Blognotiz 31.07.2025: der Juli geht zu Ende und die Mauersegler sind schon fortgezogen

Der Juli geht zu Ende. Die Mauersegler haben Grünstadt auch schon verlassen. Ich beobachte die Segler schon seit Coronazeiten, nicht nur die Mauersegler, sondern alle Vögel die über dem Stadthimmel von Grünstadt die ich eindeutig erkennen kann. Aber die Präsenz der Mauersegler in Grünstadt verleitete mich dazu, eine Art täglicher Vogelliste zu führen. Ich führe sie noch heute und weiß daher recht genau, in welchem Zeitraum die Mauersegler den Grünstadter Himmel bevölkern. Aus meinem Interesse an den „Seglern“ habe ich mir in dieser „Mauerseglersaison“ das schöne und auch sehr informative Buch „Mauer- und Alpensegler“ von Alfred Engler gekauft[1]. Die letzten Mauersegler im Grünstadter Stadthimmel in diesem Jahr 2025 habe ich dann auch am Montag den 29.07.2025 beobachtet. Wahrscheinlich wird man in diesem Jahr hier in Grünstadt keine Mauersegler mehr sehen.

Den Fortgang der Jahreszeiten kann ich auch auf meinen regelmäßigen Fahrten ins Klinikum Worms beobachten. Die Maladie de Mitterrand[2] und die ganzen Komplikationen, die sich aus der Behandlung dieser Krankheit ergeben, bedingen es, dass ich regelmäßig dorthin ins Klinikum fahre. Mit dem Auto kann man die Strecke bequem „erledigen“, wenn sein muss auch mehrmals am Tag. Meistens fahre ich über Pfeddersheim durchs Pfrimmtal, manchmal auch „außenherum“ über Flörsheim-Dalsheim. Wenn ich eine „GoPro“-Kamera hätte, könnte ich eine jahreszeitliche Videolandschaftsanalyse über meine Wegstrecken von Grünstadt ins Wormes Klinikum vice versa machen. Jetzt ist der Hochsommer da, die Mähdrescher sind schon gefahren, und die Getreidefelder sind abgeerntet. In Pfeddersheim gibt es auch die Pfeddersheimer Bluthohl, also die Straße nach Mörstadt. So könnte ich auch mal fahren. Vor 500 Jahren tobte hier im Juni 1525 im Bauernkrieg die Schlacht bei Pfeddersheim. Aber der Bauernkrieg ist schon längst aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden. In der Schlacht von Pfeddersheim sind wohl soviele Menschen zu Tode gekommen, dass das Blut der Gefallenenen die Straße nach Mörstadt mit Blut füllte, – daher kommt wohl der überlieferte Name „Pfeddersheimer Bluthohl“.

Ich könnte auch mit dem Zug fahren. Aber das wäre ein erheblich zeitintensiverer Vorgang. Umsteigen in Bahnhof Monsheim und vom Bahnhof mit dem Bus ans Klinikum. Zweimalige ambulante Termine am Tag sind nur so schwer machbar – bzw. man muss den Tag dann am Klinikum Worms verbringen. Früher gab es auch in Worms mal eine Straßenbahn, sowie es auch einmal eine direkte Bahnverbindung Grünstadt – Worms gab. Mit etwas Phantasie könnte man sich vorstellen, dass man in Worms wieder ein modernes Straßenbahnnetz kreiert und diese neue Wormser Straßenbahn auch ans Klinikum fahren lässt. Die stillgelegte Bahnstrecke nach Grünstadt könnte man auch wieder reaktivieren und einen „Tram-Train“ nach Karlsruher Modell von Grünstadt in die Wormser Innenstadt und ans Klinikum fahren lassen. Das ließe sich auch mit anderen Destinationen verwirklichen. Aber das wird natürlich nie kommen, genauso wie die „Flomersheimer Kurve“, die Direktzüge ohne Umsetzen des Zuges in Frankenthal von Grünstadt nach Ludwigshafen oder Mannheim erlauben würde, wahrscheinlich nie kommen wird[3]. Ohne Umsetzmanöver (Fahrtrichtungswechsel) in Frankenthal wären direkte Eisenbahnverbindung von Grünstadt nach Mannheim in ca. 40 Minuten durchaus machbar. Nur leider fehlt der politische Wille das auch umzusetzen !

