
Bonne année 2025 – Prosit Neujahr 2025 – Happy New Year 2025

paysages et livres – Landschaften und Bücher – Landscapes and Books


Gestern war der kürzeste Tag des Jahres, die Wintersonnenwende. Von nun an werden die Tage wieder länger und die Nächte kürzer. Es beginnt auch die Zeit der Raunächte. Urs Faes hat ein schönes Buch über die Raunächte im Kinzigtal verfasst, welches ich schon vor Jahren gelesen habe. Das Buch hatte mir damals gut gefallen, weil ich selbst biographische Verwurzelungen und Erinnerungen im Kinzigtal habe, und weil Faes da eine schöne Geschichte geschrieben hatte[1]. Urs Faes hat auch ein beeindruckendes Buch über seine Prostatakrebserkrankung und die daraus folgende Strahlentherapie verfasst. Halt auf Verlangen heißt dieses Fahrtenbuch durch die Erinnerung an frühere Lebenswelten, Kindheit, Jugend, Liebe, Alter, Krebs und Strahlentherapie[2]. Ich habe dieses Buch in diesem Herbst gelesen. Ich leide an der gleichen Krankheit wie Urs Faes , – ich nenne die Krankheit oft „la maladie de François Mitterrand – die Krankheit François Mitterrand[3]“ – aber im deutschsprachigen Raum können wohl nur Mitterrandexperten, Onkologen und Urologen damit etwas anfangen. Tatsächlich ist mir die Krankheit zum ersten Mal über den Weg gelaufen als man in Frankreich plötzlich über die zu Anfangs rätselhafte Krankheit des alten Präsidenten öffentlich diskutierte. Damals war ich noch ein junger Mann. Das mich dieser Krebs irgendwann selbst auch tangieren könnte, das konnte ich mir damals nicht vorstellen. Inzwischen habe ich die sechzig überschritten, – wobei ich die Diagnose schon mit neunundfünfzig Jahren erhielt. Laut dem „Leitlinien Programm Onkologie – Prostatakarzinom“ beträgt das „Mittel des Erkrankungsalters in Deutschland 72 Jahre“ (S.23)[4]. Ich gehe wahrscheinlich schon seit über zwanzig Jahren zum Urologen zur Prostatakrebsfrüherkennung. So wurde das Karzinom dann auch im Winter/Frühjahr 2024 entdeckt. Die Prognose ist an für sich gut, aber eine gute Prognose, verhindert auch keine Komplikationen. Strahlentherapie wie sie Urs Faes schildert, davon blieb ich erst mal verschont. Wie schon in der „Blognotice 20.10.2024 : Port Leucate octobre 2024“ beschrieben unterzog ich mich im letzten Sommer einer radikalen Prostatektomie. Sehr selten kann es zu nach einer radikalen Prostatektomie zu postoperativen Komplikation kommen. Das habe ich in den letzten Wochen erlebt. Mein Büro am IFGG – KIT habe ich seit Anfang November nicht mehr gesehen. Stationäre Aufenthalte am Klinikum Worms, wechselten sich mit Phasen im Krankenzimmer zuhause in Grünstadt ab. Zuhause in Grünstadt kann ich von unserem Balkon auf die Windräder in der Ferne am Horizont schauen. Ich habe die Windräder auch schon vor meiner Krankheit aus den verschiedenstem Blickwinkeln photographiert. Es handelt sich um die Windräder des „Windpark Dirmstein-Groß-/Kleinniedesheim-Heuchelheim“ die sich rund um die A 61 gruppieren. Es sind richtige Landschaftmarker geworden, man kann die Schatten der Windräder auch auf Googlearth erkennen. Das langsame Drehen der Räder im Wind, – erinnert mich manchmal an die klirrenden Fahnen in Hölderlins Gedicht „Hälfte des Lebens“. Seit ein paar Tagen habe ich das Gefühl, dass es wieder aufwärts geht. Ich denke auch an die Weihnachtszeit meiner Kindheit, aber das werde ich irgendwann in einem eigenen Beitrag beschreiben.
Ich stehe am offenen Fenster und beobachte das auf und ab der „Windflügel“ in der Ferne und rezitiere Hölderlins „Hälfte des Lebens“[5]. Ich halte es für einer der schönsten Gedichte der deutschen Sprache. Aber wer kennt heute noch Hölderlin ?
Hälfte des Lebens
Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.
Weh mir, wo nehm’ ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen. (Friedrich Hölderlin 1804)
Bibliographie:
Faes, Urs (2017): Halt auf Verlangen. Ein Fahrtenbuch. Berlin, 2017 eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2018. Der vorliegende Text folgt der Ausgabe des suhrkamp Taschenbuchs 4890. © dieser Ausgabe Suhrkamp Verlag AG, Berlin, 2017, ISBN 978-3-518-75089-6
Faes, Urs: (2018): Raunächte. Erzählung. Mit Zeichnungen von Nanne Meyer. Berlin,© Insel Verlag Berlin 2018, ISBN 978-3-458-19452-1
Photo : © Christophe Neff, 22.12.2024
Christophe Neff, Grünstadt im Dezember 2024 (verfasst am 22.12.2024, veröffentlich 23.12.2024)
[1] Eine Rezension des Buches Raunächte von Urs Faes kann man hier (NZZ) finden.
[2] Eine Rezension des Buches „Halt auf Verlangen“ von Urs Faes kann man hier (NZZ) finden.
[3] Mehr zur Krankheit « Mitterrands » findet sich auch in den folgenden Blogbeiträgen « Blognotice 15.12.2024 », «Blognotiz 24.11.2024: Worms im Nebelmeer » « Blognotice 20.10.2024 : Port Leucate octobre 2024 », « Notice de lecture « Simone Morgenthaler : Sur la route avec Tante Jeanne » » , « Blognotice 18.08.2024: de retour à Grünstadt – et les martinets se sont déjà envolés vers le Sud », «Bemerkungen zur Biographie „der Walder vom Schwarzwald, Erinnerungen an den rebellischen Förster Walter Trefz“ von Annette Maria Rieger » , « Erinnerungen und Gedankenfetzen zu Martin Walsers autobiographischem Roman „ein springender Brunnen“ », « Blognotice 06.07.2024: veille du deuxième tour des élections législatives 2024 » « Blognotice 02.06.2024 : « La promesse » d’Anne Lauvergeon »,
[4] Siehe https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Prostatatkarzinom/Version_6/LL_Prostatakarzinom_Langversion_6.0.pdf
[5] Siehe auch dieses Tondokument.
Es ist Donnerstag, 7 November, der Tag ist noch jung, – und die Sonne ist noch nicht sichtbar[1]. Meine Frau bringt mich wieder einmal ins Klinikum Worms zur stationären Aufnahme. Donald Trump hat die US Präsidentschaftswahlen gewonnen, was mich nicht sonderlich überraschte. Ich hatte das ja befürchtet, – man kann das auch hier in diesem Blogbeitrag „Blognotice “27.10.2024” : America where are you going ?“ nachlesen. Trumps Wahlsieg war jedoch viel deutlicher als ich es angenommen hatte. Da werden unruhige Zeit auf uns zu kommen. Über Nacht ist auch die Ampel zerbrochen. Das hat mich auch nicht sonderlich überrascht, aber ich hatte geglaubt, dass die Regierung noch den Haushalt 2025 durchbringen würde. Inzwischen weiß man, dass die FDP den Ampelbruch provoziert hat, ja das ganze quasi generalstabsmäßig vorbereitet hat – das hat unter anderem die bemerkenswerte Recherche Robert Pausch „Das liberale Drehbuch für den Regierungssturz“ welche in der Zeit veröffentlicht wurde, ans Licht gebracht.

An diesem Donnerstagmorgen, an dem ich ins Krankenhaus gebracht werde, denke ich, – was haben Christian Lindner und seine Weggefährten aus der liberalen Freiheitspartei des Gerhart Baum nur gemacht. Das Buch „Freiheit – ein Appell“ liegt bei mir zur Lektüre auf dem Nachttisch. Später habe ich dann erfahren, dass sich Baum, von den „FDP Granden“ regelrecht übers Ohr gehauen fühlt. Letztlich ist die Ampel wegen des fiskalpolitischen Fundamentalismus[2] von Christian Lindner und seiner liberalen Mitstreiter gestorben.
Es wird natürlich Neuwahlen geben, – und ich muss auch an unsere SPD Bundestagsabgeordnete Isabel Mackensen-Geis denken. Wird sie es nochmals in den Bundestag schaffen? Ich habe ja hier in meinem Blog bei der letzten Bundestagswahl für sie unter dem Titel „Meine Erststimme für Isabel Mackensen-Geis!“ geworben. Ich finde, dass sie eine sehr gute politische Arbeit macht und ihren Wahlkreis gut vertritt. Ich hoffe, dass sie wieder den Einzug in den Bundestag schafft. Als ich aus dem Auto aussteige ist das Dunkel der Nacht einem Nebelgrau gewichen. Nebelgrau welches mich während des knapp einwöchigen stationären Aufenthalts fast immer begleiten würde. Der Wormser Dom war von meinem Krankenhauszimmer nur selten zu sehen. Noch seltener war die Sonne zu sehen.

Während des Krankenhausaufenthaltes habe viel gelesen. Über all die Lektüren die ich im Krankenbett verschlungen habe zu berichten, würde hier den Rahmen sprengen. Jedes der gelesenen Bücher (siehe Bibliographie) würde eine eigene Rezension verdienen. Endlich schaffte ich es auch, den hervorragenden betörenden Roman „A outra margem do mar : romance“ von António Lobo Antunes[3], der aber auch keine einfache Lektüre ist, – in der französischen Übersetzung „L’Autre Rive de la mer“ von Dominique Nédellec zu Ende zu lesen. Wie ich schon zweimal in diesem Blog schrieb, António Lobo Antunes würde den Literaturnobelpreis schon mehrfach verdient haben[4]. Der Roman erscheint auch jetzt in der deutschen Übersetzung von Maralde Meyer-Minnemann unter dem Titel „Am anderen Ufer des Meeres“[5], [6]. Ich hatte mir auch überlegt, mir das portugisiesche Original zu beschaffen, um mich dort zumindest abschnittsweise einzulesen. Aber das traue ich mir angesichts der Komplexität der Sprache des Werkes dann doch nicht zu. Schon auf Französisch, was ja immerhin meine Muttersprache ist, – war das kein einfaches Lesevergnügen, aber es hat sich gelohnt ! „Domingas à moi – Gare au vent mademoiselle gare au vent“- Domingas ruft mir zu – „ nehmen sie sich in acht vor dem Wind Mademoiselle, nehmen sie sich in acht vor dem Wind“.

