Mannemer Dreck- traumhafte Zeiten – eine autobiographische Zeitreise mit Musikbegleitung nach Mannheim

Einführung

Zur Einstimmung bevor es richtig losgeht ein paar Takte Mannemer Dreck von Joy Fleming . Vor einigen Tagen las ich einen Artikel in Spiegelonline mit dem Titel „delikater Dreckhaufen„. Der Artikel war ein netter kulinarisch historisch-geographischer Spaziergang durch Mannheim, Stadt in der ich einst studiert und gelebt hatte. Wobei ich ähnlich wie der Schockwellenreiter meine – ein Artikel ohne Joy Flemings Mannemer Dreck auch nur mit einer Silbe zu erwähnen – das ist mehr als nur eine Unterlassungssünde! Der Mannheimer Dreck um hier die hochdeutsche Schreibweise zu benutzten ist ein Makronengebäck aus Mannheim – darüber klärt einem schon der besagte Spiegelonline Artikel oder auch Wikipedia auf. Deshalb möchte ich nicht näher darauf eingehen, sondern mich auf eine autobiographische Zeitreise durch Mannheim begeben.

Ich habe vom Frühsommer 1986- bis Herbst 1993 in Mannheim an der Universität Mannheim Geographie mit den Wahlfächern VWL und Politikwissenschaft studiert, daneben dieses Studium durch Romanistikstudien (Französisch, Portugiesisch und Italienisch) ergänzt. Damals war die Universität Mannheim noch eine echte Volluniversität mit einem relativ breiten Fächerspektrum, wobei die Naturwissenschaften, mit Geographie (soweit man diese zu den Naturwissenschaften zählt), Geologie, Mathematik und Informatik damals auch schon eher schmal aufgestellt waren. Gewohnt habe ich damals in Neuostheim in der Grünewaldstraße, nicht weit von Riedbahnbrücke, Feudenheimer Schleuse und Maulbeerinsel entfernt. Danach habe ich als Assistent (und Doktorand) von 1993 bis 1999 am Lehrstuhl von Professor Frankenberg am damaligen Geographischen Institut der Universität Mannheim gearbeitet. Ab 1994 wohnte ich im Neubaugebiet „Niederfeld“ (Mannheim-Neckarau ) im Hans-Sachs-Ring in einer schönen Dachgeschoßwohnung mit direkter Sicht aufs Großkraftwerk in Neckarau.

Winterlicher Blick auf Neckarau Jan 1997
Niederfelder Winterblick aufs Großkraftwerk Neckarau (Januar 1997 Photo © C.Neff)

1999 bin ich aus familiären Gründen nach Grünstadt in die Pfalz gezogen. Ich habe zwar weiterhin bis 2005 bis zum meinem Wechsel zum Institut für Geoökologie und Geographie der Universität Karlsruhe am Geographischen Institut der Universität Mannheimals Postdoc gearbeitet, aber der Abschluß meiner Mannheimer Lebensphase war das Frühjahr 1999. Inzwischen sind sozusagen nun fast genau zehn Jahre vergangen – und die Lektüre des Spiegelonline Artikel „Delikater Dreckhaufen “ von Kurt F.de Swaaf hat mich dazu bewegt einige meiner Erinnerungen die ich mit der Stadt Mannheim in Verbindung bringe in Sätze zu fassen.
Ich habe gern in Mannheim studiert und dort auch gern gelebt, mich sozusagen richtig wohlgefühlt. Und wenn es heute in Baden-Württemberg eine Großstadt gäbe in der ich gern wohnen würde, dann wäre Mannheim wohl die Stadt meiner Wahl. Aber das Leben hat das einstweilen anders entschieden. Natürlich verbinde ich nicht nur positive Erinnerungen mit der Stadt Mannheim, wobei die wirklich negativen Erinnerungen eigentlich wenig mit der Stadt Mannheim im engeren Sinne zu tun haben. Einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt allenthalben die Tatsache, dass das Rektorat Arndt das Geographische Institut geschlossen hat, vor allem die Art und Weise wie das geschah, wie die Schließung vollzogen wurde. Ich hätte das Geographische Institut in Mannheim sowieso verlassen müssen, das ist der normale Gang im deutschen Hochschulwesen, – von diesem Gesichtspunkt aus hat mich die Schließung des Geographischen Institutes nur unwesentlich tangiert. Aber „Stil und Form“ des ganzen – da kann man eigentlich nur den Kopf schütteln. Auch die Art und Weise wie teilweise mit den Emeritii des Faches umgegangen wurde (und wird) – das erscheint mir als sehr befremdlich.
Ansonsten verbleibt eigentlich nur ein positives Bild von Mannheim. Aber Bilder verändern sich mit der Zeit, sowie sich auch Erinnerungen verändern. Deshalb, umsozusagen für mich und die Leser meines Bloges, mein aktuelles Mannheimbild festzuhalten, habe ich diese Zeilen verfaßt.

