Erinnerungen an die „märklinModerne“

märklin moderne buchdeckelDas Buch die „märklinModerne – vom Bausatz und zurück/From Archtecture to Assembly KIT and Back again“ habe ich durch den Artikel „Avantgarde H0 Mythos Alltag: Modelleisenbahnträume und ihre Wurzeln in der Wirklichkeit – Eine Ausstellung „Märklin Moderne[1] im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt“ von Markus Clauer in der Rheinpfalz entdeckt[2], [3]. Schon die Lektüre des Artikels von Clauer ließ in mir Kindheitserinnerungen an unsere Märklinbahn im Lärchenweg auf dem Sulgen[4], aufsteigen. Lange, lange ist das alles her – aber die Märklinbahn[5] zumindest die Lokomotiven, das Wagenmaterial ist immer noch da. Verpackt und dennoch quasi betriebsbereit, steht die Bahn  in unserem Keller bzw. auf der Bühne. Immer mal wieder zur Winterzeit, wird sie kurz als „Parkett & Teppichbahn“ wieder zum Leben erweckt. Die Ausstellung im Architekturmuseum habe ich noch nicht gesehen, hingegen habe ich mir das Buch gekauft und gelesen – und damit meine kleine Sammlung von „Ausstellungskatalogen“ wieder etwas vergrößert.

Als mein Bruder und ich in den Wintermonaten der 1970 Jahre, im Hobbykeller des neu gebauten Atriumhauses im Lärchenweg auf dem Sulgen mit unserer Eisenbahn spielten, welches wir im Winter 1971/72 bezogen hatten, hätten wir uns wohl nie träumen lassen, dass es einen Zusammenhang zwischen Architektur und Modelleisenbahn gäbe. Aber unsere Bahn war mehr eine Spiel- und Betriebsbahn. Tischtennisgroße Spanplatte, zwei Stromkreise, – eine angedeutete Gebirgsbahn – ein paar Fallerhäuschen, – aber eine richtige Landschaft hatten wir nie. Mein Bruder begann schon früh an den Loks herumzuschrauben, – da waren wohl schon die ersten Anlagen zu seinem Beruf gelegt, er ging ins technische Metier – wurde Feingeräteelektroniker. Ja, und eine Märklinbahn hat er auch noch. Man könnte ihn auch im Gegensatz zu mir als einen Märklinisten bezeichnen. Im vorliegenden Buch, wird ja Märklin als Synonym für „Modellbahn“ und „rollendes“ Material verwendet. Einerseits ist das für große Teile Süddeutschlands korrekt, andererseits gab es und gibt es auch andere Hersteller von Modelleisenbahnen. In meinen Schramberger Kinderjahren, gab es auch Buben die hatten eine Fleischmann oder eine Arnold-Rapido im Kinderzimmer oder Hobbykeller stehen. Beim „Eisenschweizer“ in der Haupstrasse konnte man die Märklin, aber auch ausgewählte Roco oder Liliput Modelle erwerben. Beim „Kosel“ in der Lauterbacherstrasse Fleischmann und Arnold-Rapido.  Fleischmann oder Arnold-Rapido hatten die Nachbarsbuben, deren Väter vom „Diehl“ nach Schramberg versetzt wurden, nachdem die damalige Firma Diehl die Junghanswerke Ende der 1960 Jahre erworben hatte. Nürnberg, – das war auch einmal eine Modelleisenbahnmetropole – wenn man nur an die Marken Arnold-Rapido, Bing, Fleischmann, Trix,   – denkt. Aber das ist ja inzwischen fast schon Modelleisenbahngeschichte. Was auch wohl Modelleisenbahngeschichte ist, dass damals bei den meisten Buben (zumindest in meinem Kindheitsumfeld) eine Modellbahn im Kinderzimmer stand, meistens war es eine Märklin, aber eben nicht immer. Hingegen kann ich mich nicht daran erinnern, irgendwo in einem dieser Kinderzimmer eine richtige „Modelleisenbahnlandschaft“ gesehen zu haben. Das waren dann wohl eher „Erwachsenanlagen“ – oder eben die mobilen Schauanlage die hier und da mal im Albert Schweizer Saal in der Talstadt Schramberg zu sehen waren[6]. Die einzige Modellbahnanlage aus Kindheitstagen, in der eine es richtige Landschaft zu bestaunen gab, an die ich mich erinnern kann, war die „Schwarzwaldanlage“ – des Freizeitpark Hardt. Eine richtige Märklinbahn mit Landschaft, Siedlung und Gebirge, die man auch noch heute besuchen kann. In diesem Sinn auch schon Modelleisenbahngeschichte, weil diese Modellbahn schon Jahrzehnte vor den großen Modelleisenbahnschauanlagen 2000 Jahre wie z.B.  in Hamburg das Minaturwunderland in Hamburg oder die etwas weniger bekannte, aber durchaus bewundernswerte Schwarzwald-Modellbahn von Thomas Panzer in Hausach[7], im Jahre 1975 „auf dem Hardt“ das Licht der Welt erblickte[8]. Dem Minaturwunderland wurde im Buch „Märklin-Moderne“ unter Titel dem „Hamburger – Modelle – was bleibt vom City-Hof?“ ein ganzes Kapitel gewidmet, – die „Schwarzwaldbahn“ von Thomas Panzer wird leider ausgespart.