Ja, und dann blieb mir während des Klinikaufenthaltes noch meine Armbanduhr stehen. Meine Tissot Pr 50 Automatik, – hörte auf zu „ticken“. Immerhin die Uhr, die mich fast 25 Jahre meines Lebens begleitete. Ich hatte sie mir nach der Geburt meines Sohnes gekauft, – und sie bis auf wenige Ausnahmen auch immer in dieser Zeit getragen. Inzwischen weiß ich, dass die Uhr wohl Probleme mit der Gangreserve hat. Ich werde sie reparieren lassen und mir vielleicht eine Junghans Uhr kaufen. Ich bin ja mit Junghansuhren aufgewachsen. Meine erste Uhr das war ja eine Junghans. Roland Wittwer, ein Freund der Familie, der mein Leben bis zu seinem Tod im Februar 2002 väterlich begleitete, hat mir diese Uhr in den 1970er Jahren geschenkt. In der Erinnerung sah meine erste Uhr dem jetzigen Junghans 1972 Chronoscope Quarz ähnlich. Vielleicht hatte ich meine erste Uhr ja zum Bestehen des „Grundschulabitur“[7] – also dem erfolgreichen Übergang ins Gymnasium von Roland geschenkt bekommen. In meiner Kindheit in den 1960 und 1970 Jahren war die Firma Junghans das pulsierende Herz der Stadt Schramberg. Wer in dieser Zeit in Schramberg aufwuchs, der wuchs mit der Gewissheit auf, dass man Uhren, nur im Fachgeschäft, beim Uhrmacher oder Juwelier kauft, – niemals im Kaufhaus oder gar bei „Quelle“ oder im Supermarkt. Eine lesenswerte kleine Firmengeschichte der Firma Junghans wurde vor kurzem von Gernot Stähle unter dem Titel „Junghans – Uhren – Federn-Zünder“ verfasst. Aber aus den Erinnerungen, die ich mit meiner Tissotuhr, den Junghansuhren meiner Kindheit verbinde, könnte man noch eine weit größere Geschichte erzählen. Vielleicht sogar ein ganzes Buch füllen. Und über Roland Wittwer der ja auch Prokurist bei Junghans war, – waren wir damals in gewisser Weise der Firma besonders verbunden. Immerhin hatte ja die Idee eine Eisenbahnmodellfirma zu gründen, über die ich schon mehrmals in diesem Blog berichtete, mit der Uhrmachergeschichte der Raumschaft Schramberg zu tun[8]. Aber das ist eine Geschichte die ich irgendwann an andrer Stelle erzählen werde.
Als ich das Klinikum Worms nach quasi einer Woche im Nebelmeer, in der ich den Wormser Dom, sozusagen nur ein paar wenige Stunden gesehen hatte verliess, wusste ich zwei Dinge. Es wird bald zu vorgezogenen Bundestagswahlen kommen. Soweit man den Umfragen Glauben schenken mag, wird dann mit großer Wahrscheinlichkeit Friedrich Merz Kanzler werden. Aber bis zu den Bundestagswahlen kann noch viel passieren, also dass Friedrich Merz Kanzler wird, das ist noch längst keine Gewissheit. Und alleine wird die CDU auch nicht regieren können. Sie wird, wenn sie dann die Wahlen wirklich gewinnt, einen Koalitionspartner brauchen. Ich selbst bin gegenüber Umfragen eher skeptisch, und vertraue eher meinen eigenem politischen „Gefühl“ – und da lag ich bei Trump leider wieder mal ganz richtig[9]. Ich habe das Klinikum Worms auch mit der Gewissheit verlassen dass, soweit die CDU wirklich die Bundestagswahlen gewinnen sollte, wir auch wieder mit einem CSU Verkehrsminister rechnen müssten. Die ganzen Infrastrukturprobleme der Bahn, mit der wir heute zutage zu kämpfen haben, sind weitgehend durch die katastrophale Politik der CSU Verkehrsminister entstanden. Das waren zwischen vom 28 Oktober 2009 bis 8 Dezember 2021 die Herren Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt, Christian Schmidt (kommissarisch) und Andreas Scheuer. Die CSU am Ruder des Verkehrsministeriums zu sehen, – das wird wahrlich wieder im verkehrspolitischen Supergau enden.
Und das zweite was ich wusste, – ich werde mir wieder eine Junghansuhr kaufen, selbst wenn ich die Gangreserve meiner Tissot beim Uhrmacher wieder instandsetzten lasse! Weiterhin sollte ich mir vielleicht ein Tablet kaufen, denn es ist wohl damit zu rechnen, dass ich wohl öfter in stationäre Behandlung gehen muss. Mit einem Tablet wäre es auch möglich im Liegen zu schreiben und auch in gewisser Weise den Paysagesblog weiter fort zuführen. Natürlich kann man auch im Liegen „handschriftliche“ Notizen machen. Das mache ich ja schon bestimmt nun über 45 Jahre, da ich ja noch immer ein klassisches handgeschriebenes Tagebuch führe. Nur habe ich selbst so eine unlesbar Handschrift, dass ich oftmals meine eigenen Tagebuchaufzeichnungen nur sehr schwer „dechiffrieren“ kann.
Beim Verfassen dieses Textes erfahre ich vom Verschwinden des franko-algerischen Schriftstellers Boualem Sansal. Leider spricht in Deutschland (noch) niemand darüber. Immerhin erhielt Sansal im Oktober 2011 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels . Ich verweise auf den Text „Pour Boualem Sansal“ den Pierre Assouline in der République des livres gestern veröffentlichte. Kamel Daoud verfasste im Le Point einen Appel zur Freilassung von Sansal „Des Prix Nobel de littérature se mobilisent pour Boualem Sansal“ den auch Salman Rushdie und Peter Sloterdijk mitunterzeichnet haben. Lesenswert ist in diesem Zusammenhang auch das Éditorial der der Tageszeit Le Monde „Boualem Sansal : le silence injustifiable d’Alger“.Man kann nur hoffen, dass die Apelle der frankophonen Schriftsteller und Intelektuellen dazu führen das Boualem Sansal bald wieder auftaucht bzw. freigelassen wird.
Christophe Neff, November 2024, veröffentlicht am 24.11.2024
P.S.: Ich hätte auch gern ein paar Photos des Wormser Nebelmeer, sowie ich es auch es aus meinem Krankenzimmer erblicken konnte, hier veröffentlicht, aber leider ist das „photographieren“ auf dem Gelände des Klinikum Worms verboten.
Bibliographie (die während des Klinikaufenthaltes gelesene Werke sind in Kursiv gedruckt):
Antunes, António Lobo ; Meyer-Minnemann, Maralde (Übers.) (2024): Am anderen Ufer des Meeres. Roman. Aus dem Portugiesischen von Maralde Meyer-Minnemann. München. Luchterhand, ISBN 978-3-630-87735-8
Antunes, António Lobo (2019): « A outra margem do mar : romance » Lisboa : Don Quixote, 2019 ISBN 978-972-20-6842-0
Antunes, António Lobo; Nédellec, Dominique (trad.) (2024) : L’autre rive de la mer. Traduit du Portugais par Dominique Nédellec. Paris 2024, © António Lobo Antunes, 2019 A outra margem do mar , © Christian Bourgois éditeur, 2024, pour la traduction française, pour l’édition numérique. ISBN 978-2-26704964-0.
Antunes, António Lobo (2019): « A outra margem do mar : romance » Lisboa : Don Quixote, 2019 ISBN 978-972-20-6842-0
Baum, Gerhart (2021): Freiheit. Ein Appell. Wals bei Salzburg, 2021. 1. Auflage, © 2021 Benevento Verlag, ISBN 978-3-7109-0124-9
Cohen, Ute (2024): Der Geschmack der Freiheit. Eine Geschichte der Kulinarik. Ditzingen, 2024. 2024 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, ISBN 978-3-15-962278-1.
Klink, Vincent (2023): Tagebuch 2018 – 2024 : mit vielen Rezepten. Mit Herz + Hirn. Stuttgart, 2023 ISBN 978-3-927350-89-2
Kowalczuk, Ilko-Sascha (2024): Freiheitsschock Eine andere Geschichte Ostdeutschlands von 1989 bis heute. München, 2024. © Verlag C.H.Beck oHG, München 2024. ISBN 978- 3- 406 82214- 8
Mohr, Peter (2024): Einsames Unglück Antonio Lobo Antunes‘ Roman „Am anderen Ufer des Meeres“ blickt zurück auf den Kolonialkrieg. Literaturkritik.de, 20.11.2024
Sá , António (2019): Saudades & decadências (perspectiva sobre “A outra margem do mar”) António Lobo Antunes, A outra margem do mar, Lisboa, Dom Quixote, 2019, 368 pp. In: Limite. Revista de estudios portugueses y de la lusofonía, Vol. 13/2 pp. 252 – 271 (download hier möglich).
Stähle, Gernot (2022): Junghans. Uhren – Federn – Zünder ein Kaleidoskop. Schramberg, 2022 © 2022 Große Kreisstadt Schramberg, erste Auflage. Schriftenreihe des Stadtarchivs und Stadtmuseums Schramberg Band 32, ISBN 978-3-9821496-3-9
[1] Der Verfasser des Paysagesblog leidet an der gleichen Krankheit wie François Mitterrand siehe u.a. « Blognotice 20.10.2024 : Port Leucate octobre 2024 », « Blognotice 18.08.2024: de retour à Grünstadt – et les martinets se sont déjà envolés vers le Sud », « Blognotice 02.06.2024 : « La promesse » d’Anne Lauvergeon » und « Blognotice 06.07.2024: veille du deuxième tour des élections législatives 2024 » und « Erinnerungen und Gedankenfetzen zu Martin Walsers autobiographischem Roman „ein springender Brunnen“.
[2] Des Ausdruck „fiskalpolitischen Fundamentalismus“ findet sich auch in dem Gastbeitrag von Isabelle Weber für die Zeit vom 23.11.2024 „Inflation in Deutschland: Gegen die AfD hilft nur eine andere Wirtschaftspolitik“.
[3] Eine bemerkenswerte Rezension des Romanes hat der Schriftsteller António Sá für die Zeitschrift „Limite. Revista de estudios portugueses y de la lusofonía » verfasst : “ Saudades & decadências (perspectiva sobre “A outra margem do mar”) António Lobo Antunes, A outra margem do mar, Lisboa, Dom Quixote, 2019, 368 pp
[4] Siehe u.a. „Paysages forecast for Nobel Prize in Literature 2018/2019” und “Paysages forecast for Nobel Prize in Literature 2024”.
[5] Kritik der deutschsprachigen Übersetzung von Eberhard Falke in SWRKultur „António Lobo Antunes – Am anderen Ufer des Meeres“.
[6] Bemerkenswerte Rezension der deutschsprachigen Übersetzung des Romanes durch Peter Mohr in Literaturkritik.de „Einsames Unglück Antonio Lobo Antunes‘ Roman „Am anderen Ufer des Meeres“ blickt zurück auf den Kolonialkrieg“.
[7] Siehe u.a. „25 November 1973 Schramberg-Sulgen, Lärchenweg: Sonntagsfahrverbot“
[8] Vgl. u.a. “Erinnerungen an die „märklinModerne““, „Blognotice 11.09.2020: Retrospective on a Facebook post concerning COVID-19 written in April 2020”, „Quel surprise – la 141 R de Märklin“
[9] Siehe u.a. „Blognotice “27.10.2024” : America where are you going ?”.