Soweit ich irgendwann wieder meine Arbeit am KIT aufnehmen kann, werde ich wohl wieder mit dem Auto fahren müssen. Und schon vor der Diagnose der Mitterrandschen Krankheit im Winter 2024 fielen mir die Autofahrten zum KIT immer schwerer. Die Verkehrsdichte hat auf dem südwestdeutschen Strassennetz in den letzten so erheblich zugenommen.  Und dann gibt es ja noch die Zellertalbahn, deren Reaktivierung von Jahr zu Jahr verschoben wird[4]. Wenn dann, wie geplant, im Jahre 2028 die Bahnstrecke Mannheim – Saarbrücken wegen der „Generalsanierung“ fünf Monate voll gesperrt wird, könnte man die wieder reaktivierte Zellertalbahn sehr gut als Ausweichstrecke für die gesperrte Bahnstrecke Mannheim – Saarbrücken nutzen. Aber das scheint sowieso niemanden zu interessieren.

Und überhaupt haben wir nach der Hitzeperiode Ende Juni/Anfang Juli – eine Hitzeperiode, die ich im Artikel „Mittwoch, 02.07.2025: ‚Canicule‘ Grünstadt – Sausenheim 16:00 Uhr 38,1 Grad“ thematisierte – wieder einen ganz normalen, sehr niederschlagsreichen mitteleuropäischen Sommer, wie er in meiner Kindheit und Jugend durchaus normal war. Damit sind die Herausforderungen, die uns durch den Klimawandel drohen, fürs Erste für einige Zeit schlichtweg vergessen. Mehr Verkehr von der Straße auf die Bahn bzw. das Binnenschiff zu bringen, das nannte man „klimaökologische Verkehrswende“, und das wollte man vor Urzeiten, als die berühmte Ampel noch regierte, in Bewegung bringen. Übrig geblieben aus diesen Zeiten ist davon das „Deutschlandticket“ – aber das wird wahrscheinlich auch bald das Opfer von alternativlosen Spar- und Budgetzwängen werden.

Was mich in diesen letzten Juliwochen auch sehr beschäftigt hat, ist die Lage in Gaza. Die Bilder aus Gaza erinnern mich an die Bilder aus dem Biafrakrieg in meiner Kindheit. Ich habe darüber in den letzten Tagen zwei Blogbeiträge auf Französisch verfasst: „Ces images insoutenables qui me rappellent les souvenirs des enfants du Biafra“ und „Blognotice 30.07.2025: et encore les souvenirs du Biafra se mêlent aux images de la famine à Gaza“. Ich hatte mir erst überlegt, das auch noch ins Deutsche oder ins Englische zu übersetzen, aber inzwischen denke ich, dass DeepL – oder auch Le Chat AI von Mistral – so gute Übersetzungen liefert, dass ich mir das auch sparen kann. Diejenigen die sich für den Inhalt der Artikel interessieren und deren Französischkenntnisse nicht für die Lektüre dieser Artikel ausreicht die werden dann einfach diese KI unterstützten Übersetzungstool nüzten.

Heute veröffentlichte der ehemalige französische Premierminister Dominique de Villepin in der Tageszeitung Le Monde einen aufrüttelnden Aufruf: „Dominique de Villepin: ‚Nous avons le devoir moral absolu de nous opposer à cette folie meurtrière à Gaza‘“[5]. Man wünschte sich, dass dessen Appell auch in Deutschland gelesen und wahrgenommen wird. Als Abonnent der Wochenzeitung Die Zeit würde ich mir wünschen, dass „Die Zeit“ den Text von Dominique de Villepin übersetzt und publiziert.

Abschließend noch: Aus dem Zimmer in Grünstadt, in dem ich gerade meinen Blogbeitrag schreibe, kann man nicht nur „Vögel“ über dem Stadthimmel von Grünstadt beobachten, sondern, wenn man ein Fernglas benutzt, auch ganz deutlich den Wormser Dom sehen.