Märklin als Synonym für Modelleisenbahn, einschließlich Rollmaterial, Gleis und Modellbahnlandschaft, ist durchaus auch in der Belletristik angekommen. In Tellkamps Turm[9], welches ich persönlich für einer besten deutschsprachigen Romane der letzten zwanzig Jahre halte, finden sich im Kapitel „Wolken im April 26“ folgende Zeilen: „»Glaubst du, dass es die Wahrheit gibt?« Verena zupfte den Pullover zu recht, dessen Ärmel sie über der Brust verknotet hatte. Siegbert ließ sich Zeit mit einer Antwort. Es war warm, der April schien Kredit beim Mai aufgenommen zu haben. Sie lagen im Gras eines Abhangs über dem Kaltwasser, Christian beobachtete die wechselnden, von Strömungen und Wind getuschten Schriften auf dem Apfelgrün der Talsperre. Am anderen Ufer tuckerte die Erzgebirgsbahn, klein wie ein Märklin-Spielzeug, setzte die Fichten an der Trasse unter Dampf[10].“ Christian Hoffmann, der hier die Erzgebirgsbahn unter den Fichten dampfen sieht, würde wohl eher an eine Pikomodellbahn gedacht haben, denn in der DDR war Märklin als Modellbahnhersteller gar nicht präsent. Als Tellkamp den Roman dann Jahre später verfasste, war wohl inzwischen in ganz Deutschland der Name Märklin zum Synonym für Modelleisenbahn geworden. Als ich vor Jahren diese Textstelle gelesen hatte, erinnerte ich mich an unsere Familienfahrten ins Elsass durchs Kinzigtal, die Großeltern wohnten bis Anfang der 1970er in Eckbolsheim bei Strasbourg, – damals konnte man dort noch auf der Kinzigtalbahn regelmäßig Dampfloks fahren sehen. Meistens waren es Tübinger oder Freudenstädter 38er. Man kann diese Szenerie im kürzlich erschienen Buch „Mit Dampf und Diesel durch den Schwarzwald“ von Heinrich Baumann im Kapitel Kinzigtal schön nacherleben. Man könnte es auch in einem „Modul“ oder Dioroma nachbauen – oder sich den Modellbahnhof „Halbmeil“ der Modell Eisenbahn Freunde Kinzigtal ansehen. Märklin war aber in den 50er und 60er Jahren weit mehr an als nur eine „Spielzeugeisenbahn“ – der Begriff Modelleisenbahn war wahrscheinlich damals noch gar nicht so gebräuchlich. Eine Märklinbahn im Kinderzimmer, gar noch mit einer Märklin V 200, das war das erlebte „Wirtschaftswunder“ in den eigenen vier Wänden[11]. Wie viele „Kriegerwitwen“, „Vertriebenenfamilien“ etc. haben sich in der Nachkriegszeit die „Spielzeugeisenbahn“  vom Munde abgespart [12]?