Der Förster Walter Trefz, auch der Walder genannt, wie ich in der lesenswerten Biografie von Annette Maria Rieger (2023) erfuhr, war einer der Ikonen der Umweltbewegung, die sich in den 1980er Jahre im Schwarzwald bildete und deren Ziel es war den drohenden Tod der Schwarzwaldwälder zu verhindern. Das Waldsterben drohte den Schwarzwald zu einer Wüste zu verwandeln. Eine andere Ikone dieser Bewegung war der Förster Wolf Hockenjos, dessen Buch „Tännlefriedhof“ ich schon als W-15Rob[1] , [2] gelesen hatte. Das Buch steht immer noch in meiner Bibliothek, ich hatte es auch schon in einem ähnlichen Zusammenhang im paysagesblog erwähnt[3]. Er hat auch sehr viel für den Wald im Schwarzwald getan. Leider gibt es nicht einmal einen Wikipedia Artikel über Wolf Hockenjos, was ich sehr schade finde, denn ich halte ihn für einen der profundesten Kenner der Waldgeschichte und der Waldökologie des Schwarzwaldes[4].

Das Waldsterben, bzw. die daraus folgenden Waldsterbensdebatte, die wurde wohl durch den Spiegel 47/81 einer größeren Öffentlichkeit bekannt und dadurch zum Politikum. Ich war damals Oberstufenschüler, 11 Klasse, am Gymnasium Schramberg. Später gab es noch den aufrüttelnden Spiegel Titel 51/84 „der Schwarzwald stirbt“, da war ich schon bei der Bundeswehr, kurz vor dem Ende der Grundausbildung im Fallschirmjägerbataillon 253 in Nagold in der Eisbergkaserne. Walter Trefz verbrachte auch in der Calwer & Nagolder Gegend einige Zeit, u.a. in der Nagolder Samenklenge, er absolvierte dort einen Teil seiner forstlichen Lehrjahre, die ja damals noch quasi militärische Züge hatte. Und zum Reserveoffizier ließ er sich dann bei den Gebirgsjäger in Bad Reichenhall ausbilden, wobei er dann viele Jahre später den Wehrdienst verweigerte und eine pazifistische Grundhaltung annahm.

Im besagten Spiegel 51/84 „der Schwarzwald stirbt“, fand sich dann auch der Artikel „„Nadeln fallen grad so raus“ des Spiegelredakteur Norbert F. Pötzl (1984, 45) da wurde ja auch Trefz mit den Worten zitiert „als wenn man den toten Opa ins Fenster stellt, um noch für ein paar Monate die Rente kassieren zu können“. Der geographische Schwerpunkt des gut sichtbaren also für jedermann erkennbaren Waldsterbens befand sich damals zwischen Freundenstadt, Schramberg und Villingen – Schwenningen. Im besagten Artikel wird Walter Trefz noch weiter zitiert, – zwei ganze lange Spiegelspalten referiert Trefz über den Zustand der Schwarzwaldtannen! Das war schon ein Ding, denn der Spiegel war damals in der alten Bundesrepublik das politische Leitmedium! Im selbigen Spiegelartikel findet man auch den Wolf Hockenjos mehrfach erwähnt, er war damals Förster in Villingen- Schwenningen. Weiterhin auch den im Riegers Fretz Biografie beschriebenen Mitstreiter des „Walders“, den Landschaftsplaner Olfert Dorka. In diesem Sinne ist der besagte Spiegelartikel auch schon ein zeitgeschichtliches Dokument.
Daran musste ich denken, als ich Annette Maria Riegers Biographie über Walter Trefz las. Anfang der 1980 Jahre was das Thema ja omnipräsent, vor allem, wenn man selbst im Schwarzwald aufwuchs. Letztlich hat mich die Beschäftigung mit dem Waldsterben in Wald und Landschaft getrieben und zum Geographiestudium gebracht. Als Oberstufenschüler wusste ich noch gar nicht so recht was ich „werden wollte“ – ein Medizinstudium hätte ich mir vorstellen können, ein Geographiestudium auch um ggf. Reiseschriftsteller zu werden, – Forstwissenschaften eher weniger, obwohl ich das auch in Erwägung gezogen hatte. Aber damals drohte nach einem Studium der Forstwissenschaft in Freiburg oftmals die Arbeitslosigkeit, recht wenige Absolventen wurden nach dem Referendariat in den höheren Forstdienst übernommen, weiterhin erschien die damalige Forstbehörde in Baden-Württemberg als ziemlich angestaubt und zuweilen auch etwas autoritär. Walter Trefz hatte ja doch sehr unter dieser damals noch relativ autoritär geführten Behörde zu leiden. Wobei sich die Forstbehörden inzwischen grundlegend gewandelt haben. Dass ich Wissenschaftler und Uni-Dozent werden würde, das hätte ich mir als Abiturient wohl niemals vorstellen können. Das lag außerhalb meines damaligen Vorstellungsvermögens. Da muss man sich einfach auch das Yearbook unseres Abiturjahrganges durchblättern[5].