Bibliographie:

Engeler, Alfred (2025): Mauer – und Alpensegler. Flugakrobaten ohne Grenzen. Bern, © 2025, Haupt Verlag Bern, ISBN 978-3-258-08410-7

Christophe Neff, Grünstadt, 31.07.2025


[1] Über die Mauersegler und andere Segler wie z.b. Fahlsegler berichtet ich auch im Paysagesblog schon mehrfach wie z.B. in „Blognotice 18.08.2024: de retour à Grünstadt“ und „Blognotice 20.10.2024 : Port Leucate octobre 2024

[2] Siehe auch „Cahiers de maladie (Cancer de la prostate) »

[3] Siehe hierzu „Freitag 10 November 2023: Klimakleber vor dem KIT“.

[4] Zur Zellertalbahn in diesem Blog siehe auch „ Blognotice 17.03.2017: Il y avait une fois un train direct Worms – Paris via la Zellertalbahn“.

[5] Dominique de Villepin : « Nous avons le devoir moral absolu de nous opposer à cette folie meurtrière à Gaza »  – « Pour l’ancien premier ministre, se taire face à l’horreur de la situation dans l’enclave palestinienne n’est plus possible, le silence serait une forme de complicité. Chacun a le devoir d’agir et de nommer le crime en cours, affirme-t-il dans une tribune au « Monde ». Le Monde, 31.07.2025. Auch auf Englisch verfügbar « Dominique de Villepin: ‚We have an absolute moral duty to oppose this murderous madness in Gaza‚”

Blognotice 30.07.2025: et encore les souvenirs du Biafra se mêlent aux images de la famine à Gaza

Deux jours après avoir publié mon billet « Ces images insoutenables qui me rappellent les souvenirs des enfants du Biafra », je découvre l’article « Vivre l’Histoire : mon parcours du Biafra à la compréhension de Gaza » du cinéaste nigérian Newton Ifeanyi Aduaka dans les blogs de Mediapart. Quelle coïncidence ! En plus, je retrouve dans l’article d’Aduaka les souvenirs de l’écrivain Chinua Achebe. Contrairement à moi, l’enfant du « Biafra du Schoren » à Schramberg- Sulgen en Forêt-Noire, Newton Ifeanyi Aduaka est un véritable enfant de la guerre du Biafra. On dit que les blogs, la blogosphère traditionnelle, sont mourants, mais le texte de Newton Ifeanyi Aduaka montre que de nos jours les blogs ont encore un mot à dire ! Et quel témoignage. Sûrement un des meilleurs billets de blog que j’ai découverts durant ces dernières années. Je me permets de citer ces phrases du billet de Aduaka :

« Plus important encore, les deux tragédies soulignent le coût humain de permettre aux disputes politiques d’escalader en catastrophes humanitaires. Les enfants qui ont souffert au Biafra — y compris mon moi nourrisson — et ceux qui souffrent à Gaza aujourd’hui méritent mieux que d’être les symboles des échecs de leurs sociétés à trouver des solutions pacifiques à des problèmes complexes et la lâcheté flagrante, la cupidité et l’hypocrisie de nations puissantes avec des intérêts acquis. Mon parcours d’un bébé de guerre biafrais à un cinéaste documentant d’autres conflits africains m’a appris que le trauma connecte à travers le temps, la géographie et les expériences individuelles. [1]»

Personnellement, ce qui s’est passé à Gaza est une véritable catastrophe humanitaire et les gouvernements des deux États dont je possède la nationalité, les gouvernements français et allemand, ne font pas assez pour stopper la folie meurtrière du gouvernement de Benjamin Netanyahou. Les enfants victimes de la famine à Gaza ne sont pas responsables des crimes perpétrés le 7 octobre 2023 par le Hamas[2].

Comme je l’écrivais dans mon dernier billet : « Mais en ce moment, on a bien l’impression qu’Israël ne mène pas une guerre contre le Hamas, mais contre la population entière de Gaza. Et j’espère qu’Israël sortira vainqueur de cette terrible épreuve en restant une démocratie libérale

Mais j’espère aussi que les Palestiniens seront enfin libérés du joug du Hamas et pourront vivre dans un État libre et démocratique !

Christophe Neff, Grünstadt 30.07.2025


[1] Citation tirée de Newton Ifeanyi Aduaka « Vivre l’Histoire : mon parcours du Biafra à la compréhension de Gaza » Blogs Mediapart, 29.07.2025.

