Der Artikel Mannemer Dreck – traumhafte Zeiten hat mir überraschenderweise eine Menge Aufmerksamkeit und Leser beschert. Der Artikel den ich am 15.7 einstellte, sorgte dafür, dass ich am 16.7 mit knapp 80 Tageszugriffen die zweithöchste Tageszugriffsrate erreichte . Die höchste Tageszugriffsrate mit 110 Zugriffen am 10.7 erreichte bis heute übrigens der Artikel 1949 -l‘ incendie meurtier dans la forêt de Landes ein Artikel über den „Megawaldbrand“ in den Landes 1949, der auch bis zum heutigen Tag mit 89 Todesopfern der mörderischste Waldbrand der jüngeren europäischen Waldbrandgeschichte war. In Deutschland ist dieses Waldbrandereignis aber völlig unbekannt.
Als Reaktion auf das Kapitel Mannheims Bücherwelten im Mannheimer Dreck erhielt ich gestern einen sehr netten Anruf von Herrn Heeg den Geschäftsführer vom Bücher – Bender in Mannheim. Dem Bücher-Bender hatte ich ja im Mannemer Dreck auch ein paar Zeilen gewidmet.
Er hat mir dann auch kurz die Geschichte der Buchhandlungen auf den Planken, sowie deren korrekte Namen genannt (Buchhandlung Otto und Buchhandlung Tillmann). Ich habe das gleich, gestern Abend im Mannemer Dreck korrigiert. Ich habe Herrn Heeg auch darauf hingewiesen, dass ich nicht vorhabe bzw. nicht leisten könnte eine Geschichte der Mannheimer Buchhandlung zu schreiben. Aber eigentlich müsste man so etwas machen. Buchhandlung sind immer ein Stück Kultur und Bürgergeschichte. Ein Buch über die Geschichte der Mannheimer Buchhandlungen, – oder vielleicht eine kulturwissenschaftliche und kulturhistorische Arbeit ggf. als Dissertationsprojekt – so etwas müsste eigentlich in Angriff genommen werden. Die Bürgerliche „Buchkultur“ und alles was zum Medium gehört wie Papierdruck, Buchhandel und Buchhandlung sowie Bibliothekswesen befinden sich in einem gewaltigen Umbruch, – wer weiß was danach übrig bleibt – da sollte man Spuren und Gedächtnis sichern solange man noch dazu in der Lage ist. Um nur ein Beispiel, Brentano die sagenumworbene amerikanische Buchhandlung Brentano (siehe auch Brentanos – unhappy-end Blogbeitrag ) in Paris musste vor kurzem schließen. Gleiches Schicksal ereilte übrigens auch die französische Buchhandlung in New York, die Libraire de France dieses Aushängeschild europäischer Kultur gab im Januar 2009 die Schliessung bekannt. Hierzu ist übrigens für frankophone der Blogbeitrag bye-bye-librairie de France von Pierre Assouline durchaus lesenswert
Weiterhin wurde die Buchhandlung Klaus Simon in Schramberg-Sulgen geschlossen, wie ich bei einem winterlichen Aufenthalt im Januar dieses Jahres in der Raumschaft Schramberg feststellen durfte. Die Buchhandlung Klaus Simon, eigentlich Schreib – und Buchwarenhandlung Klaus Simon, – hatte bestimmt nicht die Bedeutung wie Brentanos in Paris, oder die Librairie de France im New Yorker Rockefeller Zentrum, – aber für Bücherfreunde aus den Schwarzwaldrandplatten zwischen Hardt , Dunningen, Aichhalden , Winzeln oder gar 24 Höfe – da war der Klaus Simon auf dem Sulgen die Anlaufstelle. Wie mir einer meiner Leser aus der Raumschaft Schramberg per email mitteilte – wer jetzt in Aichhalden, Waldmössingen oder Seedorf ein Buch will – der muß „halt“ in die Talstadt Schramberg fahren oder „glei na Rottweil“ – oder eben die Bücher bei Amazon kaufen. Bei Klaus Simon habe ich auch meine ersten Bücher gekauft, – oder von dort geschenkt bekommen – denn die meisten Sulgener kauften ja beim „Simon„. Ich erinnere mich noch genau – wie ich als kleiner Bub von Klaus Simon immer begrüßt wurde – ah der Neffe Bub, – Chrischtoofff was willscht ? Manche der Bücher die ich dort kaufte habe ich noch heute , wie z.B. „unsere Schwarzwaldbahn“ von Heinz Hangarter, im Bücherregal stehen.