Ja, und da gab es noch die „Villa im Tessin“ – im Buch „märklinModerne“ sind der Villa im Tessin, – gleich mehrere Kapitel gewidmet, – die hing als Plakat von Klaus Staeck – jahrelang im Arbeitszimmer meines Vater. Meine Eltern waren überzeugte Sozialdemokraten – und so fand die Villa im Tessin von Klaus Staeck ihren Weg in unser Atriumhaus im Lärchenweg. Die Faller Ho Villa im Tessin hat nie auf unsere Modellbahnanlage im Lärchenweg gefunden. Unsere Familie wohnte ja damals selbst in den sogenannten „Studienratsvillen“ im Lärchenweg[13], – einer Siedlung von Artiumshäusern, die soweit meine Erinnerung korrekt ist, von der Schramberger Wohnungsbau Gesellschaft auf Grundlage der Pläne der Architekten Paul Gais und Georg Stollbert Anfang der 1970er Jahre im Neubaugebiet Eckenhof auf dem Sulgen erbaut wurde[14]. Da war der Wunsch nach einer „Villa im Tessin“ – auf der Modelbahnanlage wohl nicht so groß.  Wobei man bestimmt aus diesen Atriumshäuser oder Gartenhofhäuser am Lärchenweg wie die Häuser bei Baubeginn von der SWB benannt wurden,  gute „Ho/N“ Modellhäuser hätte machen können. Aus traurigem Anlass, der Vater eines Freundes aus Kindheitstagen war verstorben, ich war nach Schramberg zur Beerdigung nach Schramberg gefahren, unsere Eltern hatten gemeinsam im „Lärchenweg“ mit anderen Kollegen vom Gymnasium gebaut, hatte ich die Gelegenheit nochmals so ein Atriumshaus betreten zu können. Lichtdurchflutet, obwohl es ein Winternachmittag war – das Wohnzimmer – wahrlich für die damalige Zeit eine moderne Vorstellung von Wohnen. Als Kind hatte ich schon mal vorgestellt die Siedlung in Teilen nachzubauen und mit einem imaginären Eckenhofbahnhof zu ergänzen – und das ganze mit einem Nachbau der von Karl Hans Neumann entworfenen neuen St. Laurentius Kirche auf dem Sulgen zu erweitern. Also keine Untergrundbahn wie der Theobald in der Wochenendausgabe vom 18. März 1987 im Schramberger Lokalteil des Schwarzwälder Boten spottete , aber immerhin hätte es einen Modellbahnhof „Lärchenweg“ gegeben[15]. Mit etwas bastlerischen Geschick wäre es bestimmt möglich gewesen, aus dem Fallerbausatz Moderne Kirche B-235, die sich an der (Karin Berkemann Moderne Kirche 93 – 99) an der Kirche St. Katharina in Gütenbach orientiert, ein an der St. Laurentius angelehntes Ho-Modell zu basteln. Aber über dieses bastlerische Geschick habe ich nie verfügt, – was bestimmt auch einer der Gründe war, dass bei uns im Keller im Lärchenweg nie eine richtige Modelleisenbahnlandschaft entstand[16]. Und was die „Nachkriegsmoderne“ betrifft,  – im ländlichen Raum der 1960/70er Jahre der alten Bundesrepublik gab es natürlich weit weniger Vorbilder als in den urbanen Verdichtungsräumen. Deshalb werden Modelle, die die „Nachkriegsmoderne“  auf Eisenbahnmodellanlagen der 1970er, zumindest auf den, die den ländlichen Raum darstellen, natürlich auch weniger vorhanden gewesen sein. Darüber hinaus war es natürlich auch eine Platz- und Preisfrage ein solches Modell auf seiner Anlage zu platzieren.

Modellbahnlandlandschaften sind in einem gewissen Sinn eine Form von Umweltwahrnehmung und daraus folgend von Umweltdarstellung. Eine Modellbahnanalage könnte man auch als dreidimensionale mental Map begreifen. Wenn mir etwas an dem Buch „märklinModerne“ fehlt, ist dass die „märklinModerne“ eben nur in (West)Deutschland so entstehen konnte. In anderen Ländern gibt es auch Modelleisenbahnen. Großbritannien, Frankreich, Italien, Schweiz und vielen anderen europäischen Ländern gab und gibt es Modelleisenbahnen und gab oder gibt es noch Modelleisenbahnhersteller. In Frankreich jedoch, und hier kann ich es recht gut beurteilen, gab es kein Pendant zu Märklin oder Fleischmann, – und es gab auch kein französisches Pendant zu Faller oder Kibri. Jouef Champagnole, der letzte eigenständige französische Miniatureisenbahnhersteller der Großserien produzierte,  eine Marke die heute der britischen Firma Hornby gehört, und die als sie noch eigenständig war, Modellbahnzubehör wie Häuser/Bahnhofsanlagen produzierte, hatte auf den französischen Modelleisenbahnmarkt nie die Monopolstellung wie Märklin oder Fleischmann in den 1960/70er Jahren in Deutschland. Ein französischer Modelleisenbahner, der nicht auf die „Modellbahnhäuser“ von Jouef Champagnole zurückgeifen wollte, die bis ca. 2001 produziert wurden[17], konnte ggf. ein Fallermodell „französiieren“, oder musste eben selbst basteln. Faller hat zwar schon seit langem vereinzelt Modelle für den französischen Markt produziert, im Katalog 2017/18 sind das im Ho Bereich die Modelle „Bahnhof Aubance (190605)“, „Bahnhof Collenibbio (190620), sowie der „Bahnhof „Volgelsheim (110121)[18]. Ein französischer Modelleisenbahner, konnte und kann, soweit er auf seiner Modellbahnanlage eine wie auch immer geartete Französische Umwelt gestalten wollte, konnte eben nicht wie sein „deutscher Pendant“ auf die vielfältigen Produktepallette von Faller, Kibri etc. zurückgreifen. Das fängt im Grunde genommen schon beim „Bahnübergang“ an, und geht über die zwei Oberleitungssysteme (1,5kv/25kv[19]) etc.  weiter. So entstand in Frankreich eine riesige Modellbahnbastlerszene, mit Klein- und Kleinstserienherstellern sowohl für Bahnanlagezubehör als auch für rollendes Material, die es in  Deutschland in diesen Ausmaßen nicht gibt. Bemerkenswert am Rande, in diesem Markt hat sich auch die deutsche Firma Makette [20] [21] von Martin Klinger mit seinen „Wagonmodellen“ erfolgreich etabliert. Dieses Fehlen von ein oder zwei dominanten Modellbahnfabrikanten in Frankreich hat wohl auch dazu geführt, dass sich im Ho-Bereich der exakte Längenmaßstab von 1:87 bei rollenden Material durchgesetzt hatte, – wo Märklin und Fleischmann lange bei 1:100 und dann 1:93:5 bei den langen Reisewagen verblieben.