[2] Voir aussi mes billets de blogs sur les massacres du  7 Octobre 2023 des massacres perpétrés par le Hamas  – « Souvenirs des chants d’Israël, « La Caravane des Cavaliers  (Chayreth Harochvim) » et « Paysages: Retour sur le 07 octobre 2023 –  „Stand with Israel!“ »

Blognotiz 19.07.2025: Freitagsgedanken

Letzten Freitag, also Freitag den 11.07.2025, war so ein Tag, an dem mir die Komplikation mit der Mitterrandschen Krankheit, wieder einmal zu schaffen machte. Hin und wieder gibt es solche Tage. Es war auch der Tag, an dem sich der Beginn des Massakers von Srebrenica zum dreißigsten Mal jährte. Eine offene Wunde im Herzen Europas. Sie klafft immer noch tief und bedrohlich. Als es geschah, war ich noch ein junger Mann, Assistent für Geographie am Lehrstuhl für Physische Geographie und Länderkunde von Professor Frankenberg an der Universität Mannheim. Ich konnte es damals kaum fassen, als man erfuhr was geschah, – und letztlich kann ich es bis auf den heutigen Tag nicht fassen – wie konnte ein solches Verbrechen, ein Völkermord mitten in Europa geschehen? Als ich meine Stelle als „Rat“ an der damaligen Universität Karlsruhe (TH), dem jetzigen KIT antrat, fragte ich manchmal die Studierenden meiner Lehrveranstaltungen was sie mit dem Namen Srebrenica anfangen können. Da waren ja gerade mal zehn, oder etwas mehr Jahre nach dem Massaker durchs Land gegangen. Aber Srebrenica, das Massaker von Srebrenica, das war wie ein ferner unbekannter Planet, von denen die meisten der damaligen Studierenden gar nichts wussten. Heute wage ich gar nicht mehr zu fragen. Seit diesen Jahren, habe ich fast zu jeden Julibeginn Gedichte auf loses Papier über das unfassbare geschrieben. Die meisten dieser losen Blätter sind inzwischen verloren gegangen oder im Altpapier gelandet. Dieses Jahr habe es ich erst wieder auf ein loses Blatt geschrieben,  – aber diesmal war ich dann doch so geistesgegenwärtig, dass ich es in eine Worddatei übertragen habe. Vielleicht werde ich es hier im Blog einmal veröffentliche – oder es erscheint im Gedichtband an dem ich schon Jahrzehnte, ja seit meiner Jugendzeit arbeite. „Stille – 30 Jahre danach  – weinen die Gräber in Srebrenica – immer noch stumm“ – so lautet der Titel des unveröffentlichten Gedichtes.

Ja, und diesem selben Tag, in dem ja auch an die Opfer von Srebrenica im deutschen Bundestag gedacht wurde, – da wurde die Richterwahl zum Bundesverfassungsgericht im Bundestag kurzfristig abgesagt. Damit erreicht die Causa „Frauke Brosius – Gersdorf“ ihren vorläufigen Höhenpunkt. Ich schreibe vorläufigen Höhepunkt, weil das Ganze noch andauert und niemand richtig weiß, wie das ganze Enden wird. Wäre ich Hochschuljurist, hätte ich bestimmt die von den Strafrechtsprofessoren Susanne Beck und Alexander Thiele, sowie dem Verwaltungsrechtler Stefan Huster intitierte „Stellungnahme zur Causa „Frauke Brosius-Gersdorf“ unterschrieben[1]. Aber ich bin ja nur ein Hochschulgeograph. Aber betroffen macht mich das Ganze schon. Es ist schon mehr als befremdlich zu sehen, was für eine „Kampagnenmacht“ die fundamentalistische Rechte schon heute besitzt. Man könnte fast meinen, dass es in Zukunft für liberale Richter sehr schwer werden wird, oder fast gar unmöglich werden wird Richter oder Richterin am Bundesverfassungsgericht zu werden. Offensichtlich ist aber auch, – und dies wurde schon bei der Kanzlerwahl am 6 Mai 2025 sichtbar, – in der CDU – Bundestagsfraktion gibt es eine starke Minderheit die mit der jetzigen schwarz-roten Koalition unter dem Kanzler Merz fremdelt, – ja da gibt es bestimmt einige Abgeordnete, die würden eine CDU Minderheitsregierung, die von der AFD geduldet wird bevorzugen. Eigentlich müsste man dazu einen eigenen Blogbeitrag schreiben. Abschließend kann ich nur sagen, dass ich den Mut und die Entschlossenheit von Frauke Brosius-Gersdorf bewundere.