Natürlich kaufe auch ich längst nicht alle meine Bücher in Grünstadt beim örtlichen Buchhändler – hier bei Bücher Frank , – die amerikanischen und französische Spezialliteratur (meistens Fachbücher) lasse ich mir auch von Amazon.fr oder Amazon.de liefern . Ich bin daher seit Jahren guter Kunde bei Amazon – wobei ich jetzt bei meiner ersten amazon.com Bestellung schlechte Erfahrungen gemacht habe. Die Qualität des Buches von Linda L. Wallace „After the fires – The Ecology of Change in Yellowstone Nationalpark“ die ich mir von Amazon.com aus Amerika habe einschiffen lassen ließ sehr zu wünschen übrig! Das war leider keine neuwertiges Buch, – sondern entspricht eher der Qualität die man in Deutschland im modernen Antiquariat geboten bekommt. Wenn ich darüberhinaus auch deutsche Bücher bei Amazon.de kaufe, dann deshalb, weil mir als Berufstätiger unter der Woche oftmals die Zeit fehlt in eine Buchhandlung zu gehen. Wenn ich abends so irgendwann gegen 20- 21.00 nach Hause komme – dann gibt es rund um Grünstadt keine offene Buchhandlung mehr – man greift dann mehr oder weniger intuitiv zu Amazon. Zur Zeit wie gesagt, bin ich ja unfallbedingt und Genesungsbedingt, – mehr oder weniger an Krankenbett, Haus und Garten in Grünstadt gebunden (Dazu auch die Depeschen von der großen Birke ) . Meinem ersten größeren Genesungsspaziergang über den Grünstadter Berg habe ich sogar einen kleinen französischsprachigen Blogbeitrag gewidmet.
Dennoch versuche ich wenn möglich bei traditionellen Buchhandlungen meine Büchereinkäufe zu tätigen, denn a la long, soweit man nur bei den „Internetbuchversendern“ einkauft, sägen wir, die wir der traditionellen Buchkultur verbunden sind, sonst nur den eigenen Ast auf dem wir sitzen ab, – sonst wird es irgendwann so sein, dass auf dem flachen Land, in Klein und Mittelzentren es gar keinen Buchhandel mehr geben wird. Die verbleibenden Buchhandlungen würden sich dann auf Großstädte und Universitätsstädte beschränken.
Wobei man da auch nicht für alle Entwicklungen auf Amazon & Co. verantwortlich machen kann , sowohl Brentanos in Paris und als auch die Libraire de France in New York haben ihre Türen wg. zu hoher Mieten ( laut Roy Edroso im the village voice Blog war die Mieterhöhung von 360.000$ auf 1 Mio. $ der Grund für das angekündigte Ende der Librairie de France in New York ) und nicht wegen Amazon& Co. schließen müssen. Und was den ländlichen Raum betrifft, – in Frankreich musste man schon zu „Voramazon-Zeiten“ im ländlichen Raum schon sehr darum kämpfen um an ein ordentliches Buch zu kommen, – wenn man Glück hatte konnte man im örtlichen Tabac ein paar „Bestseller“, ein paar „Terroir“romane und ein wenig „Heimatkundliches“ erwerben – aber ansonsten war Bücherkauf schon immer mit einer Reise in die nächste Sous-Prefecture oder gar Prefecture verbunden. Da haben dann Amazon.fr und auch die virtuelle Fnac die „Rahmenbedingunen“ für den anspruchsvollen Leser im ländlichen Raum Frankreichs erheblich verbessert. Wer weiß vielleicht war es ja auch in einigen ländlichen Räumen Deutschlands ähnlich.
Der Mannheim Artikel hat mir übrigens noch einen Eintrag in die Blogroll des Stubenzweig gebracht, desweiteren habe ich den Blog von Hans555 entdeckten dürfen, wo sich übrigens eine durchaus lesenswerte Abhandlung über das Denglisch befindet.
Zum Schluss noch eine biographische Bemerkung – vielleicht war es ja missverständlich im Mannemer Dreck formuliert – aber ich habe bis März 2005 als Postdoc (wissenschaftlicher Assistent C-1) am Lehrstuhl für physische Geographie und Länderkunde am Geographischen Institut der Universität Mannheim, dem Lehrstuhl von Professor Peter Frankenberg , – der damals von Frau Professor Dörrer vertreten wurde, gearbeitet – und bin dann im Sommersemester 2005 an die Universität Karlsruhe ans Institut für Geographie und Geoökologie gewechselt – wo ich am 1.10.2005 zum akademischen Rat ernannt wurde. Das Geographische Institut der Universität Mannheim wurde wie schon im Mannemer Dreck vermerkt inzwischen geschlossen, – es verblieb nur noch der Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie – den aktuell Professor Paul Gans innehat.