Der Kampf des Walter Trefz gegen das „Waldsterben“ in den 1980 nimmt natürlich eine zentrale Stellung im Buch von Annette Maria Rieger ein. Aber letztlich geht es der Autorin um mehr als nur das Waldsterben. Rieger geht es um den ganzen „Walder“, den ganzen Menschen Walter Trefz. Sie erzählt sein ganzes Leben von der Kindheit in Loßburg-Lembach, seine Zeit als Kniebisförster, seinen Einsatz für den Nationalpark Schwarzwald, in sehr gelungen Weise nach. Sie baut auch geschickt eigene Erinnerungen an den Walder „Walter Trefz“ in den Erzählstrang ein. Bei den Bildern war ich etwas enttäuscht. Ich hatte mir das Buch ja extra in traditioneller Papierform gekauft, – da ich mir ansonsten wie ich schon mehrfach in diesem Blog schrieb, eigentlich soweit möglich aus Platzmangel nur noch Epubs/digitale Bücher kaufe[6]. Ich hatte doch erwartet, dass man in dem Buch wesentlich mehr Bilder von Trefz findet – denn Walter Trefz war natürlich die Ikone der Bürgerbewegung gegen das Waldsterben im Schwarzwald in den 1980 Jahre. Es gibt zwar ein paar wenige Schwarzweißbilder, aber ich hatte mir da wirklich mehr vorgestellt. Auch wenn die Erinnerungen an den rebellischen Förster Walter Trefz keine wissenschaftliche Biographie ist, hätte das Buch noch etwas an Wert gewonnen, wenn man am Schluss eine Seite an weiterführenden Literaturhinweisen zum Thema hinzugefügt hätte.
Ich vergebe ja das Thema „Waldsterben/neuartige Waldschäden“ öfter mal als Seminararbeit – und da wird einem dann bewusst, wie weit weg dieses Thema für die heutige Studentengeneration ist. Das Waldsterben und die Waldsterbensdiskussion ist für die jüngere Generation eine Geschichte aus der fernen Vergangenheit – ähnlich wie die deutsche Teilung oder der kalte Krieg[7]. Aus dieser Sicht wären weiterführenden Literaturhinweise bestimmt sinnvoll gewesen, denn es wird bestimmt Leser geben, die mehr über diese Zeit wissen wollen. Denn ohne die Waldsterbensdiskussion, ohne die Anti AKW-Bewegung, hier ist auch das Stichwort Whyl zu nennen, hätten sich die Grünen nicht 1980 in Karlsruhe gegründet, – und hätte es letztendlich in Baden-Württemberg nie einen grünen Ministerpräsidenten gegeben.
Dennoch halte ich das Buch für bemerkenswert gut gelungen. Die Autorin erzählt einfühlsam vom Leben des Walter Trefz, von seinen Ecken und Kanten, von seinen Wäldern rund um Freudenstadt. Ganz nebenbei hat die Autorin ja auch eine Wald- und Landschaftsgeschichte der Wälder zwischen Kniebis, Freudenstadt und Nagold von ca. 1950 bis in die 2020 Jahre geschrieben.
Ich habe das Buch von Annette Maria Rieger gern gelesen und dabei wieder gemerkt, wie sehr ich mich den Wäldern und Landschaften des Schwarzwaldes verbunden fühle. Gelesen habe ich das Buch in Durbach in der Rehaklink Staufenburg am Rande des Schwarzwaldes ca. 30 km Luftlinie vom Kniebes des „Walders“ entfernt. Über das Leiden, welches mich hierher brachte habe ich ja schon mehrfach in diesem Blog geschrieben[8]. Und auch hier bin ich, soweit möglich durch Weinberge und Wälder spaziert und habe an den „Walder“ und die Biographie von Annette Maria Rieger gedacht. Im Grunde genommen haben „der Walder“ und seine Mitstreiter sehr viel für den Schwarzwald erreicht. Das konnten sie auch deshalb so gut, weil sie Teil einer großen Zivilgesellschaftlichen Bewegung waren, die einen großen Rückhalt in der Bevölkerung hatten. Dies ist zum Beispiel der Klimabewegung mit Fridays für Future so nie gelungen, – und die spektakulären Aktionen der letzten Generation sind geradezu kontraproduktiv[9]. Dabei stellt der Klimawandel eine viel größere Herausforderung für die Wälder[10] und Landschaften Mitteleuropas, für die deutsche Gesellschaft dar, als das Waldsterben damals in den 1980 Jahren.
Wenn ich an den „Walder vom Schwarzwald“ denke, erinnert mich das auch an „Bala l’homme de la Forêt“, einen Blogbeitrag den ich vor etwas über zehn Jahren schrieb! Bala war, wie der Walder, ein Mensch der im Wald, für seinen Wald, und von seinem Wald lebte !
Photos: © Christophe Neff 11.10.2023
Bibliographie & Bibliographische Hinweise:
Der Spiegel (1981): Saurer Regen über Deutschland – der Wald stirbt. Nr. 47, 35 Jahrgang, 16. November 1981
Der Spiegel (1984): Der Schwarzwald stirbt. Nr. 51, 39 Jahrgang, 17. Dezember 1984
Faißt, Thomas (2000): Schwarzwälder Begegnungen : Gespräche und fotografische Porträts. Fotografien von Burkhard Riegels. Ubstadt-Weiher ; Heidelberg ; Stuttgart ; Speyer ; Basel : verlag regionalkultur, © 2020, ISBN 978-3-95505-217-1
Hockenjos, Wolf (1984): Tännlefriedhof. Bilder einer Verwandlung. Hinterzarten (Gerhard schillinger verlag), ISBN 3-924838-02
Hockenjos, Wolf ( 2021 ): Bäumchen wechsel dich Die Bilderbuchkarriere der Tanne am Wilden See. In Schwäbische Heimat, 2021,2, S. 60 – 64.
Metzger, Birgit (2015): „Erst stirbt der Wald, dann du!“ : das Waldsterben als westdeutsches Politikum (1978 – 1986). Campus-Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 978-3-593-50092-8
Pötzl, Norbert F. (1984): Nadeln fallen grad so raus. Spiegel Redakteur Norbert F.Plötzl über den kranken Schwarzwald. In: Der Spiegel (1984): Der Schwarzwald stirbt. Nr. 51, 39 Jahrgang, 17. Dezember 1984, 35 – 56
Rieger, Annette Maria ( 2023 ): Der Walder vom Schwarzwald. Erinnerungen an den rebellischen Förster Walter Trefz. © Alfred Kröner Verlag Stuttgart, I. Auflage in der Edition Edition Klöpfer, Alfred Kröner Verlag. ISBN 978-3-520-76905-3
Siegel, Hogel; Andreae, Susanne; Maier, Clemens; Gögelein, Holger; Neff, Nathalie; Marte, Barbara; Halusa, Stefan; Günzl, Gerhard (1984): Abi’84. Gymnasium Schramberg. Yearbook. Schramberg. Im Selbstverlag der Abijahrgang 1984 des Gymnasium Schramberg, Brucker Druck Schramberg.
Durbach, im August 2024
[1] Der Status ROB W-15, Reserveoffiziersbewerber W-15, – ermöglichte es Wehrdienstleistenden in den 1980 Jahren sich zum Reserveoffizier ausbilden zu lassen. Während des Grundwehrdienstes, damals 15 Monate, durchlief man Ausbildung zum Unteroffizier, die Ausbildung zum Reserveoffizier erfolgte danach in Wehrübungen in der Truppe und an Bundeswehrschulen, wie z.B. die OSH in Hannover und die Infanterieschule in Hammelburg.
[2] Zu meiner Reserveoffiziersausbildung siehe auch „Ottmar Schreiner – Sozialdemokrat, Fallschirmjägeroffizier und Katholik (21.04.2013)“.
[3] Siehe u.a. auch « La Forêt progresse à Schramberg – et les risques d‘ incendies aussi »
[4] Die Masterstudentin der Geoökologie Zoe Petridis schrieb im WS2020/21 in meinem Seminar Vegetation Europas eine bemerkenswerte Seminararbeit über Wolf Hockenjos mit dem Titel „„Mit den Augen Wolf Hockenjos‘: Die rezente Wald- und Vegetationsgeschichte des Schwarzwaldes“
[5] Das Titelbild des Yearbooks unser Abitursjahrganges findet man im Beitrag „Mit Thomas E. Schmidt die Bundesrepublik der Babyboomer bereisen“ dieses Blogs.
[6] Siehe u.a. „Erinnerungen und Gedankenfetzen zu Martin Walsers autobiographischem Roman „ein springender Brunnen“ und „Une liseuse „Tolino“ pour délester ma bibliothèque“.
[7] Vgl. „Ein paar Tage im November 1989: Erinnerung zum Mauerfall aus Südwestdeutschland“.
[8] Siehe u.a. „Erinnerungen und Gedankenfetzen zu Martin Walsers autobiographischem Roman „ein springender Brunnen“ und « Blognotice 06.07.2024: veille du deuxième tour des élections législatives 2024 » sowie « Blognotice 02.06.2024 : « La promesse » d’Anne Lauvergeon »
[9] Siehe u.a. „Freitag 10 November 2023: Klimakleber vor dem KIT“
[10] In diesem Zusammenhang ist das Interview von Andreas Bolte in der Zeit lesenswert: „Wenn Wälder wandern. Keine Fichte, nirgends. Sieht so die Zukunft des Waldes aus? Heimische Bäume leiden unter der Klimakrise. Was der Mensch jetzt tun muss, damit sie überleben. Ein Gespräch mit dem Forstökologen Andreas Bolte“, die Zeit, N. 33, 1 August 2024, S. 36. (online hier).
Es ist Wochenende, Samstagmorgen im Cafe Steidler an der unteren Steige in der Talstadt Schramberg. Ruhe im Himmel, keine Düsenjäger die über den Schwarzwald jaulen, keine Starfighter die über das Heckengäu ziehen, keine Mirage die im Konturenflug durch’s Kinzigtal und dann durch das enge Schiltachtal braust, über dem Schramberger Talkessel hochzieht, über dem Sulgen weiter über die Muschelkalkhügel des Heckengäu gen Osten fliegt, um die imaginären roten Panzerkolonnen, die an den Rhein, die französische Grenze drängen, noch vor dem Neckar zum Stehen zu bringen. Wir sind in der Hochzeit des kalten Krieges, – und kurz nach Elf treffen wir uns im Steidler um die Welt zu diskutieren.
Was sagt der letzte Spiegel, was sagt vor allem die Zeit, – und im Steidler so wie auch im Bruckbeck und im Cafe Brantner konnte man auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung lesen. Ich habe Freunde, die wurden damals FAZ Leser, – ich wurde es nicht. Und der Walser hat gesagt, – und der Walser hat geschrieben, und der Walser meint, und der Augstein sagt …..
Wir, das waren ein paar Freunde aus der Oberstufe, – manche hatten auch schon ihr Abi in der Tasche, waren bei Bund – den man damals den Barras nannte, – Zivis – also Zivildienstleistende gab es kaum, denn damals musste man noch ein aufwendiges Prüfungsverfahren die sogenannte Gewissensprüfung durchlaufen und das hat sowieso kaum jemand geschafft …. und ein paar machten auch schon ein Volontariat beim Boten (Schwarzwälder Bote), dem Tagblatt (schwäbische Zeitung), der Südwestpresse ….
Daran musste ich denken, als ich vor etwas über einem Jahr vom Tod des Martin Walser erfuhr. Wir waren mitten im kalten Krieg, Anfang der 1980 Jahre, – ich war damals noch Oberstufenschüler und besuchte das Gymnasium in Schramberg, an dem ich 1984 das Abitur ablegte. Walser wurde viel gelesen, – und war, in den überregionalen Medien mit seiner gewichtigen Stimme, die viel zu sagen hatte damals in der westdeutschen Nachkriegszeit sehr präsent. Als ich von Martin Walsers Tod erfuhr, musste ich an den kalten Krieg denken – die Düsenjäger über Schwarzwald, Alb und Bodensee, – und unsere „Samstagsitzungen“ im Cafe Steidler an der Steige. Damals war ja noch an jedem zweiten Samstag bis kurz nach Elf Schule. Letztes Jahr als ich vom Tod Walser erfuhr, wollte ich erst etwas für paysages schreiben, aber dann ist es im Alltagstrubel etwas untergegangen, das Schreiben wurde vergessen, und dennoch bleibt die Erinnerung an Walser als meinungsstarken Chronist der Nachkriegsjahre.

Stattdessen kaufte ich mir sein letztes Buch mit den Illustrationen von Cornelia Schleime – „das Traumbuch Postkarten aus dem Schlaf“ und die Taschenbuchversion von „ein springender Brunnen“. Ich war doch sehr erstaunt, dass es den springenden Brunnen nicht als Epub gibt, – denn ich versuche seit dem ich einen Tolino besitze[1], – möglichst die meisten meiner Buchanschaffung in Form eines ePub zu tätigen, da ich gar nicht mehr weiß, wohin mit allen meinen Büchern. Wobei die Lektüre des springenden Brunnen auch auf sich warten ließ. Ich war in meinen jungen Jahren bestimmt kein Martin Walser Fan, – sowie beispielsweise mein Vater, der bis zu seinem frühen Tod 1992 wohl alle bis dahin erschienenen Werke von Walser in der Reihe edition suhrkamp in seinem Arbeitszimmer im Lärchenweg stehen hatte. Mein Vater hat wahrscheinlich einen Großteil dieser Bücher gelesen, – nicht nur gelesen, sondern regelrecht studiert, wie ich viele Jahre später feststellen musste als ich ein paar dieser Walser Werke in die Hand nahm, und die handschriftlichen Anmerkungen meines Vaters in den Büchern entdeckte. Ich selbst hatte bis zum Tod Martin Walsers im letzten Jahr nur wenig vom ihm gelesen, – „Die Gallistl’sche Krankheit“, „Ein fliehendes Pferd“, „Über Deutschland reden“, „Finks Krieg“ mehr überflogen als gelesen. Von diesen überflogenen Büchern hat sich nachhaltig nur Finks Krieg in der Erinnerung festgesetzt, denn handelte sich ja um die literarische Verarbeitung der Affäre Gauland. Und Alexander Gauland sollte ja später noch als Gründungmitglied der Wahlalternative 2013 aus der dann die AFD entstand werden, richtig berühmt werden. Richtig „auf der Zeile“ gelesen, – habe ich eigentlich nur „Die Verteidigung der Kindheit“, die Erinnerung an diesen Roman von Walser ist mir positiv im Gedächtnis verblieben.
Zeit für die Lektüre des springenden Brunnen habe ich nun Anfang Juli gefunden. Wie schon in zwei vorhergehenden auf Französisch verfassten Blogbeiträgen beschrieben, leide ich an der gleichen Krankheit wie einst François Mitterrand[2] und musste in diesem Zusammenhang Anfang Juni einen Klinikaufenthalt hinter mich bringen. Zeit zum Lesen gab es da natürlich genug – und hier habe ich mich dann auch der Lektüre des autobiographischen Romans „ein springender Brunnen“ widmen können. Ja, ich muss es gleich zu Anfangs gestehen, das Buch hat mir außerordentlich gut gefallen, wohlwissend, dass das Buch bei Erscheinen 1998 durchaus heftig kritisiert wurde.
Die Lektüre Buches tauchte mich in eine vergangene Welt ein, – deren letzte Jahre ich selbst Ende der 1960 und Anfang der 1970 siebziger Jahre als Kind noch erleben durfte. Die Welt des katholischen Oberschwabens wie man sie auch im Werk von Arnold Stadler wiederfindet. Ich habe mich beim Schreiben des Kapitels „Der Schramm, der Bahnhof und der Krieg“ für das von Conny Scheck und Maria Gelder herausgegebene Zeitzeugen Buch „Aus dem Grau der Kriegszeit. Geschichten hinter der Geschichte“ über die Zeit des zweiten Weltkrieges in Bad Saulgau intensiv mit dieser Welt auseinander gesetzt. So intensiv, dass ich parallel dazu mehrere Blogbeiträge darüber schrieb[3] . Eigene Erinnerungen kreuzen sich mit Örtlichkeiten im Buch Walsers wie beispielsweise hier „Sie würde sich hinausstürzen aus diesem Leben. Ins tiefste Kloster hinein. Nach Sießen zu den Franziskanerinnen. Sie musste morgen früh, vor dem Kommunizieren, noch einmal beichten (Walser, M. 2021, 318)“. Mein Urgroßvater Wilhelm Schramm hat während der NS-Herrschaft, obwohl selbst NSDAP Mitglied, die Flucht der Franziskanerinnen in die Schweiz mit organisiert[4]. Abgesehen davon war das Kloster Sießen ein wichtiger Dreh und Angelpunkt im Alltagsleben meiner Saulgauer Verwandtschaft, insbesondere für meine Großeltern.
Oder das Kohleausfahren in Wasserburg von dem Walser berichtet. Kenne ich auch noch. Natürlich nicht mit dem Handwagen wie bei Walser sondern mit dem Lastwagen. Mein Opa Anton Neff war Geschäftsführer der Wilhelm Schramm KG, einer Möbelspedition die ursprünglich aus einer Bahnspedition hervorging, – und die noch in den 1970 Jahren die Kohlen und das Heizöl, welches rund um Saulgau vertrieben wurde, per Bahn im „Wagenladungsverkehr“ erhielt. Wenn wir die Großeltern in Saulgau besuchten habe ich viele Male meinen Onkel Ewald, der ja später Geschäftsführer dieser Spedition wurde, beim Kohleausfahren begleitet[5]. Kartoffeln, Obst und Wein wurde auch gehandelt, aber das war wohl mehr ein Hobby meines Opas, das lief so nebenher.