une vie en autorail BuchdeckelDen deutschen Modelleisenbahnern wurde ja oftmals vorgeworfen, sich mit der Modelleisenbahn in eine „heile Scheinwelt“ zu flüchten. Aber ähnliches kann man in Frankreich auch oft feststellen. In Frankreich konnte man und kann man bei Modelleisenbahnanlagen einen Hang zur Reproduktion des Eisenbahnverkehres der 1970er/Beginn 1980 Jahre feststellen. Nebenbahnidylle im ländlichen Frankreich am Kreuzungsbahnhof, der noch einen Gleisanschluss zur landwirtschaftlichen Cooperative verfügt. Eine Péniche, die im Kanalhafen oder am Flußhafen liegt, die auch über einen Gleisanschluss beladen wird. Eine einsame „Micheline“[22], die über eine Nebenbahn durchs ländliche Frankreich schaukelt. Eisenbahnszenen, die man im ländlichen Frankreich heutzutage lange suchen muss. Nebenbahnen, auf denen es regelmäßigen Personenverkehr und Güterverkehr gibt, sind im ländlichen Frankreich eine Seltenheit geworden[23]. Im Elsass gibt es noch ein relativ dichtes Eisenbahnnetz, welches auch den ländlichen Raum bedient, aber ansonsten findet man diese “Eisenbahnwelt“ vor allem auf den Modeleisenbahnanlagen der Modellbahner und in der Erinnerungsbänden und Bildbänden der Verlagsgruppe von la „Vie  du Rail“  (oder auch anderer Verlagsgruppen wiez.B. die Editions du Cabri). Stellvertretend sei hier das Buch „Une Vie en auto rail“ von Vincent Lalu genannt, welches dem Leser anhand von „Triebwagenbildern“ ermöglicht, eine Eisenbahnreise durch das ländliche Frankreich der „Trentes Glorieuses“ zu machen[24]. Die „Trentes Glorieuses[25]“ waren die französischen Wirtschafswunderjahre, in denen trotz permanenter „Croissance“ (Wachstum) die SNCF begann, systematisch unrentable Nebenbahnen zu schließen. Um noch mal auf das „Elssas“ zurückzukommen, das Elsass mit seinem Heritage „Alsace-Lorraine“, also dem Erbe der „Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen“ ermöglicht es einem französischen Modelleisenbahner, soweit er seine Anlage nach eine Vorbild aus dem Elsass gestaltet, eine Vielzahl der Modellbahngebäude der großen deutschen Hersteller wie Faller ohne große Umbauten oder Retuschierungen zu verwenden. Wie bereits erwähnt, ein Kapitel über die „Modelbahnlandschaft und Modeleisenbahnarchitektur außerhalb Deutschlands, hätte das Buch „märklinModerne“ bestimmt bereichert. Weiterhin wäre es vielleicht auch sinnvoll gewesen, in einem weiteren Kapitel auf die Bedeutung der Kataloge einzugehen – ich denke hier in erster Linie an den Märklinkatalog, auf die „Entwicklung“ der Modellbahnarchitektur in Deutschland. Ich kann mir vorstellen, dass in „Vorinternetzeiten“, die in den Modellbahnkatalogen gezeigten „Modellbahnlandschaften“ durchaus Auswirkungen auf die Gestaltung einer Modellbahnanlage haben konnten. Die „Titelseite/Frontseite“ des aktuellen Märklinkatalog 2017-18 könnte übrigens ein französisches Landschaftsszenario darstellen – die Sncf 241 A 65, Vorbild ist 241 A des Eisenbahnmuseums Mulhouse (Märklin Artikel 39241), dampft mit ihrem Museumszug an der französischen Atlantikküste in die Ferne. Den Häusern, die man auf der Katalogfront sieht, könnte es sich ggf. um ein Motiv handeln, welches die bretonische Küste darstellt soll.