Christophe Neff, Grünstadt im Juli 2025 (19.07.2025).

P.S. Zur Causa „Frauke Brosius-Gersdorf“ wird viel geschrieben. Besonders lesenswert erscheint mir der Meinungsbeitrag von Armin Nassehi im Montagsblock/332 denn ich erst zweit Tage nach Verfassens dieses Blogbeitrages über meine Freitagsgedanken entdeckte.


[1] Siehe u.a. „Stellungnahme zur Causa „Frauke Brosius-Gersdorf“ im Verfassungsblog (14.07.2025)

Mittwoch 02.07.2025: „Canicule“ Grünstadt – Sausenheim 16:00 Uhr 38.1 Grad

Screenshot der Wetterstation Grünstadt – Sausenheim vom 02.07.2025

Solche Temperaturen wie sie am Mittwoch 02.07.2025 in der Agrarmeteorologische Station Grünstadt Sausenheim gemessen wurden, um 16:00 Uhr 38.1 Grad  habe ich in Mitteleuropa nur selten erlebt. Wobei in der von der Agrarmeteorologie Rheinland-Pfalz betrieben Wetterstation schon höhere Temperaturen gemessen wurden. Auch wenn ich das Gefühl hatte, dass ich hier in Grünstadt noch nie so hohe Temperaturen erlebt hatte und wir wohnen schon seit Frühsommer 1999 in Grünstadt. Am 26.08.2016 wurden hier in Grünstadt-Sausenheim 40,6 Grad gemessen. In beiliegender Tabelle habe ich die Temperaturmaxima der letzten zehn Jahre der besagten Wetterstation sowie die Anzahl der Hitzetage, also der Tage über 30 Grad eingetragen.

JahrTemperaturDatumHT
2025[1]38,102.07.202511
202434,913.08.202418
202335,409.07.202318
202237,304.08.202230
202124,718.06.20217
202035,509.08.202017
201938,425.07.201925
201835,431.07.201827
201734,719.07.201716
201640,626.08.201621
20153907.08.201529

T.1 Jahrestemperaturhöchstwerte und Anzahl der Hitzetage der Klimastation „Grünstadt-Sausemheim“ (Agrarmeteorologie Rheinland-Pfalz )zwischen 2015 und 5 Juli 2025.

Ich bin zwar kein Klimatologe, aber man wird schon sagen können, dass Grünstadt und die Unterhaardt, wohl durchaus zu den Regionen in Deutschland gehört, in denen überaus hohe Sommertemperaturen erreicht werden, Temperaturen die durchaus denen im Mittelmeerraum ähneln. Weshalb ich diese vergangen Hitzeperiode Ende Juni/Anfang Juli als so belastend empfunden habe, weiß ich nicht so genau. Vielleicht liegt es am Alter, vielleicht auch an den mit der „Maladie de Mitterrand“ einhergehenden Komplikationen[2]. Solche Hitzeperioden kannte ich natürlich schon aus dem mediterranen Südfrankreich oder auch aus meinen „années Tunisiennes“ also meiner beruflicher Tätigkeit in Tunesien[3]. Rückblickend muss ich sagen, dass abgesehen davon, dass ich diese Hitzeperioden erheblich besser wegsteckte, bzw. ich früher dieses „trockene“ Hitze sogar richtig mochte, – das lag bestimmt auch daran, dass ich wesentlich jünger war. Aber das alltägliche Leben war dort in Südfrankreich rund um Nîmes auch der Hitze angepasst, die Wohngebäude auch ohne Klimaanlagen im Sommer kühl.  Das Landleben im Hochsommer rund um das kleine Dorf Aubord in der Ebene der Vistrenque südwestlich von Nîmes in der meine Großeltern lebten, spielte sich in den frühen Morgenstunden ab[4]. Die  Feldarbeit begann mit dem Sonnenaufgang und dauert bis in die Mittagsstunden danach war erst mal „Sieste“ – die Mittagsruhe. Danach wachte das Leben erst in den wieder Abendstunden auf. Selbst in der Großstadt „Nîmes“ waren im Hochsommer die Straßen und Plätze in den 1970er und auch in den 1980er Jahren fast menschenleer. Doch die Landarbeit in Südfrankreich rund um Nîmes hat sich auch gewandelt, wie unlängst eine Reportage von „  Agathe Beaudouin“ im Le Monde „Dans le Gard, les ouvriers agricoles face à la canicule : « Plus il fait chaud, plus il faut ramasser les fruits[5] » zeigte, – nur an besonders heißen Tagen wird nur bis 14 Uhr 30 gearbeitet. Und der Großteil der Erntearbeiter kommt aus dem Ausland, hauptsächlich aus Ecuador und Kolumbien. Weiterhin besaßen meine Großeltern ja auch eine Ferienwohnung in der von Georges Candilis in den 1960er Jahren entworfenen Ferienanlage Port Leucate. Sie hatten sich diese Ferienwohnung als sie in Eckbolsheim wohnten als „Sommerfrische“ in den 1960er Jahren gekauft um der Sommerschwüle im Großraum Strasbourg zu entkommen[6]. Und tatsächlich war die Griffouliere[7] so verschattet gebaut, dass es auch im Hochsommer immer angenehm kühl war. Und soweit es Port Leucate betrifft, waren die Tageshöchsttemperaturen bei der diesjährigen „Canicule“ an der Klimastation von Meteo France[8] auf dem Cap Leucate doch erheblich geringer als die in Wetterstation Grünstadt Sausenheim gemessenen Temperaturwerte.