Wasserburg gehört zu Bayern, und deshalb sind die im springenden Brunnen romanhaften Lebenserinnerungen nach Bayern, dem Allgäu und Tirol ausgerichtet. Aber diese politischen Landesgrenzen waren ja im katholischen Schwaben weniger relevant, – die Donaustädte, Oberschwaben, das katholisch bayerische Schwaben, Tirol, Nieder und Oberbayern – die Klöster und Priesterseminare waren die Wegmarken dieser vergangen Welt.
So führte der Weg des Joseph[6], einer der vielen Brüder meines Großvaters, mit dem man mich im Familienkreise in meiner Kindheit oft verglich, von Munderkingen über Gars am Inn nach Deggendorf. Dieser Joseph Neff war Redemptorist und verstarb im Redemptoristenkloster Deggendorf am 9. Oktober 1925 an den Folgen einer Kriegsverwundung aus dem ersten Weltkrieg[7]. Das Redemptoristenkloster im niederbayrischen Deggendorf ist übrigens längst Geschichte, ja vergessen, – in den 1970 Jahren abgerissen, findet man nicht mal eine Artikel über dieses Kloster in der deutschsprachigen Wikipedia, – nur im Regiowiki Niederbayern findet man einen interessanten Artikel über das Kloster.
Während ich am Zeitzeugenkapitel über das Kriegsende in Bad Saulgau schrieb, wurde mir aus Verwandtschaftskreisen eine kleine Bilderkiste vermacht, – mit persönlichen Photographien, Zeitungsausschnitten, Todesanzeigen – die letztlich auch ein Blick in das katholischen Schwaben, vom Beginn des ersten Weltkrieges bis in die Nachkriegszeit Ende 1940, gewährt. Letztlich eine ähnliche Welt wie Martin Walser ihn im springenden Brunnen beschreibt. Was mich hingegen in dieser Welt schon immer verblüfft hat, wie wenig Rom und die Kurie in dieser Welt eine Rolle spielten. Der Kaplan bzw. der Vikar (Pfarrvikar), der Pfarrer, der Weihbischof, der Bischof, sowie das Klosterleben der oberschwäbischen Klöster waren im Alltagsleben dieser katholischen Welt weit wichtiger als das ferne Rom.

Und dann noch der Krieg, – der erste und der zweite waren in meiner Saulgauer Familie omnipräsent, ich habe das auch ausgiebig im schon erwähnten Zeitzeugenkapitel „Der Schramm, der Bahnhof und der Krieg“ dargestellt. Aber die Kriegszeit und die Erinnerung daran sind mir auch in meinen Kindheitsjahren in Schramberg, der Schwarzwaldstadt in der ich aufgewachsen bin, immer wieder begegnet. Nicht nur in der Kindheit, – vor ein paar Jahren fuhr ich zur Trauerfeier und Beerdigung eines Schulfreundes auf den Sulgen. Es war ein schöner sonninger Wintertag, – Feuerenmoos und Sulgen, Hintersulgen schneebedeckt, – und dann in der Trauerfreier, war er plötzlich wieder da – der Krieg, als der Pastor vom Bruder des Verstorbenen sprach, der als Pilot im Krieg gefallen war. Eine Wunde die nach über 70 Jahren nach Kriegsende noch schmerzte.
„ Johann holte den Ortsgruppenleiter ein, als der die Stiefelspitze auf die oberste Stufe setzte. Die Mutter, gerade im Gang, gerade unter der geöffneten Tür von Zimmer vierzehn. Auch geteilt. Fünfköpfig war da eine Familie untergebracht. Die Frau stand mit ihrem Achtjährigen, die Mutter stand mit Anselm, alle hörten die Ortsgruppenleiterstiefel auf den ächzenden Stufen. Drehen sich um. Ihm zu. Die Mutter sieht ihn und schreit. Und Anselm auch. Die Mutter rennt den Gang entlang ins geteilte Zimmer acht. Johann bleibt hinter dem Ortsgruppenleiter. Der Schrei hört nicht auf. Ein einziger Ton. Von Anselm hört man nichts mehr. Johann spürt selber nichts. Er erlebt nur, was die Mutter erlebt. Der Ortsgruppenleiter geht in die zur Küche gemachte Zimmerhälfte. Die Mutter hat die Tür offengelassen. Die Mutter steht, sieht dem Ortsgruppenleiter entgegen, gibt keinen Ton mehr von sich …. (Walser, M. 2021, 339)“
Als ich diesen Abschnitt, in dem der Ortsgruppenleiter der Familie mitteilt, dass der Sohn Joseph gefallen ist las, erinnerte ich mich daran, dass ich diese „Szenen“ wenn die Todesbotschaft über den im Krieg gefallen Sohn nach Hause überbracht wurde, das Schreien der Mütter, – das habe ich tatsächlich erzählt bekommen – und zwar in der Grundschule, die damals noch Volksschule hieß. In der vierten Klasse beim Lehrer Hunzinger[8] in der Grundschule am Kirchplatz auf dem Sulgen. Samstagmorgens in der letzten Stunde gab es immer die „Stunde“ Sagen und Geschichten aus der Heimat. Da wurde uns vom Romäus aus Villingen, dem Hans vom Rechberg mit seinem berühmten Spruch Hostamadostha[9], manchmal klassische Sagen oder auch die Fabeln von La Fontaine. -. Nebenbei erklärte er uns auch, dass ein Krattenmacher, also die Vorlage der Sulgener Narrenfigur, dem Sulgener Hansel, ein Korbmacher sei, von denen früher wohl einige auf dem Sulgen, sprich Sulgau und Sulgen gegeben habe. Die Kratte ist eine längst vergessene schwäbisch-alemannische Bezeichnung für Korb – ein Wort, welches Walserer u.a. auch im springenden Brunnen verwendet „ Der Großvater sagte, Johann könne einen Kratten holen und die gefallenen Äpfel auflesen, fürs morgige Apfelmus. Johann holte aus dem oberen Stock der Remise, wo alles herumlag, was man nicht mehr brauchte, aber dann doch wieder brauchte, einen Korb und las aus dem Gras unter allen acht Apfelbäumen das gefallene Obst (Walser, M, 2021, 36).
Und beim Erzählen kam der Lehrer Hunzinger manchmal auf von Leben auf dem Sulgen während der Kriegszeit zu sprechen. Er glitt sozusagen von den Krattenmachern, den einst getrennten Ortsteilen Sulgau und Sulgen die auch konfessionel getrennt waren, Sulgau war altwürttembergisch und evangelisch und zum Kirchgang mussten die Sulgauer zu Fuß ins mehrere Kilometer entfernte Schönbronn laufen, – und der Sulgen war schon immer katholisch, langsam aber stetig in die Zeit des Zeit des zweiten Weltkrieg. Und da hat er mehr als einmal von den Vorahnungen der Mütter vom Nahen Tod des Sohnes, vom Eintreffen der Todesnachricht, dem ländlichen Leben zwischen Sulgen, Haardt, Aichhalden und Dunningen berichtet. Die Angst vor einem unergründlichen Schicksal dem man nicht entkommen konnte, – der Krieg bringt Angst, Tod und Verzweiflung über das Land und die Städte und Dörfer zwischen Schwarzwald und Alb, und selbst in den hintersten Ecken vom Sulgen, dem Lienberg, der Hutneck, wird niemand verschont, keiner kann sich vor dem Schicksal welches der Krieg einem vorsieht verstecken. Dem Schreien der Mutter auf dem Lienberg, als die Todesnachricht des Sohnes der in Russland gefallen war im Bauernhaus ankam, ein Schrei den man wohl auf dem ganzen Sulgen zu hören glaubte. Auf unvergessliche Art vom Lehrer Hunzinger erzählt, sodass ich mich noch heute daran erinnern kann.
Der vorliegende Text ist ein Auszug meiner Gedanken die mir bei der Lektüre des autobiographischen Romanes „ein springender Brunnen“ während meines Aufenthaltes im Klinikum Worms Anfang Juli 2024 so durch den Kopf gingen. Es ist keine Literaturkritik und auch keine Buchzusammenfassung. Eine sehr gelungene von Hajo Steinert verfasste Zusammenfassung des Inhaltes des Buches kann man hier im Archiv des Deutschlandfunkes finden.
Würde man mich fragen, welches Buch ich empfehlen würde, um Einblick in das Alltagsleben des katholischen Oberschwaben und des Bodensees von den 1930 bis 1950 Jahre zu bekommen, dann würde ich bestimmt das Buch „ein springender Brunnen“ von Martin Walser empfehlen. Ein meisterhaft geschriebener Roman, der bei mir persönlich sehr viele Erinnerungen weckte.