Die Städtische Natur & Wildnis

Da wäre zum einen der Entdeckung der städtischen Natur in Mannheim, der Pflanzenvielfalt im urbanen Ökosystem Mannheims – was ich sogar später dann wissenschaftlich in einer Publikation zur Vegetationsdynamik in Mannheim verarbeitete (Neff, C. 1998). Der Artikel „Neopyhten in Mannheim Beobachtungen zu vegetationsdynamischen Prozessen in einer Stadtlandschaft „ war bestimmt einer der ersten deutschsprachigen wissenschaftlichen Publikationen die auf die Artenvielfalt in urbanen Ökosystemen hinwies, Neophyten nicht negativ darstellte (wie damals und auch noch heute oftmals üblich) sondern versuchte die Neophyten (und Neozoenproblematik) durchaus differenziert und emotional unbelastet und analytisch darzustellen. Soweit es die Neozoen betrifft, in diesem Fall die Halsband – und Alexandersittiche, glaube ich, dass es die erste wissenschaftliche Publikation war, die das Phänomen der Ausbreitung von Papageienvögel im Rhein-Neckar- Dreieck beschrieb. Die wichtigste Erkenntnis damals war jedoch, – und davon bleibe ich auch heute überzeugt – der aktuelle Hauptsteuerungsfaktor für die Ausbreitung von Neopyhten in urbanen, suburbanen und selbst in ländlichen Ökosystemen sind in unserer heutige Zeit in Mitteleuropa vor allem Gartenmoden. Ich habe das auch rezent bei der Analyse von Laurophylliesierungsprozessen iin der elsäßischen Oberrheinaue beschrieben (Neff 2007 ). Klimaeffekte, sprich also der sogenannte durch den Menschen verursachte Klimanwandel, sind meines Erachtens für solche Prozesse in Mitteleuropa zur Zeit kaum verantwortlich, aber das kann sich bzw. wird sich durchaus ändern können.

Was die Stadtvegetation Mannheims betrifft möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf ein kürzlich erschienenes Buch mit dem Titel „ Pflanzenraritäten am Oberrhein – Beispiele aus Ludwigshafen und Mannheim „ von Johannes Mazomeit verweisen. Dieses sehr schöne Buch widmet sich ausgewählten Pflanzenraritäten im Stadtgebiet von Ludwigshafen und Mannheim, wobei der Schwerpunkt eindeutig auf Beschreibung von Pflanzenfunden, seltenen Pflanzen im Stadtgebiet von Ludwigshafen liegt, – Mannheim wird sozusagen nur am Rande behandelt. Dennoch halte ich das Buch für lesens und empfehlenswert. Außerdem ist es auch sehr schön illustriert.