Der Klimawandel wird uns hier auch hier in Mitteleuropa vor gewaltige Herausforderungen stellen. Vor der Gefahr zunehmender Waldbrände durch den Klimawandel warne ich ja schon seit Jahrzehnten. Aber was mir selbst bis vor einigen Jahren nicht so richtig klar war ist, dass unsere Gebäude, Schulen, Altenheim, Krankenhäuser nicht für solche hohen Temperaturen ausgelegt sind. So frage ich mich, ob man bei der Modernisierung des Kreiskrankenhaus Grünstadt an den Klimawandel, den Anstieg der Temperaturen im Sommer, den Hitzeschutz mitbedacht hat [9] ? Die durch den Klimawandel häufiger werdenden Hitzewellen werden die Frage des Hitzeschutzes und auch der Notwendigkeit von Klimanlagen in Krankenhäusern, Altenheimen und Schulen neu diskutiert werden müssen. Canicule ist übrigens das französische Wort für Hitzewelle. In Frankreich werden die Hitzewellen seit 1947 inventarisiert, – die Hitzewelle die Grünstadt die 38.1 Grad bescherte war übrigens die fünfzigste  seit 1947 in Frankreich[10].  Soweit ich informiert bin fehlt so eine Statistik für Deutschland.

Aus der französischen Statistik lässt sich entnehmen, dass die Frequenz, die Dauer und die Intensität der „Canicule“ immer mehr zunimmt[11]. Ich gehe mal davon aus, dass das in Deutschland ähnlich sein wird, auch wenn ich dazu so nichts finden konnte, außer der kleinen DWD-Notiz „Markante Hitzewellen seit 1950“ aus dem Jahr 2017. Sehr informativ fand ich in diesem Zusammenhang den Aufsatz von Claudia Winklmayr et al „Heat in Germany: Health risks and preventive measure[12] aus dem Jahr 2023.