Zusätzlich zum „Buchdeckelbild“, der von mir gelesenen Taschenbuchausgabe „ein springender Brunnen“ habe ich noch das Titelbild des letzten von Walser geschriebenen Buches „Das Traumbuch“ ausgewählt, weil dort sowohl im Text als auch in den von Cornelia Schleime gestaltenen Bildern Wasserburg und der Bodensee eine bedeutende Stellung einnehmen. Zuletzt auch noch ein von mir am Neujahrstag 2024 von der Uferpromenade in Überlingen mit Blick auf den Bodensee und im fernen Hintergrund gerade noch erkennbar die Alpen. Weiterhin noch eine Aufnahme aus dem winterlichen Feurenmoos, – welches ich am Tag der Beerdigung des Vaters des Schulfreundes machte.
Photos: © Christophe Neff 01.01.2024 und 13.02.2018
Bibliographie
Ditter, Robert (1993): „Hosta Madostha“ – Hans von Rechbergs Sprichwort. In: D’Kräz, 13, 18-21.
Neff, C. (2023): Der Schramm, der Bahnhof und der Krieg. In: Scheck, Conny; Gelder, Maria Margarete (Hrsg): Aus dem Grau der Kriegszeit. Geschichten hinter der Geschichte. Spuren Lebendig Gemacht, Band III, Bad Saulgau Mai 2023, S. 252 – 259. (Ein PDF – Sonderdruck des Buchbeitrages kann in der KITOPEN Bibliothek heruntergeladen werden DOI: 10.5445/IR/1000159193)
Scheck, Conny; Gelder, Maria Margarete (Hrsg)(2023): Aus dem Grau der Kriegszeit. Geschichten hinter der Geschichte. Spuren Lebendig Gemacht. Menschen erinnern sich an eine schwierige Zeit, aber auch an den hoffnungsvollen Neubeginn. Ihre Wege kreuzen sich in Saulgau und Umgebung. Mit einem Vorwort von Wolfgang Schneiderhahn. Ausgabe in drei Bänden im Schuber. Bad Saulgau Mai 2023.
Walser, Martin (2021): Ein springender Brunnen. Roman. 6. Auflage 2021, Erste Auflage 2000 suhrkamp Taschenbuch 3100, © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1998. ISBN 978-3-518-39600-1.
Walser, Martin; Schleime, Cornelia (2022): Das Traumbuch. Postkarten aus dem Schlaf. Copyright © 2022 Rowohlt Verlag Hamburg, ISBN 987-3-498-00319-7
Christophe Neff, Grünstadt Juli 2024, hochgeladen am 21.7.2024
[1] Siehe u.a « Une liseuse „Tolino“ pour délester ma bibliothèque »
[2] Vgl. « Blognotice 06.07.2024: veille du deuxième tour des élections législatives 2024 » und « Blognotice 02.06.2024 : « La promesse » d’Anne Lauvergeon »
[3] Dazu chronologisch „Blognotiz 13.03.2022: Erinnerungen an eine Bahnreise nach Saulgau im März 2010“, „Saulgau Oberschwaben Oktober 2022: Photos, Buchlektüren und Kindheitserinnerungen“, „Blognotice 16.11.2022: révision/finissage d’un chapitre de livre sur la fin de seconde guerre mondiale dans une petite ville allemande & débuts sur Mastodon“, „Net schon wieder Ulm“ : Über die Buchpräsentation „Aus dem Grau der Kriegszeit – Geschichten hinter der Geschichte“ in der Bad Saulgauer Stadthalle am Donnerstag den 25.5.2023“
[4] Dazu siehe auch Neff, C. (2023): Der Schramm, der Bahnhof und der Krieg. In: Scheck, Conny; Gelder, Maria Margarete (Hrsg): Aus dem Grau der Kriegszeit. Geschichten hinter der Geschichte. Spuren Lebendig Gemacht, Band III, Bad Saulgau Mai 2023, S. 252 – 259.
[5] Hierzu vgl. auch „Blognotiz 16.11.2014: Novembererinnerungen an Saulgau – Gedanken zum Volkstrauertag 2014“ und „Wintereinbruch erstes Adventswochenende 2023 : Bemerkungen zum Schnee & Bahnchaos in Süddeutschland“.
[6] Josef bzw. Joseph Neff geschrieben.
[7] Vgl Deggendorfer Donaubote Nr. 233, Samstag 10. Oktober 1925 Nr 233, 54 Jahrgang S.2 „Lokales Allseitige Teilnahme wendet sich dem hiesigen Redemptoristen Konvente ob des raschen Hinscheidens des jugendlichen allbeliebten hochwürdigen P. Josef Neff. …. „
[8] Der Lehrer Hunzinger was Rektor der Grundschule am Kirchplatz auf dem Sulgen.
[9] Hostamadostha = Verballhornung von Hora mea adest, – angeblich von Hans von Rechberg getätigter Spruch angesichts der nahen Todes. Nach Ditter, R. (1993) „hora matura“ = die Zeit ist reif.

Le blog « Paysages » qui a débuté en mai 2009 comme blog abonné le Monde avec l’article « I. Un blog sur les paysages : un petit début – ou quelle langue choisir ? » est donc entré dans sa quinzième année d’existence durant le mois de juin 2024. Après 15 ans de « paysages » sur la toile, paysages existe encore.
Dans le Tableau 1 on trouve donc les quinze articles les plus consultés depuis la reprise de paysages sur wordpress.com le 16 juin 2019 et dans le Tableau 2 la liste des origines géographiques des lecteurs de paysages du 16 juin 2019 au 16 juin 2024.
Durant la période ou paysages faisait partie de blog abonnée le Monde, – paysages était certainement plus „francophone“ et durant cette période les billets suivants était régulièrement consulté : Blognotice 12.2.2012: la banquise bloque le Port de Port Leucate, Lundi 11 octobre 2010 – la mer se déchaîne sur la plage de Port Leucate, Blognotice 13.10.2016: La mer déferle sur les plages leucatoises., Blognotice 28.07.2014: Bientôt le souvenir de l’église catholique chaldéenne et des églises syriaques (orthodoxes & catholiques) sera plus qu’un souffle de vent chaud dans le désert, Das Biafrakind, Sturm Xynthia : Blick von der Unterhaardt auf La Faute-sur-Mer, L’Aiguillon und Port Leucate, Mannemer Dreck- traumhafte Zeiten – eine autobiographische Zeitreise mit Musikbegleitung nach Mannheim, Blognotiz 12.01.2014: „Blick auf die alte und die neue St. Laurentiuskirche auf dem Sulgen“ – Zeitreise durch die Bergvorstadt Sulgen – anhand einer Neujahrspostkarte von Uwe Rettkowski.
Notons aussi que paysages est un blog, autofinancé, sans aucune publicité, – dont naturellement une version moderne et digital d’auto publication & autoédition. Notons aussi, que paysages est archivé depuis quelques années sous le titre « Paysages: paysages et livres – Landschaften und Bücher » dans la Deutsche Nationalbibliothek. Après 15 ans de blog paysages, – le gout de lecture de paysages et de livres est encore aussi vive, qu’au début de cette aventure, – et naturellement j’aime encore l’écriture, – que se soit en français, allemand ou anglais !
Tab 1. les quinze articles les plus consultés depuis la reprise de paysages sur wordpress.com le 16 juin 2019
Der Blog « paysages » welcher im Mai 2029 als Abonnenten Blog mit dem Artikel « I. Un blog sur les paysages: un petit début – ou quel langue choisir ? » startete, ist nun fünfzehn Jahre alt. Nach 15 Jahren Präsenz im Web existiert der „paysages“ immer noch!
In Tabelle 1 finden sich die fünfzehn Artikel, die seit der Neustart von paysages auf wordpress.com am 16. Juni 2019 am häufigsten aufgerufen wurden, und in Tabelle 2 die Liste der geografischen Herkunft der Leser von paysages vom 16. Juni 2019 bis zum 16. Juni 2024.
Während der Zeit, in der „paysages“ Teil der Abonnenten Blogs von Le Monde war – und auch von Le Monde.fr gehostet wurde, – war der Blog sicherlich „frankophoner“ und während dieser Zeit wurden die folgenden Beiträge regelmäßig aufgerufen (und auch wahrscheinlich gelesen) : Blognotice 12.2.2012: la banquise bloque le Port de Port Leucate, Lundi 11 octobre 2010 – la mer se déchaîne sur la plage de Port Leucate, Blognotice 13.10.2016: La mer déferle sur les plages leucatoises., Blognotice 28.07.2014: Bientôt le souvenir de l’église catholique chaldéenne et des églises syriaques (orthodoxes & catholiques) sera plus qu’un souffle de vent chaud dans le désert, Das Biafrakind, Sturm Xynthia : Blick von der Unterhaardt auf La Faute-sur-Mer, L’Aiguillon und Port Leucate, Mannemer Dreck- traumhafte Zeiten – eine autobiographische Zeitreise mit Musikbegleitung nach Mannheim, Blognotiz 12.01.2014: „Blick auf die alte und die neue St. Laurentiuskirche auf dem Sulgen“ – Zeitreise durch die Bergvorstadt Sulgen – anhand einer Neujahrspostkarte von Uwe Rettkowski.
Paysages ist ein selbstfinanzierter, werbefreier Blog, der natürlich eine moderne, digitale Version der Selbstveröffentlichung und des Selbstverlags darstellt. Außerdem wird paysages seit einigen Jahren unter dem Titel „Paysages: paysages et livres – Landschaften und Bücher“ in der Deutschen Nationalbibliothek archiviert. Nach 15 Jahren paysages, – ist die Freude am Lesen von Landschaften und des Lesens von Büchern immer noch so lebendig, wie zu Beginn dieses Abenteuers, – und natürlich schreibe ich immer noch gern „Texte“, – sei es auf Französisch, Deutsch oder Englisch!
| % | ||
| 1 | Allemagne/Deutschland/Germany | 57,39 |
| 2 | France/Frankreich | 16,88 |
| 3 | États-Unis d’Amérique/ USA | 16,23 |
| 4 | Canada/Kanada | 1,11 |
| 5 | Suisse/Schweiz | 0,91 |
| 6 | Tunisie/Tunesien | 0,73 |
| 6 | Portugal | 0,71 |
| 8 | Belgique/Belgien | 0,63 |
| 9 | Chine/China | 0,51 |
| 10 | UK/Great Britain/Großbritanien | 0,41 |
| 11 | Espagne/Spain/Spanien | 0,38 |
| 12 | Southcorea/Südkorea | 0,34 |
| 13 | Pays-Bas, Niederlande | 0,32 |
| 14 | Autriche, Austria, Östereich | 0,26 |
| 15 | Irelande, Irland | 0,19 |
Tab 2. la liste des origines géographiques des lecteurs de paysages du 16 juin 2019 au 16 juin 2024
The blog “ paysages “ which started in May 2029 as a subscription blog with the article « I. Un blog sur les paysages: un petit début – ou quel langue choisir? » is now fifteen years old. After 15 years of presence on the web, „paysages“ still exists!
Table 1 shows the fifteen articles that have been viewed the most since the relaunch of paysages on wordpress.com on June 16, 2019, and Table 2 shows the list of geographical origins of paysages readers from June 16, 2019 to June 16, 2024.
During the time that „paysages“ was part of Le Monde’s subscriber blogs – and also hosted by Le Monde.fr – the blog was certainly more „francophone“ and during that time the following posts were regularly accessed (and probably read) : Blognotice 12.2.2012: la banquise bloque le Port de Port Leucate, Lundi 11 octobre 2010 – la mer se déchaîne sur la plage de Port Leucate, Blognotice 13.10.2016: La mer déferle sur les plages leucatoises…, Blognotice 28.07. 2014: Bientôt le souvenir de l’église catholique chaldéenne et des églises syriaques (orthodoxes & catholiques) sera plus qu’un souffle de vent chaud dans le désert, Das Biafrakind, Sturm Xynthia : Blick von der Unterhaardt auf La Faute-sur-Mer, L’Aiguillon und Port Leucate, Mannemer Dreck- traumhafte Zeiten – eine autobiographische Zeitreise mit Musikbegleitung nach Mannheim, Blognotiz 12.01.2014: „Blick auf die alte und die neue St. Laurentiuskirche auf dem Sulgen“ – Zeitreise durch die Bergvorstadt Sulgen – anhand einer Neujahrspostkarte von Uwe Rettkowski
Paysages is a self-financed, ad-free blog, which is of course a modern, digital version of self-publishing and self-publishing. In addition, paysages has been archived in the German National Library for several years under the title „Paysages: paysages et livres – Landschaften und Bücher„. After 15 years of paysages, – the joy of reading landscapes and reading books is still as alive as it was at the beginning of this adventure, – and of course I still enjoy writing „texts“, – be it in French, German or English!
Photos: © Christophe Neff 25.05.2024
Christophe Neff, Juin 2024