Das Licht des Fohrenbühles – die Wiederentdeckung des heimatlichen Schwarzwaldes und der Raumschaft Schramberg aus Mannheimer Perspektive

Was die Entdeckung von Landschaften während meiner Mannheimer Zeit betrifft habe ich sozusagen von Mannheim aus die Landschaften der Raumschaft Schramberg wiederentdeckt. Als ich 1984 Schramberg nach dem Abitur Richtung Fallschirmjägerei in Nagold verließ, war ich eigentlich ganz froh Schramberg hinter mich lassen zu können. Vor allem die bürgerliche katholische Bigotterie in Schramberg (mit allem was dazu gehört), die in ihrer besonderen Ausprägung vielleicht ein Erbe der verlängerten Schwanzfeders des Habsburgerischen Adlers, der vorderösterreichischen Herrschaft Schramberg , war – hatte mir damals doch erheblich zu schaffen gemacht. Ich muss sagen, dass auch wenn ich im allgemeinen Krimis nicht so gern lese, – obwohl es da auch Ausnahmen gibt – die Krimis der ehemaligen Schrambergin vom Sulgen Uta Maria Heim – beschreiben diese bleierner Zeit der 1980 Jahre in Schramberg außerordentlich gut. Das ist bestimmt einer der Gründe weshalb ich wohl die allermeisten der Krimis der ehemaligen Sulgener Schrambergerin Uta Maria Heim gelesen habe.

Es waren die furchtbaren herbstlichen und winterlichen Nebeltage die mir zu Studienzeiten das Leben in Mannheim schwer machten, Nebel, wohl auch Smog – verursachten dann tagelange Migräneanfälle die mich zurück in den Schwarzwald trieben, mich das „Licht des Fohrenbühls “ entdecken ließen. Natürlich gibt’s und gab es nicht nur in Mannheim langanhaltende Nebeltage im Herbst und Vorwinter (in Grünstadt wo ich jetzt lebe – leider auch viel zu oft), – der Nebel in Basel und Sundgau – das scheint sozusagen das landschaftliche Hauptelement der Komissär Hunkeler Krimi‘ s von HansJörg Schneider zu sein – undurchdringliche Nebeltage in Basel und dem elsäßischen Sundgau und die silberne Wintersonne und Schneestille auf den Höhen des Hochschwarzwaldes (u.a ). Ein landschaftliches Konstrukt von Licht und Schatten in den Kriminalromanen Schneiders – ähnlich wie ich es Student empfand, wenn ich aus den Mannheimer Nebeltagen ausbrechend das Licht des Fohrenbühles suchte. Die Kriminalromane Schneiders, die Hunkeler Reihe habe ich erst jetzt durch die durch den Unfall entstandenen Zeitlücke kennengelernt. Aber was das Licht des Fohrenbühles betrifft, – wenn man nach einer tage wenn nicht wochenlanger Nebelphase aus dem Oberrheingraben kommt, – und in der Tat gibt es auch in Grünstadt im Spätherbst und Winter oftmals lange, sehr lange Nebelphasen – dann wirkt das Licht des Fohrenbühles wie eine regelrechte Befreiung, eine winterliche Lichtoase. Zu letzt habe ich das im Januar 2009 erlebt.
Und was im Winter die schneelosen Nebeltage in Mannheim waren, das waren die berühmt berüchtigten schwülen Mannheimer Sommer, die mich zur Flucht in die Sommerfrische des Schwarzwaldes trieben. Die Mannheimer Sommer können was Luftfeuchte und Schwüle betrifft, es durchaus mit den Verhältnisse in Abidjan aufnehmen, das kann ich sozusagen aus persönlicher Erfahrung bezeugen. Und so habe ich die heimatliche Raumschaft Schramberg, den restlichen Schwarzwald, vor allem den Kinzigtäler Schwarzwald wieder entdeckt, neu entdeckt – und mir mein eigenes „Schwarzwälder Landschaftsbild“ konstruiert. Die Wiederentdeckung des Schwarzwaldes geschah übrigens nicht allein, sondern mit dem Journalisten und Studienfreunde T.H. , inzwischen Jurist in einer deutschen Metropole, der aber auch ursprünglich aus Schramberg stammte, den ich aber aus Schramberger Schulzeiten kaum kannte, da war der Alterunterschied zwischen uns beiden einfach zu groß, 4 Jahre – das ist in Pennäleraugen mehr als eine Schülergeneration. In seinen Augen war ich der Sohn seines Französisch-Lehrers, auf Schrambergerisch einfach Franz-Lehrer (mein 1992 verstorbener Vater Winfried Neff war Oberstudienrat für Französisch, Geschichte und Gemeinschaftkunde am hiesigen, sprich dem Schramberger Gymnasium) und damit per se nicht Gegenstand bedingungsloser Anziehung. Als ich in den 1993 Jahren gerade meine Diplomarbeit zu Waldbrandrisiken in den Garrigues de Nîmes vorlegte (wurde 1995 in leicht überarbeiter Form als Monographie veröffentlicht(Neff 1995)) , ich meine Examen in Geographie und Politik (VWL & Ökonometrie hatte schon 1992 bei Prof. Nachtkamp abgelegt) mit den Themen „Feuer & Vegetationsdynamik im Mittelmeerraum (Prof. Frankenberg) , Kulturlandschaftsdynamik im Mittelmeerraum (PD Dr. Bender), der islamische Fundamentalismus als Bedrohung für die westlichen Demokratien (Prof. Wildenmann), politische Kultur in Italien (Prof. Wildenmann) vorbereitete, promovierte der Freund aus Schramberg sich in unmittelbarer Nachbarschaft mit einer Arbeit über die Luhmannsche Systemtherorie zum Thema „datenschutzrechtliche Presseprivileg“ mit Summa cum Laude zum Dr.iur. an der juristischen Fakultät in Mannheim. Doch nicht nur der Spaß am wissenschaftlichen Arbeiten verband uns : wir genossen auch exzessiv die Mannheimer Nachtkultur. Gleichzeitig erwanderten wir quasi den gesamten mittleren Schwarzwald und die östlichen Muschelkalk Gäue zwischen Kinzig, Gutach, Brigach und Neckar, – wobei wir so nebenbei fast alle guten Vesperstuben und Bauernwirtschaften in dieser Gegend testeten, – sozusagen von Gasthof zu Gasthof wandernd und das im Winter wie im Sommer.
Ein weiterer Fluchtpunkt für uns war, oftmals der Bauernhof eines Studienkollegen in Nordrach bei Zell am Hamersbach, wo wir in wahrhaftig studentischer Harmonie vielköpfig tage- und wochenlang wanderten, Pilze suchten, Heu machten, kochten, diskutierten, lasen, gelegentlich auch Seminararbeiten schrieben und lernten und musizierten. Diese Erlebnisse prägen noch heute. Und die damals geschlossenen Freundschaften -auch wenn sie gelegentlich nur nachlässig gepflegt werden- trotzen beständig der Zeit.