Schön wäre es bestimmt auch gewesen, wenn das Buch auf ein paar Seiten versucht hätte, der Frage nachzugehen inwiefern das „Bauen an der Modelleisenbahnanlage/die Landschaftsgestaltung für die Modellbahn“ im Kindesalter den Weg zum Architekturstudium vorgezeichnet hat. Zumindest mir sind aus meinem persönlichen Umfeld Beispiele bekannt, in den der Weg der aus dem „Eisenbahnmodellbahnbau“ den Weg ins Architekturstudium ebnete. Umgekehrt vielleicht auch inwiefern, trotz (oder gerade) wg. des Albert’schen Abstraktionsgebotes in der Architektur[26] sich auch in Architekturmodellen „Modelleisenbahnelemente“ finden lassen. Da fiele mir zum Beispiel das Projekt „Tiefbahnhof Stuttgart“ von Frei Paul Otto ein, welches auf den Seiten 404-405 des von Georg Vrachliotis  herausgegeben Bandes „Frei Otto – Denken in Modellen“ zu finden ist.

Abgesehen davon, halte ich das Buch „Märklinmoderne“, den Museumskatalog für ein schönes bereicherndes Buch, dass man auch sehr gut lesenkann, ohne die Ausstellung zu besuchen. Für alle diejenige die sich für den Zusammenhang zwischen Modellbahnlandschaft/Umweltperzeption/Architektur in Deutschland interessieren, ist dieses Buch bestimmt ein Werk an dem man nicht vorbeikommt.

Abschliessend noch zwei persönliche Randbemerkungen:

In Schramberg, der Stadt in der ich aufgewachsen, bin führte man „Auswärtsbesuche aus Ferne“ gern auf den Schloßberg, d.h. die Ruine Hohenschramberg von der man einen sehr schön Blick auf die Talstadt Schramberg und die Bergvorstadt Schramberg – Sulgen hat, danach ging es dann oftmals weiter zum Mittagessen auf dem Fohrenbühl (Turm, Adler, Schwanen, Cafe Lauble etc.). Von der Hohenschramberg aus gesehen sieht die Talstadt Schramberg aus wie eine kleine Modellbahnlandschaft. Architektonisch hatte die „Nachkriegsmoderne“ in der Talstadt kaum Spuren hinterlassen, Parkhaus, Citycenter und das von Godehard Schwethelm erbaute Krankenhaus, das inzwischen geschlossen wurde. Und ab 1973 der Neubau des Gymnasium Schramberg, an dem ich dann 1984 mein Abitur abgelegt hatte. Über den Purben, konnte man seinen Blick Richtung Auerhahn/Tennenbronn wenden (was man nicht sieht) und dort gab es (und gibt es immer noch) den Ferienpark Tennenbronn mit seinen Nurda Häusern. Die Faller Nurdahäuser werden im dem Buch „Märklinmoderne“, thematisiert und mit einem Vorbild aus dem Harz verglichen. Die Nurda Häuser im Ferienpark Tennenbronn, sind anscheinend vergessen worden, – als ich Kind war, waren die NURDA-Häuser im Ferienpark Tennenbronn etwas ganz besonderes, da kam man schon mal zum Sonntagsausflug von Stuttgart nach Tennenbronn gefahren um sowas anzusehen. Das war schon eine Sehenswürdigkeit. Soweit ich mich erinnern kann, hatte in diesem Park die sozialdemokratische Politikerin Antje Huber auch ein Ferienhäuschen. Und Schramberg hatte auch einen Bahnhof, den man teilweise vom Schloßberg aus sehen konnte. Die Bahnstrecke nach Schiltach wurde 1992 stillgelegt. Seitdem gibt es keine Eisenbahn mehr in Schramberg, aber dafür gibt es das „Eisenbahn Museum Schwarzwald“ in der „Auto & Uhrenwelt Schramberg“, – was ich ehrlicherweise noch nicht besucht habe. Und in Schramberg gibt es jetzt sogar einen professionellen Modelleisenbahnanlagenbauer – das ist die Firma „Modellbau Weber[27]“ die vor ca. 15 Jahren von Roland Weber gegründet wurde.