Trotz alledem immer noch Sozi ! Trotz aller meiner Zweifel an der SPD bin ich ja schon seit Jahrzehnten SPD – Mitglied, – ich hatte mir ja auch schon überlegt aus der SPD auszutreten, das habe ich auch etwas ausführlicher in der Blognotiz vom 11.02.2024 dargestellt, aber letztlich bin ich doch dabei geblieben. Ich kandidiere jetzt auch bei den Kommunalwahlen im Juni 2024 für den Stadtrat in Grünstadt und für den Kreistag in Bad Dürkheim. Der SPD OV Grünstadt postet gerade auf Facebook „Kurzportraits“ der einzelnen Kandidaten, da teile ich nun hier auch in „Paysages“ das Bild, welches ich selbst in Facebook geteilt habe. Die viel zitierte „Demokratie“ kann ja auch nur leben und gelebt werden wenn es genügend Kandidaten für die politischen Parteien gibt die sich zur Wahl stellen, so dass man als Bürger auch eine echte Wahl hat.
Trotz alledem ist übrigens ein sozialrevolutionäres Gedicht aus dem 19 Jahrhundert, das während meiner Jugend in den Vertonungen von Hannes Wader und Wolf Biermann ziemlich populär war. Inzwischen, viele Jahrzehnte danach, scheint es fast wieder in Vergessenheit geraten zu sein!
Christophe Neff, Grünstadt den 19.04.2024

In Tübingen am Neckar bin ich geboren. Ich verbrachte dort, d.h. in Tübingen und in der näheren Umgebung meine ersten drei Lebensjahre, danach zogen wir nach Schramberg in den Schwarzwald, und zwar in die Bergvorstadt Sulgen, auf dem Schoren neben dem Feurenmoos, später dann in das Neubaugebiet Eckenhof in selbiger Schramberger Bergvorstadt . Fast zwanzig Jahre später wohnte ich keine 50 m Luftlinie vom Neckarufer entfernt in Mannheim-Neuostheim, – von 1986 bis 1993 studierte ich Geographie an der Universität Mannheim[1]. Bei guten Wetter lief ich oft am Neckar entlang in die Mannheimer Innenstadt, stärkte mich mit einem „Fleischsalatbrötchen“ beim Grimminger auf den Planken und widmete mich danach dem Studium der Geographie an der Schlossuniversität[2]. Es gab auch Tage da lief auch einfach nur über die Riedbahnbrücke um auf die Maulbeerinsel zu gelangen, – und verbracht dort lange Stunden mit Lektüren, sah den Zügen auf der Riedbahnbrücke und erschloss mir dabei wohl einen Großteil der europäischen und amerikanischen Literatur. So viel Zeit zum Lesen würde ich wohl nie mehr haben werden, das war mir schon als Student bewusst. Und immer wieder führt es mich an den Neckar zurück. Ich habe noch Familie am Neckar im Schwäbischen, am Rande der Schwäbischen Alb, gar nicht weit weg von Niederstetten dem Geburtsort von Berthold Auerbach dem Erzähler der „Schwarzwälder Dorfgeschichten“[3]. Mannheim besuche ich immer wieder gern, – ja manchmal führe ich sogar noch Exkursionen ans Neckarufer durch. In diesem Sinne habe ich bestimmt eine fast schon lebenslang andauernde Beziehung zum Neckar dessen Literaturgeschichte Jan Bürger in seinem Buch der Neckar eine literarischen Reise von der Quelle bis zu Mündung geographisch und literarisch beschreibt,

Eigentlich wollte ich mir ja nur noch in Einzelfällen „Papierbücher“ kaufen. Meine Bücherregale quellen über, einen „Tolino“ habe ich mir auch schon gekauft und nutzte diesen auch regelmäßig[4]. Jan Büger‘ s „der Neckar – eine literarische Reise“ hatte ich schon im Jahre 2013 gekauft und gelesen. Vor einigen Wochen hatte ich mitbekommen, dass es von dem Buch eine erweiterte Neuausgabe in als Taschenbuch gibt, – aber eben nicht als epub – und weil mich so viel wie oben geschildert mit diesem Fluss verbindet, habe ich mir es dann doch als echtes Papierbuch zugelegt. Dann das neue Kapitel „Herbst 2023, Neckarbiotop Zugwiesen“ verschlungen, – und danach noch den Rest des Buches wiedergelesen um herauszufinden ob mir das Buch immer noch so gefällt wie bei der ersten Lektüre im Jahre 2013. Wäre Jan Bürger im Herbst 2023 irgendwo zwischen Mannheim und Heidelberg am Neckarufer entlangspaziert, so wären ihm vielleicht die Kanadagänse auf dem Neckar[5] und vor allem die Edelsittiche, die grünen Alexandersittiche am Neckarufer aufgefallen. Ich hatte tatsächlich über diese großen grünen exotischen Vögel schon in einer Veröffentlichung über die urbane Vegetation Mannheims in den 1990 Jahren eine Randbemerkung veröffentlicht[6]. Dreißig Jahre danach kann man wohl sagen, dass das Neckarufer zwischen Mannheim und Heidelberg ein regelrechtes „Papageienland“ geworden ist. Die grünen Vögel finden sich inzwischen auch in Ludwigshafen, Frankenthal und Worms, – manchmal kann man sie auch schon über den Dächern von Grünstadt fliegen sehen, – hingegen scheinen sie in Karlsruhe noch nicht dauerhaft beobachtet worden. Darüber hinaus breiten sich auch neue Pflanzen in Wälder in Fluren aus, – rund um Stuttgart vor allem Kirschlorbeer (Prunus laurcerasus) und Runzelblättriger Schneeball (Viburnum rhytidophyllum) … Man kann das schön bei einer Fahr auf der „Panoramastrecke“ der Gäubahn vom Stuttgarter HBF, also das was vom alten Bonatzbau noch übrig geblieben ist, rauf nach Vaihingen sehr schön sieht. Auf solch einer Zugfahrt, die man ja irgendwann so nicht mehr machen kann, weil mit Fertigstellung von Stuttgart 21 die „Panormabahn“ sterben soll, – kann man auch sehr gut in die Gärten in der Hauptmannsreute, Herdweg und Lenzhalde schauen, – und dabei auch hier und da – Hanfpalmen (Trachycarpus fortunei) und andere exotische Pflanzen entdecken. Palmen in Stuttgarts Gärten, das hätten sich Mörike und Schiller um nur zwei Namen zu nennen, wohl so nicht vorstellen können. Ähnliches gilt ja auch für Mannheim, – welches ich ja vor Jahren in einem Blogbeitrag als „Mannheim les Palmiers“ bezeichnete. Mannheim war schon seit Beginn der Industrialisierung ein „Hotspot“ der Ausbreitung von exotischen Pflanzen in Mitteleuropa. Inzwischen breitet sich ja im Mannheimer Hafengebiet das Pampagras (Cortaderia seollana) aus (Junghans, T. 2024).
Literarisch ist dieses neue Kapitel auch aufschlussreich, wobei mir „Felix Huby“ und „Anna Katharina Hahn“ fehlen. Man kann natürlich lange über den literarischen Wert von Huby‘s Kriminalromanen diskutieren, aber die Lektüre von „Bienzle und die schöne Lau“ und der „Atomkrieg in Weihersbronn“, – beide Kriminalromane las ich tatsächlich auf der „Maulbeerinsel“ im Neckar zwischen Neuostheim und Feudenheim, hat mir das Werk Eduard Mörikes neu erschlossen. Ich gehöre ja noch zu der Generation von Gymnasialschülern die den „Feuerreiter“ und „Er ist’s“ auswendig lernen musste[7]. Ich halte auch das erste der autobiografischen Romantrilogie von Huby, also die „Heimatjahre“, für ein sehr gelungenes Buch. Ja was Anna Katharina Hahn betrifft, „wer wenn nicht sie“ wurde zum literarischen Chronisten des Zeitgeschehens der Landeshauptstadt Stuttgart. Sie greift auch famos alte Begrifflichkeiten wie Beispielsweise den „Pietcong“ wieder auch, – ich hatte das Wort ja fast schon vergessen – und durch die Lektüre von „Aus und davon“ – ist es mir wieder ins Gedächtnis gerufen worden. Natürlich gibt es da noch andere „neuere“ Bücher aus den Neckarlanden, Herkunft von Saša Stanišić oder das deutsche Krokodil von Ijoma Mangold. Oder auch „Wem sonst als Dir“, (Kriminal) – Roman von Uta Maria Heim, der mich vom Hölderlinturm in Tübingen zurück in den Lärchenweg, die Dr. Helmuth Junghans Strasse in die Bergvorstadt Schramberg – Sulgen führte.
Aber letztlich ist das natürlich auch alles Geschmackssache, – und weiterhin muss die neue deutsche Literaturgeschichte des Südweststaates auch erst noch geschrieben werden. Und diesen Anspruch hat natürlich Jan Bürgers Buch auch nicht. Bausingers im Jahre 2016 verfasste sehr lesenswerte „Schwäbische Literaturgeschichte“ kann man auch im neuen Buchkapitel finden. Jan Bürger ist ein guter Naturbeobachter, aber die Bedeutung der an den Ufer des Neckars wirkenden Schriftsteller für die heute im Naturschutz gängigen Leitbilder von schützenwerter Natur und Landschaft im deutschsprachigen Raum, werden im Buch nicht thematisiert. Die „Schönheit“ der Landschaften rund um den Neckar, sowie sie die Dichter der „schwäbischen Dichterschule“, aber eben nicht nur diese „besangen“, – finden sich in den heutigen in Deutschland gängigen Naturschutzleitbilder wieder. Im Grunde genommen waren das keine „natürlichen Landschaften“ – sondern es waren die Erinnerungsbilder der idealisierten Agrarlandschaften rund um den Neckar vor dem Beginn der Industrialisierung im deutschsprachigen Südwesten. Und schön zu Leben war es in diesen Württembergischen Landen auch nicht immer. Der Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora im Jahr 1815 verursachte das Jahr ohne Sommer im darauffolgenden Jahr 1816. Massenarmut und Auswanderungswellen hielten in Süddeutschland Einzug, und das Königreich Württemberg wurde besonders hart vom Jahr ohne Sommer getroffen.
In diesem Zusammenhang musste ich auch an ein Buch denken, was ich vor vielen Jahrzehnten als „Pennäler las, die „Reise durch das Königreich Württemberg“ von Karl Julius Weber, denken. Mein Vater hat es mir einst als Lektüre empfohlen. Darin findet man die vorindustriellen Landschaften Württembergs recht eindrücklich beschrieben.