Mannheims Bücherwelten
Was mich weiterhin mit dem wandernden Freund aus Schramberg verband, war natürlich die Liebe zu Büchern, Bibliotheken und Buchhandlungen. Reihenweise Fachliteratur, Romane, Krimis haben wir verschlungen!
Ja, ich war immer am Lesen während meiner Mannheimer Studientage. Das Buch sei es Fachbuch – oder auch Belletrisitik war bestimmt einer der Mittelpunkte meines damaligen Mannheimer Lebens. Montags war dazu noch immer Spiegeltag, – da wurde dann immer abends Stundenlang über die neuesten Enthüllungen aus dem Spiegel diskutiert. Ich hatte natürlich damals meine Stammbuchhandlungen in Mannheim. Zuerst habe ich Kurt Tillmanns Buchhandlung auf den Planken entdeckt. Danach den Bücher-Bender in Q 4. Leider wurde die Buchhandlung Tillmann recht schnell nach meinem Studienbeginn in Mannheim geschlossen (1988) bzw. von der Ottoschen Buchhandlung übernommen, was aber auch nicht lange Bestand haben sollte. Deshalb stöberte ich und kaufte seitdem (ca. 1988/89) soweit ich in Mannheim Bücher kaufte, – denn einen Teil meiner Bücherausgaben tätigte ich immer noch in der Buchhandlung Klaussner in Schramberg, – beim Bücher -Bender in Q 4. Der Bücher-Bender in Q 4, das war und ist immer noch in meinen Augen die Buchhandlung Mannheims, m.E. gibt es für den literarischen Leser in der sogenannten Metropolregion Rhein-Neckar nichts vergleichbares. Weiterhin war ich daneben eifriger Nutzer der Mannheimer Universitätsbibliothek , – und habe das Bibliothekspersonal durch meinen niemals ermüdenden Lesehunger und den daraus resultierenden Anschaffungsvorschlägen manchmal an den Rand der Verzweiflung gebracht.