672-004-5 RIV B1 5.12.2014
Sommer 1989: Der 627-004-5 fährt durchs abendliche Kinzigtal von Hausach nach Eutingen. An Bord der Geographiestudent C.N. der in Schiltach austeigen wird. (Diorama J.J. Neff; Rivarossi AC Model der  DB-Baureihe 627)

Der vorliegende Blogbeitrag ist vielleicht etwas länger und ausführlich geworden, als sonst üblich. Nach Promotion und Post-doc an der Universität Mannheim, nicht wissend ob es eine berufliche Zukunftsperspektive in der Wissenschaft geben könnte, trug sich der Verfasser mit dem Gedanken, eine Modellbahn & Modellbahnzubehörfirma zu gründen. Es gab auch andere Projekte/Ideen wie z.B. Weinhändler, geopolitischer Berater für Afrika/vordere Orient, Consultant für „Waldbrandmanagement/Bioenergiegewinnung aus mediterranen/submediterranen Wäldern/Buschwäldern. Aber die Idee für die Modellbahnzubehörfirma war wohl am ausgereiftesten, Vorgespräche wurden auch schon geführt. Aber dann war letztendlich meine Bewerbung für akademische Ratsstelle an der damaligen Universität Karlsruhe doch erfolgreich. Im Fachbereich Geographie und Geoökologie sollte ich an der Seite von Professor Manfred Meurer die „Vegetationsgeographie & geographische Landschaftsökologie“ in der Lehre vertreten und im frankophonen Afrika & Mittelmeerraum Feldforschungen betreiben. Die Pläne für die „Modellbahnfirma“ verschwanden im Karton, oder sind sogar längst weggeschmissen. Vielleicht werde ich irgendwann mal etwas mehr über diese geplante Modellbahn& Modellbahnzubehör Firma in diesem Blog schreiben.

94129 verläßt den Bahnhof Schiltach Richtung Schramberg (© Stadtarchiv Schiltach)
Ausfahrt der 94 129 aus dem Bahnhof Schiltach mit einem Personenzug in Richtung Schramberg. © Stadtarchiv Schiltach

Das Interesse an den großen und kleinen Zügen und alles was dazu gehört ist geblieben, wie ja dieser Blogbeitrag zeigt. Die Modellbahn ist zwar verpackt, und wartet darauf irgendwann wieder zumindest in der Form einer „Parkett & Teppichbahn“ wieder aufgebaut zu werden. Ja, und ab und zu wird auch eine Lok gekauft, zuletzt die 94.1 (Württembergische Tn) von Brawa in der AC[28] Version. Zwar keine Märklinlok, aber dennoch ein sehr schönes Modell. Die Stammstrecke der 94.1 war bis zur Ablösung durch Dieselloks der Reihe V60 und V100 zw. 1959 – 1961, das war die Eisenbahnstrecke „Schiltach – Schramberg[29].

Quellen und Bücher:

Baumann, Heinrich (2018): Mit Dampf und Diesel durch den Schwarzwald : Erinnerungen an P 8, V 200 und die Eisenbahn von damals : den alten Hausacher Eisenbahnern gewidmet. Hövelhof : DGEG Medien. ISBN 978-3-946594-09-3

Berkemann, Karin; Bartetzko, Daniel (HG./EDS)(2018): märklin Moderne. Vom Bau zum Bausatz und zurück. From Architectur to Assembly KIT and back again. Berlin, 2018, Jovis Verlag, ISBN 978-3-86859-518-5

Becker, Karin; Lixfeld, Gisela; Schaub, Cajetan: Schramberg, die fünfziger Jahre. Erfurt, 2003, Sutton Verlag, ISBN 3-89702-552-3

Eckert, Klaus (Hrsg): Die Legende lebt. Geschichte, Menschen, Modelle. 150 Jahre Märklin. Essen, 2009, Klartext Verlag, ISBN 978-3-8375-0129-2

Lalu, Vincent; Feunteun, Philippe; Pourrageaux, Guillaume : Une Vie en autorail. Paris 2011, Éditions la Vie du Rail, ISBN 978-2-918758-21-1

Tellkamp, Uwe: Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land. Roman. suhrkamp Taschenbuch 4160. Frankfurt am Main 2010. ISBN 978-3-518-46160-0

Vrachliotis, Georg et al. (HRSG) : Frei Otto – Denken in Modellen. Leipzig 2017, Spector Books, ISBN 978-3-95905-075-3

Danksagungen :

Dem Stadtarchiv Schiltach und Herrn Dr. Andreas Morgenstern vom Stadtarchiv Schiltach danke ich für die Erlaubnis das Photo der aus dem Bahnhof Schiltach ausfahrenden 94 129 für diesen Blogbeitrag verwenden zu dürfen.