Von Mannheim bin ich jedoch schon im April 1999 weggezogen – und zwar nach Grünstadt – wo ich seitdem mit meiner Familie lebe. Weil ich meine, dass Lebensmittelpunkt auch immer gleich Wohnort bzw. Familie sein sollte – was vielleicht auch nicht immer einfach zu Leben ist – hat für mich meine „Mannheimer Zeit“ im Frühjahr 1999 geendet.
Abschließend noch – der Vorschlag die Geschichte der Mannheimer Buchhandlungen und des Mannheimer Buchwesens – dies ggf. in Verbindung mit dem Mannheimer Bibliothekswesen (und Verlagswesen ?) in einem wissenschaftlichen Buchprojekt zu dokumentieren, zu analysieren und auch zu interpretieren, das war durchaus ernst gemeint – vielleicht kann ja meine Idee eines solchen Buchprojektes auf fruchtbaren Boden fallen und von ambitionierten Buchautoren (bzw. Wissenschaftlern) in Angriff genommen werden.
Zitierte Bücher :
Hangarter, H. (1971): Unsere Schwarzwaldbahn. Augsburg (Rösler + Zimmerverlag)
Wallace, L.L. (Eds) (2004): After the fires – the ecology of change in Yellowstone Nationalpark. New Haven (Yale University Press), ISBN 0-300-10048-5
Christophe Neff, Grünstadt le 21.7.2009
P.S.: (23.7.2009):- und weil so schön war hier der „echte Mannemer Dreck “ von Joy Fleming.
Nicht nur Ihr Mannheim-Beitrag war es, der Ihnen den Eintrag beschert hat! Ihre Seite insgesamt ist es, die Thematik, die beiden Länder und deren Sprachen, die bei mir (bitte nicht Stubenzweig Blogger, einfach Stubenzweig) unter «Dauerhaft» firmieren; ein Figaro-Blog wäre allerdings möglicherweise leicht hinderlich gewesen.
Zustimmen möchte ich Ihnen bei Ihrer (Be-)Wertung der Buchhandlungen bzw. auch beim Hinweis auf die Notwendigkeit, diese Geschichte auch wissenschaftlich zu dokumentieren. Entschieden muß ich mich allerdings gegen Amazon wenden. Ich kann alles, was höchste Marktanteile anstrebt und damit die Vielfalt zunichte macht, nicht ausstehen. Das ist bei diesem Konzern der Fall. Und es ist ja längst nicht so, daß er nur Bücher verschickt, sondern längst auch andere harte Ware – und damit kleinere Händler vom Markt verdrängt. Überdies «verbrennt» er auch noch Bücher!
Da ich nie in die Situation komme, Bücher in Frankreich bestellen zu müssen, weil ich alles vor der Haustür habe, bin ich darin jetzt nicht so recht informiert – und wäre es so, dann immer noch lieber fnac als diese (Daten-)Krake. In Deutschland liefern einige andere, wie Sie sie nennen, «virtuelle» Buchhändler genauso schnell und ebenso kostenfrei; auch Amazon muß bei den Verlagen (auf die auch noch Rabattdruck ausgeübt wird) bestellen, was es nicht auf Lager hat. Und längst sind auch einzelne kleine Buchhandlungen dazu übergegangen, auf eine eMail oder gar einen Anruf hin Bücher kostenfrei zu versenden – sicher, irgendwie müssen sie sich ja wehren. Auf diesen Sachverhalt gestoßen bin ich in Hamburg-Uhlenhorst, als ich beim Zeitvertreiben in eine kleine Buchhandlung geriet (hier beschrieben), als der Buchhändler mir erzählte, daß Kollegen das ebenso handhabten. Aber er hat mir noch was ganz anderes erzählt: Bewohner des Hauses bestellten bei Amazon. Nun ja. Aber daß die Post diese wegen Abwesenheit der Adressaten nicht zustellbaren Pakete in der Buchhandlung hinterlegt und der Bücherwurm das auch noch mitmacht … Nun gut – auf diese Weise sehen die literarisch Interessierten auch mal einen dieser Orte von innen, in denen früher Bücher verkauft wurden und die jetzt Auslieferungslager für digitale Bücherverbrenner sind.
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