Das alles erscheint mir inzwischen jetzt alles sehr entfernt, wie eine Zeitreise in eine vergessene Landschaft aus der Vergangenheit. Welche Studierende lesen noch den Spiegel oder die Zeit (in der Printversion) – wenn dann ja wohl wenn überhaupt Spiegelonline. Wenn man heute einen Studierenden auf einen Artikel aus dem Spiegel oder die Zeit anspricht wird man meistens nur erstauntes Kopfschütteln ernten. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, – so wie z.B. eine Studentin die mir vor ein paar Monaten einen Artikel aus der deutschsprachigen Ausgabe des Le Monde Diplomatique zum Lesen reichte. Aber vielleicht waren wir ja auch schon damals Ausnahmen, Studenten die stundenlang in Cafe‘ s und Kneipen (das waren u.a. Grimminger auf den Planken, das Binokel, das Flick-Flack, das Uhland, der Polizeisportverein an der Feudenheimer Schleuse, Weldes reale Bierwirtschaft in Neuostheim, der Anker im Schwabenheimer Hof, später auch das Journal am Marktplatz) saßen und sich über neueste Artikel aus Spiegel, Zeit „disputieren“ – und ihre neusten Büchertrouvaillen besprachen. Ja wie die Erinnerung an eine vergangene und verlorene Zeit will mir das heute erscheinen.

Vergangen Oktober als ich von einer längeren Reise zurückkam bin ich von Bahnhof zum Wasserturm, dann die Planken hinunter , bis Q 4 zum Bücher-Bender geschlendert- war dort Bücherstöbern – und bin dann danach in die Homer Ausstellung ins Reissmuseum. Es war ein schöner klarer sonniger angenehm warmer Herbsttag, – und was für ein Zufall – bei diesem Herbstsapziergang kreuzte ich auch noch die Weg des Leiters der Benutzerabteilung der Mannheimer Universitätsbibliothek Herrn Bibliotheksdirektor Per Knudsen , der mich auch nett grüßte – den ich aber zu Anfangs gar sofort erkannt hatte, weil ich so tief in meinen Gedanken und Erinnerungen versunken war. Ja dieser Herbstspaziergang durch die Quadrate im Oktober 2009, war schon eine kleine Zeitreise zurück in meine studentische Vergangenheit.

Die Linie 36 : der Mannheim Blues

Neben den Büchern, war es u.a. auch Musik und Kino die unser studentisches Leben bestimmte, – Mannheims Musikszene war ja in den 1980 sehr lebendig – und ins Kino sind wir eigentlich fast jede Woche ein oder zweimal, – meist ins Odeon oder ins Atlantis manchmal auch ins Capitol. Odeon und Atlantis gibt es übrigens immer noch, aktuell wird dort Kommisar Bellamy von Claude Chabrol mit Gerard Depardieu in der Hauptrolle gezeigt.

Neben den vielen Konzerten, die wir besuchten, meist in Miljöö, Hauptfeuerwache oder Capitol, haben wir manchmal auch selbst Musik gemacht, – meist Blues, Rock and Roll und manchmal deutsch-französische Chansons.