Christophe Neff,  Grünstadt 8. Juli 2018.

P.S. (16.07.2018) Ich bin in mehreren emails daraufhingewiesen worden, dass es Antje Huber war die im Ferienpark Tennenbronn ein Ferienhäuschen hatte, und nicht Annemarie Renger wie ich ursprünglich geschrieben hatte. Hier hatte sich wohl meine Erinnerung offensichtlich getäuscht. Dazu auch hier hier ein kleiner Artikel aus dem Schwarzwälder Boten „Schramberg: SPD vor Ort trauert um Antje Huber“ aus dem Jahr 2015.

Anmerkungen und Fußnoten:

[1] Ursprünglich in der Printversion, am Samstag 26. Mai erschienen, hier der Link zum Artikel auf Rheinpfalz.de.

[2] Inzwischen hat der SPON auch die „märklinModerne“ entdeckt. Katharina Cichosch schrieb mit „Deutsche Vorliebe für Modellbau – Avantgarde im Hobbykeller“ einen durchaus lesenwerten Essay.

[3] Auch lesenswert „Die Dampflok umfährt Klein-Gütenbach“ von Michael Hierholzer in der FAZ.

[4] Wie die „Märklinbahn“ ins Hause Neff fand ist u.a. hier beschrieben: „Blognotiz 16.11.2014: Novembererinnerungen an Saulgau – Gedanken zum Volkstrauertag 2014

[5] Zur Geschichte der Marke Märklin siehe auch das von Klause Eckert herausgebene Buch „Die Legende lebt. Geschichte, Menschen, Modelle. 150 Jahre Märklin.

[6] Das mich meine Erinnerung hier nicht allzu sehr täuscht, fand ich u.a beim Besuch der Webpräsenz der Modelleisenbahnfreunde „Kinzigtal“ bestätigt als ich u.a. folgendes las: „Die Märklin Nostalgie Anlage wird im Stil der 50 – 60 er Jahre gebaut. Minimalismus an Platz und Geld herrschte zu dieser Zeit, daher waren die Anlage eher etwas für die besser gestellten Leute.  Die meisten Anlagen in dieser Zeit wurden zu Festtagen auf dem Zimmerboden aufgebaut und am Ende wieder sauber in den Karton und Schrank geräumt.  Feste Anlagen, die über das komplette Jahr aufgebaut und aktiv waren, waren nur dort zu finden wo Platz und Reichtum vorhanden waren.“ (letzter Abruf 17.06.2018).

[7] Zur Geschichte der Schwarzwald-Modellbahn von Thomas Panzer in Hausach, siehe u.a. diesen Artikel aus dem Schwarzwälder Boten „Hausach -Panzer hat Hobby zum Beruf gemacht“,  sowie hier der Link zur Webpräsenz der Schwarzwald-Modellbahn. Die Schwarzwaldmodellbahn ist inzwischen in Gutach im Kinzigtal beiheimatet (C.Neff 12.02.2022)

[8] Webpräsenz der Märklin Schwarzwaldanlage des Freizeitpark Hardt = http://www.freizeitpark-hardt.de/maerklin-modelleisenbahn.html

[9] Zum Tellkamps Turm,  Geschichte aus einem versunkenen Land, d.h. zu den „Schneelandschaften“ in Tellkamps Roman mehr in (auf franz.) „Blognotice 06.01.2014: ces flocons de neiges qui manquent »

[10] Der Turm, S. 322 (Zitiert nach den Seitenzahlen der Taschenbuchausgabe)

[11] Auf Seite 100 des Bildbandes „Schramberg – Die Fünzfiger Jahren“ von Karin Becker, Barbara Lixfeld, Cajetan Schaub  welches ausgewählte Photographien des Fotoarchivs Kasenbacher der 1950 darstellen und kurz beschreibt wird eine „Modelbahnanlage der 1950“ Jahre dargestellt. Im Textteil kann man lesen „Ein beliebtes Weihnachtsgeschenk für Buben war die Eisenbahnanlage. Die Aufnahme stammt aus dem Jahre 1959“

[12] Hierzu auch Hagen von Ortloff „Die Märklin-Eisenbahn, so hieß damals eine elektrische Eisenbahn, war mein Traum. Ein Traum, den sich meine Eltern vom Munde abgespart hatten“ in dem von  Klaus Eckert herausgegeben Buch die Legende lebt (2009, S.54-55)

[13] Den Lärchenweg nannte man in den 1970 auch „Regierungsviertel von Schramberg“, dazu auch „Blognotiz 14.12.2011 – Erinnerung an die fünf Platanen vom Schramberger Rathausplatz“.

