormbaki, Spiegel, 15/2025, 04.04.2025.