Aus Mannheimer Dreck und dem Neggabriggeblues (habe ich leider damals beim Niederschreiben des Textes nirgendwo zum Einbauen gefunden, das gibt’s bis dato nicht von Youtube) von Joy Fleming hatten wir die Linie 36 gemacht, – sozusagen frei nach Joy Fleming von mir improvisiert und interpretiert. Die 36 – da sollte man vielleicht noch darauf hinweisen, – das war damals die Straßenbahnlinie mit der ich von Neuostheim fast tagtäglich an die Schloßuni bzw. das Mannheimer G.I fuhr. Nicht zu vergessen den sagenhaften Krankenschwesternblues, – an dem sich vielleicht der eine oder andere Leser vielleicht noch erinnern kann. Aber auch der Schwabenblues wurde nicht vergessen, – wie z.b. die Strassenboa, oder es schneilet es weielet von Wolle Kriwanek .

Manchmal war es auch beschaulicher, wenn J.Z. mich am Klavier zu „automn leaves“ begleitete – wobei mir persönlich die französische Originalversion der feuilles mortes in der Interpretation von Yves Montand immer noch weit besser gefällt als die weitbekanntere englische Version, wobei die von der Piaf bestimmt auch seht stillvoll ist. Oder auch mit J.Z. am Klavier, Summertime -, Sunny (oder hier die etwas funkigerer Version von James Brown) gesungen. Aber so wie James Brown haben wir das eigentlich nie gespielt.
Einige Erfolge konnte ich damals auch mit Interpretationen von Songs der immer noch in Frankreich beliebten Rockröhre „Johnny Hallyday “ verbuchen, – der laut H.H. (Alt Schramberger Rock’n Roller , Musikexperte und Blogger ) immer noch einziger Rock’n Roller Frankreichs war und ist – und entsprechend immer noch von rechts und links in Frankreich teilweise als Rocklegende vergöttert wird ! So habe ich mich u.a. an „que je t‘ aime „, „Diego „, „quand la guitare fait mal„, – und natürlich auch Marie versucht. Aber unsere Marie (Paroles: C.Neff ; Musiques & guitares : T.H. ) Jahre vor der Hallydayschen Marie Version gesungen (und geschrieben bzw. mehr frei improvisiert als geschrieben – Entstehungsort war übrigens die Schwarzwaldwirtschaft „Eselbach “ in Aichhalden ) war auf jedenfalls Stil und Klangvoller als die inzwischen natürlich weit berühmtere Marie von Hallyday. Natürlich war da nicht nur Johnny Hallyday, sondern auch Couleur Menthe a l‘eau , il ne rentre pas ce soir von Eddy Michell, Mademoiselle chant le blues, quand Jimmy dit what i say , d‘ Allemagne von Patricia Kaas, und natürlich Aline von Christophe – und auch Joan Baez und etwas Country durfte nicht fehlen .

An manch einem Abend wenn die untergehender Sonne Fernsehturm und Neckar im rötlich-gelben Licht tauchte, sah ich von der Maulbeerinsel aus den über die Riedbahnbrücke donnernden langen Güterzüge nach „Riding on the City of New Orleans “ vor mich her summend und von Zugreisen durchs ferne Amerika, den USA dem Land der langen Güterzüge träumend, – die U.S.A die ich bisher nicht betreten habe.
Wie lange dieses schon her ist. Man hat das Gefühl als läge da schon fast eine Weltreise hinter einem. Und von einer Zugreise durch die U.S.A. auf den Spuren der großen Züge – ja davon träume ich noch heute wie damals als Student an der Riedbahnbrücke in Neuostheim.

Das letzte Mal, das ich das sozusagen (halb)-öffentlich aufgetreten bin und gesungen habe, war übrigens vor 3 Jahren im Wallis, – mit einem Freund – einem Dichter und Musiker der viel zu früh aus dem Leben getreten ist, – damals versuchten wir hoch oben dem Rhônetal seinen Gedichtband zu vertonten – den melancholischen Blues den wir zusammen spielten, – (er Gitarre – ich Gesang) nannten wir damals Talwind. Immer wen ich an den zu früh verstorbenen Dichter aus dem Wallis denken, muß ich anwillkürlich an die Trois Cloches denken, – ein altes Walliser Volkslied welches durch Edith Piaf et les Compagnons de la Chanson weltberühmt wurde.