[14] Zur Geschichte des Neubaugebiets Eckenhof in Schramberg-Sulgen siehe auch  in der d’Kräz 30 und 31 (2010 + 2011) eine von Hermann Körner verfasste Dokumentation (Vierzig Jahre Wohngebiet Eckenhof; Ein Rückblick auf die Jahre des Baubooms in Schramberg ).

[15] Das wortwörtliche Zitat des Theobald kann man u.a. hier finden: „Blognotiz 14.12.2011 – Erinnerung an die fünf Platanen vom Schramberger Rathausplatz“.

[16] Port Leucate, die „nouvelle Station“ die von Georges Candilis konzipert wurde und dessen sich Zentrum sich das „Kyklos“ befand, hätte ich als Kinde als Kind gerne irgendwie nachgebaut, auch wenn es dort keine Eisenbahn gab (und gibt). Aber um alleine nur das „Kyklos“ zu reproduzieren, mußte man schon über ein erhebliches bastlerisches Geschickt verfügen, über das ich leider nicht verfüge. Unabhängig davon würde ein „Modellbahnkyklos“ wohl jeder Modellbahn eine besondere Aura verleihen. Zu Port Leucate und Georges Candilis siehe auch: « Blognotice 7.08.2013: Les cigales de Port Leucate ».

[17] Eine Produktinventar der Maquettes Jouef Chamapgnole befindet sich hier (auf französich)

[18] Der französische Eisenbahnmodellbahnverein „Souffel’modelisme“ ist gerade dabei eine Märklinanlage mit dem Fallerbausatz des Bahnhofs „Volgelsheim als Mittelpunkt zu erstellen. Siehe auch deren Facebookseite: https://www.facebook.com/souffelmodelisme67/posts/2175667625998583

[19] Der französische Modellbahnverein „Souffel’modelisme“ hat zusammen mit der bayrischen Firma „Hobbex“ ein 25kv Oberleitungssystem für die Spur Ho entwickelt. Mehr hierzu aus  http://souffel.chez.com/lesreseaux.htm.

[20] Aktuelle Homepage von Makette = http://www.makette.de/

[21] Makette in Anlehnung an Maquette dem französischem Wort für Miniaturmodell

[22] Micheline der französische umgangssprachliche Begriff für Triebwagen. Wurde ursprünglich nur für die reifenbespannten Triebwagen der  Firma Michelin benutzt.

[23] Zum Zustand der Eisenbahn im ländlichen Raum/bzw. der „France périphérique“ siehe auch „ Streckenbeobachtungen in der „France périphérique“ – ein geographischer Kommentar zur ersten Runde der Präsidentschaftswahlen 2017 in Frankreich

[24] Einen aktuellen Einblick über die französische Modellbahnerwelt, insbesondere die Anlagengestaltung,  ermöglicht der „Threat“  „Photos d’ambiance“ im Forum Loco Revue Presse unter http://forum.e-train.fr/viewtopic.php?f=2&t=20101&sid=d31f53f619293e79b2ae6252845d9c18

[25] Der Begriff „les trentes glourieuse“ wurde von Jean Fourastié in Anlehnung an die Julirevolution von 1830 ,die in Frankreich „Les Trois Glorieuses“ genannt wird, geprägt.

[26] Hierzu dass von Oliver Elser verfasste Kapitel „Architekturmodelle und Modellbahnhäuschen“ in „Märklinmoderne“ pp. 38- 45.

[27] Selbstdarstellung der Firma Weber auf der firmeneigenen Webseite: https://www.modellbau-weber.de/roland-weber.php

[28] AC = internationale Bezeichnung für das Mittelleiter-Gleissystem, quasi das Märklin Ho System, was oftmals fälschlicherweise als Dreileiter-Wechselstrom-System bezeichnet wird.

[29] Auf der Internetseite „Bahn Bus Bulldogbefindet sich eine eigene sehr gut dokumentierte „Seite“ zur Bahnstrecke „Schramberg-Schiltach“. Durch „anklicken“ des Wort „Artikel“ gelangt man auf regelrechtes kleines Pressearchiv zur Geschichte der ehemaligen Bahnstrecke durchs Schiltachtal.