„Der Neckar – eine literarische Reise“ ist ein rundum gelungenes Buch. Ich habe das ganze „neue“ Buch mit dem Zusatzkapitel jedenfalls sehr gern wieder gelesen, – und kann es allen die den „Neckar“ literarisch erwandern wollen sehr zur Lektüre empfehlen. Und sollte es irgendwann mal eine Neuauflage des Buches geben, würde ich mir einen farbigen Abdruck der Abbildungen wünschen, drucktechnisch ist das heute problemlos machbar und das würde auch den Preis des Buches nur unwesentlich erhöhen.
Bibliographie:
Bausinger, Hermann (2016): Eine schwäbische Literaturgeschichte. © 2016, Klöpfer & Meyer, Tübingen, I Auflage 2016
Bürger, Jan (2024): Der Neckar. Eine literarische Reise. Erste erweiterte um ein Nachwort ergänzte Taschenbuchausgabe. 1 Auflage 2024, C.H. Beck, © C.H. Beck München 2013, ISBN 978-3-406-81217-0
Hahn, Anna Katharina (2020): Aus und davon. Roman. 2. Auflage 2020, erste Auflage 2020 Suhrkamp Verlag Berlin 2020, ISBN 978-3-518-42919-8
Heim, Uta – Maria (2013): Wem sonst als Dir. Roman. Tübingen, Klöpfer & Meyer, ISBN 978-3-86351-064-0
Huby, Felix (1977): Der Atomkrieg in Weihersbronn : Kriminalroman. Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 1977, ISBN 3-499-42411-8
Huby, Felix (1985): Bienzle und die schöne Lau. Reinbek bei Hamburg, rororo-Thriller 2705, ISBN 3-499-42705-2
Huby, Felix (2015 ): Heimatjahre. Roman. © 2014 Klöpfer & Meyer, Tübingen. 3. Auflage 2015, ISBN 978-3-86351-083-1
Junghans, T. (2024): Kurze Notiz zur Verwilderung des Amerikanischen Pampagras (Cordaderia selloana) im Mannheimer Hafen. In: Pollichia Kurier 1 (40), 2024, 14-15.
Neff, C. (1996): Neophyten in Mannheim – Beobachtungen zu vegetationsdynamischen Prozessen in einer Stadtlandschaft. In: Anhuf, Dieter; Jentsch, Christoph (Hrsg): Beiträge zur Landeskunde Südwestdeutschlands und angewandten Geographie, Mannheimer Geographische Arbeiten ; 46, 65-110. (U.a. hier in Researchgate hinterlegt)
Mangold, Ijoma (2018): Das deutsche Krokodil. Meine Geschichte. Copyright ©2017 by Rowohlt Verlag Gmbh, Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag, Dezember 2018, ISBN 978-3-499-63216-7
Stanišić, Saša ( 2019 ): Herkunft. Copyright © 2019 Luchterhand Literaturverlag München, 10. Auflage, ISBN 978-3-630-87473-9
Weber, Karl Julius (1978): Reise durch das Königreich Württemberg. Vorwort von Franz Georg Brustgi. Erläuterungen zu den Illustrationen von Rudolf Henning, Stuttgart : Steinkopf, 1978, ISBN 3-7984-0381-3
Bilder alle © Christophe Neff 15.03.2024
Christophe Neff, Grünstadt März 2024
[1] Zu meiner Studienzeit in Mannheim siehe u.a. auch “ Mannemer Dreck- traumhafte Zeiten – eine autobiographische Zeitreise mit Musikbegleitung nach Mannheim“, „Ein paar Tage im November 1989: Erinnerung zum Mauerfall aus Südwestdeutschland“ sowie „Se ressourcer – auftanken, – über versteckte Orte in der Zeit vom 14. Juli 2022 – und andere Ferne und Nahe „Aufladestationen“.
[2] Zur Geschichte des Faches Geographie an der Universität Mannheim siehe auch „Das Fach Geographie an der Mannheimer Hochschule“.
[3] Siehe u.a. auch „Blognotiz 01.05.2013: Farbtupfen auf der Gäubahn, – Legoloks im Neckartal“.
[4] Siehe auch „Une liseuse „Tolino“ pour délester ma bibliothèque “
[5] Kanadagänse in Neckarhausen, Beobachtung des Verfassers auf Inaturalist!
[6] Neff, C. (1996): Neophyten in Mannheim – Beobachtungen zu vegetationsdynamischen Prozessen in einer Stadtlandschaft. In Mannheimer Geographische Arbeiten ; 46, 65-110.
[7] Vgl auch „Blognotiz 07.04.2013: Er ist’s – ist er es auch wirklich?“.

Wie schon in den Jahren zuvor (2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021, 2022, 2023) folgt hier eine kurze Notiz über das phänologische Frühjahrsgeschehen in Grünstadt, der Unterhaardt und dem Leiningerland. Dieses Jahres und so wie oftmals in den Jahren davor war es wieder der Mandelbaum in der Sausenheimer Straße in Grünstadt der als erster an der Unterhaardt in Vollblüte stand – und dies am Freitag den 16.02.2024. Tags zuvor am Donnerstag den 15.02.2024 konnte ich in Herxheim am Berg die ersten Osterglocken (Narcissus pseudonarcissus) blühen sehen[1]. Inzwischen kann man diese auch in Grünstadt blühen sehen. Bei meiner sonntäglichen Joggingrunde über den Grünstadter Berg konnte ich heute ein Rotmilanpaar beim Segeln über den Trockenrasenflächen beobachten, – und auch hier und da die ersten blühenden Helleborus foetidus[2] entdecken[3]. Der Frühling hat also hier rund um Grünstadt schon begonnen, und hier und da kann man auch vereinzelt Iris reticulata in den Gärten blühen sehen[4]!
Comme les années précédentes (2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021, 2022, 2023), voici une brève note sur les événements phénologiques printaniers à Grünstadt, dans la Unterhaardt et le Linage. Cette année, comme souvent les années précédentes, c’est l’amandier de la rue de Sausenheim (Sausenheimer Strße) à Grünstadt qui a été le premier à être en pleine floraison dans la région de la Unterhaardt – et ceci le vendredi 16 février 2024. La veille, le jeudi 15 février 2024, j’ai pu voir les premières jonquilles (Narcissus pseudonarcissus)[5] fleurir à Herxheim am Berg. Depuis, on peut aussi les voir fleurir à Grünstadt. Lors de mon jogging dominical aujourd’hui sur le Grünstadter Berg[6], j’ai pu observer un couple de milans royaux voguant au-dessus des pelouses sèches, – et aussi découvrir ici et là les premières Helleborus foetidus[7] en fleurs. Le printemps a donc déjà commencé ici, et autour de Grünstadt, on peut voir ici et là des Iris reticulata fleurir dans les jardins[8] !
Photo : © Christophe Neff, 17.2.2024
Christophe Neff, Grünstadt 18.2.2024
[1] Siehe auch/voir aussi Inaturalist observation 199440529
[2] Siehe auch/voir aussi Inaturalist observation 199653142.
[3] Zu meinen sonntäglichen Joggingrunden über den Grünstadter Berg und den damit verbundenen Naturbeobachtungen siehe auch „Cigallengesang an der Unterhaardt – auch in Grünstadt gibt es wohl vereinzelt mediterrane Singzikaden zu hören“.
[4] Siehe auch/voir aussi Inaturalist observation 199654622
[5] Siehe auch/voir aussi Inaturalist observation 199440529
[6] Pour mes joggings dominicaux sur le Grünstadter Berg et les observations naturalistes qui en découlent, voir aussi „Cigallengesang an der Unterhaardt – auch in Grünstadt gibt es wohl vereinzelt mediterrane Singzikaden zu hören“.
[7] Siehe auch/voir aussi Inaturalist observation 199653142.
Maria
(für Maria Kalesnikava)
12 Monate lang
Kein Wort nur Stille
Wind weht
kalt
durch Birkenäste
Nackt und Licht durchflutet
Schneekristalklar
dein blaublondes Haar
verstummt
kurzgeschoren
wie ein Schrei in der Nacht
ungehört
Tag für Tag
Stunde für Stunde
bis der nächste Frühling uns weckt
wir vergessen dich nicht
eine Blume wächst für dich
in unserem Garten
die Vögel singen ein Lied für Dich
Maria
für Maria Kalesnikava die sich schon viel zu lange in Haft in einer Strafkolonie, in einem Lager an einem unbekannten Ort in Belarus befindet. Seit über einem Jahr, seit dem 12.2.2023 gibt es kein Lebenszeichen von Maria mehr ! Im letzten Juni verfasste ich den Text „Pour une juste cause – „Maria Kalesnikava“ emprisonné depuis plus de 1000 jours » um gegen das Vergessen anzukämpfen …
pour Maria Kalesnikava qui se trouve depuis trop longtemps en détention dans une colonie pénitentiaire, dans un camp situé dans un lieu inconnu en Biélorussie. Depuis plus d’un an, depuis le 12.2.2023, il n’y a plus aucun signe de vie de Maria ! En juin dernier, j’ai rédigé le texte „Pour une juste cause – „Maria Kalesnikava“ emprisonnée depuis plus de 1000 jours“ pour lutter contre l’oubli…
for Maria Kalesnikava, who has been detained for far too long in a penal colony, in a “Lager” at an unknown location in Belarus. There has been no sign of life from Maria for over a year, since February 12, 2023! Last June I wrote the text „Pour une juste cause – „Maria Kalesnikava“ emprisonné depuis plus de 1000 jours “ to fight against oblivion …

Photo : © Christophe Neff, 20.1.2024 Birken im Winterlicht (Höningen – Altleiningen)
Christophe Neff, Grünstadt verfasst am 13.02.2024, publiziert am 14.02.2024