Traumhafte Zeiten – Erzählungen einer Stadt
Mein Leben als Student das waren die Entdeckung der städtischen Natur, Bücher und Buchhandlungen, Kino und Musik – und vor allem viel Zeit fürs Leben und Genießen. Natürlich ein sehr subjektives Bild von einer Stadt.Und wenn wir hier schon von subjektiven Stadtbilder erzählen, hier noch der Hinweis auf den Film „Traumhafte Zeiten“ den Michael Kötz im Auftrag der Stadt Mannheim zum Stadtjubiläum 2007 gedreht hat. Der Film war (und ist ggf. noch) als DVD für Schutzgebühr in einiger Mannheimer „Kulturgeschäften“ erhältlich.
Mit Brahms ungarische Tänzen no. 1 g-moll (1 Allegro molto g-Moll (Orchesterfassung ))als Thema wandern wir mit dem Sprecher Hans (Michael Kötz) durch 400 Jahre Stadtgeschichte. Daneben ist der Film für jeden Cinemaphilen ein echter Leckerbissen, da dieser voller Film und Bildzitate steckt. Angefangen von der Tod des weißen Pferdes bis zum Gymnasiallehrer Pedersen. Der Tod des weißen Pferdes war übrigens der erste Kinofilm den ich in Mannheim gesehen hatte, – im Sommersemester 1986 kurz nach Studienbeginn im alten Cinema Quadrat in L 7 gegenüber dem damals in L 9,1 beheimateten Geographischen Institut. Das ist nun 23 Jahre her. Wie die Zeit vergeht. Und wie gesagt, jedem der einen schönen aber auch bestimmt subjektiven cinephilen Rückblick auf 400 Jahre Stadtgeschichte Mannheims sucht, dem sei der Film „Traumhafte Zeiten – Erzählungen einer Stadt – Mannheim 1607 – 2007″ wärmstens empfohlen. Ich selbst habe nur 13 Jahre – vom Sommersemester 1986 bis Sommersemester 1999 dort im Mannemer Dreck gelebt, – doch um mit Edith Piaf auf französisch zu sprechen (was durchaus auch mal in Mannheim gesprochen wurde und das in früheren Zeiten in manchen Stadtteilen gar nicht selten) – non de de mes temps à Mannheim – je ne regrette rien! Bevor diese imaginäre Zeitreise vom Krankenbett in Grünstadt nach Mannheim endet – höre ich nochmals denimaginären Wellengang des Rheines an der Reißinsel, – das rythmische dumpfe Stampfen der Schiffsdiesel, – das Donnern der Güterzüge über die Riedbahnbrücke bei Neuostheim – begleitet von den Klängen Brahms ungarische Tänze no. 1 Allegro molto g-Moll (Orchesterfassung )) diesmal in der Version von Furtwängler oder wem dieses besser gefällt in der Orchesterinterpretation von Dániel Somogyo-Tóth .

Diese autobiographische Zeitreise möchte ich so wie ich diese beginnen ließ – mit ein paar Takten Mannemer Dreck beenden !

Quellen:
Heim, U.M. (2008): Totschweigen. (Gmeiner Verlag Meßkirch), Meßkirch (ISBN 978-3-89977-704-8)
Heim, U.M. (2009): Wespennest. (Gmeiner Verlag Meßkirch), Meßkirch (ISBN 978-3-89977-809-0)
Mazomeit, J. (2009): Pflanzenraritäten am Oberrhein. Beispiele aus Ludwigshafen und Mannheim. Neustadt (Pollichia Sonderveröffentlichungen 15), ISBN 978- 3- 925754-56-2
Neff, C. (1995): Waldbrandrisiken in den Garrigues de Nîmes (Südfrankreich) – eine geographische Analyse. Materialien zur Geographie 27, Mannheim. (ISBN 3-923750-50-1)
Neff, C. (1998): Neophyten in Mannheim – Beobachtungen zu vegetationsdynamischen Prozessen in einer Stadtlandschaft. In: Anhuf, D., Jentsch, C. (Eds.): Beiträge zur Landeskunde Südwestdeutschlands und angewandten Geographie. Mannheimer Geographische Arbeiten, H. 46, 65-110, Mannheim. (ISBN 3-923750-72-2)
Neff, C. (2007) : Naturkundliche Beobachtungen in Munchhausen (Frankreich) Sauerdelta und Laurophyllisation in Munchhausen.. In: VOGT, J., D. BURGER, T.K. BUTTSCHARDT, A. MEGERLE (Eds): Karlsruhe, Stadt und Region. Ein Landeskundlicher Führer zu bekannten und unbekannten Exkursionszielen. Karlsruhe, Regionalwissenschaftlicher Fachverlag, p. 201 – 215, ISBN 978-3-9811189-2-6
Schneider, HJ.(1999): Das Paar im Kahn. (Taschenbuch Lizensausgabe Lübbe Verlag), Bergisch Gladbach (ISBN 978-3-404-14583-6)

Christophe Neff, Grünstadt le 15.7.2009

P.S. (16.7.2009):

Als ich studierte gab es noch kein U-Tube, deshalb habe ich hier die Originalversionen (oder andere) mit den Originalsängern aus U-Tube verlinkt. Ich hätte jedoch kein Problem damit eine Filmversion mit meinen Sangeskünsten einzustellen. Gestern gab es im alt ehrwürdigern LeMonde anläßlich der Johnny Hallyday Abschiedstour einen Artikel in dem man den ehemaligen französischen Ministerpräsidenten Jean Pierre Raffarin als Johnny Hallyday „Imitator bzw. Interpreten“ abgelichtet sehen konnte. Schlimmer kann es bei mir auch nicht gewesen sein ! Die einzige Film bzw. Vidoeoaufnahme die es ggf. noch geben könnte, wäre die die von einem gemeinsamen Auftritt mit den ehemaligen Mitgliedern der Band „the Ham“ in Bad Herrenalb gedreht wurden. Teile der „the Ham“ leben in den Sixpäcks übrigens weiter. Damit wären die Sixpäcks auch schon so was wie eine Schramberger Rocklegende geworden – frei nach Eddy Mitchell und Johnny Hallyday „on veut des lègendes

Bilder und Bebilderung – ich photographiere ja sehr gern, – im Grunde genommen, fast das einzige Hobby was ich mir noch ab und zu gönne. Ich photographiere jedoch ich immer noch meist analog (siehe auch meinen Artikel über das Verschwinden des Kodachrome Film ), wobei das einscannen eigentlich kein Problem ist – und ich ja auch bei Wikipedia.commons ja auch ein paar Bilder eingestellt habe, siehe u.a. hier, aber gerade die Bilder die mir ans Herz gewachsen sind möchte ich eigentlich nicht frei durchs Netz schwirren sehen. Der Hinweis aufs Copyright den ich hier untergebracht habe ist wahrscheinlich sowieso sinn – und zwecklos. Ja ich habe mir wirklich überlegt diesen Artikel zu bebildern, – so habe ich im Januar eine schöne ausdruckstarke Diaserie zum Licht des Fohrenbühles geschossen, Photos die hier eigentlich ganz gut gepaßt hätten. Aber eigentlich will ich meine Bilder nachher nicht frei im Internet herumschwirren sehen. Deshalb ist bisher die Bebilderung dieses Artikels äußerst sparsam.

P.S.(7.4.2010 17:30):  Der Mannemer Dreck befinder sich leider nicht mehr bei Youtube. Dafür gibt es jetzt dort den Neggabriggebluus .

P.S.(14.04.2013 11:45): Einen ergänzenden Beitrag zum „Mannemer Dreck – traumhafte Zeiten“ habe ich unter dem Titel „Nachtrag zum Mannemer Dreck – Mannheims Bücherwelten“ am 21.7.2009 verfasst.

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