Die Herausforderungen, die der Klimawandel für Mitteleuropas mit sich bringt gehen weit über den Hochwasserschutz oder die Erhöhung „Waldbrandrisiken“ mit denen ich mich auch beruflich befasst habe  hinaus[13],[14]. Im letzten Jahr betreute ich beispielsweise eine Abschlussarbeit über die Einsatzmöglichkeiten von amphibischen Löschflugzeugen zur Waldbrandbekämpfung in Baden-Württemberg[15]. Mir scheint, dass vor allem die Risiken für Daseinsvorsorge und Gesundheit in Deutschland noch nicht richtig zur Kenntnis genommen werden. Und überhaupt scheinen die Risiken, die der Klimawandel für Deutschlands Zukunft bergen bei der aktuellen Bundesregierung kaum präsent zu sein, – sie werden förmlich in den Hintergrund gedrängt. Das ist wirklich besorgniserregend! Wie ich es schon im Beitrag „Klimakleber vor dem KIT“ im November 2023 schrieb – dass ich jemals mit der Bahn ans KIT pendeln werde – erschien schon damals utopisch – jetzt mit der neuen Bundesregierung wird es quasi unmöglich gemacht. Eine klimagerechte Verkehrs- & Energiepolitik scheint mit dieser Bundesregierung in weite Ferne gerückt[16]. Das Wort „Klimaresilienz“ scheint für die aktuelle Bundesregierung ein unbekanntes Fremdwort zu sein[17]. Man wird sich an Hitzeperioden, Waldbrandgeruch in der Luft, Hochwasserszenarien gewöhnen müssen. Und letztlich wird man auch nicht darum herum kommen Klimaanalagen in Krankenhäuser[18], Schulen und Altenheimen einzubauen. Und zwar unabhängig davon wer gerade den Kanzler stellt,  welche Parteien die Bundesregierung stellen.

Christophe Neff, Grünstadt im  Juli 2025

P.S. 06.07.2025 20:15 : Auch wenn ich die Radiosendung „Wie wirkt sich der Klimawandel auf unsere Gesundheit aus? – Extremes Wetter, wie beispielsweise eine Hitzewelle, wirkt sich auf die Gesundheit des Menschen aus. Alina Herrmann untersucht gesundheitliche Folgen und Präventionsmaßnahmen.“ auf SWR-Kultur erst nach dem Erstellen dieses Blogbeitrages gehört habe, denke ich, dass diese Radiosendung den von mir verfassten Text sehr gut ergänzt.


[1] Werte 2025 bis einschließlich Freitag, 04.07.2025.

[2] Maladie de Mitterand = in Frankreich zumindest in der „Generation Mitterrand“ gängige Bezeichnung für Prostatakrebs, siehe u.a. „Wintersonnenwende 2024“ und „Cahiers de maladie (Cancer de la prostate)“.

[3] Siehe u.a « Impressions du « Deuxième Symposium International de l’AGT : « Territoires, Changements globaux et Développement Durable», 12-17 novembre 2018, Hammamet –Tunisie » » und « Les belles de Tunis sont en deuil » sowie « Villa Jasmin – quelques pensées personnelles en vagabondant sur le téléfilm de Férid Boughedir ».

[4] Die Bedeutung vom Sommerreisen zu den französischen Großeltern für Menschen mit deutsch-französischem Hintergrund ist sehr schön dargestellt in Nils Minkmar’s Blogbeitrag „Die große Pause“.

[5] Siehe Agathe Beaudouin « Dans le Gard, les ouvriers agricoles face à la canicule : « Plus il fait chaud, plus il faut ramasser les fruits  – Dans le département du sud de la France, en vigilance orange ce week-end, la récolte des fruits bat son plein. Les journées commencent le plus tôt possible pour éviter la chaleur, mais le travail reste harassant. », Le Monde, 29.06.2025.

[6] Siehe u.a. „Se ressourcer – auftanken, – über versteckte Orte in der Zeit vom 14. Juli 2022 – und andere Ferne und Nahe „Aufladestationen““.

[7] Wohnviertel in Port Leucate, – mit dem Kyklos, den Clapotis einer der ersten Ferienwohnanlagen von Port Leucate.

[8] Die Messwerte der Meteo-France Klimastation „Cap Leucate“ lassen sich hier auf dem Site von Infoclimat einsehen.

[9] Siehe u.a.:  Christopher Lennart Vogel „Krankenhaus-Sanierung: Kreistag gibt grünes Licht – Das Kreiskrankenhaus Grünstadt soll umfassend modernisiert werden. Der Kreistag hat der Planung am Montag zugestimmt. Wird so die Gesundheitsversorgung im Landkreis gesichert?“. Die Rheinpfalz, 27. Mai 2025.

[10] Siehe auch « Canicule : 84 départements en vigilance orange, l’« épisode caniculaire intense » s’étend sur toute la France. Les températures pourront dépasser localement les 40 °C durant cette vague de chaleur. Son « paroxysme » est attendu en milieu de semaine, avec « des minimales très élevées, comprises entre 20 °C et 24 °C », dit Météo-France. », Le Monde, 30.6.2025.

[11] Siehe u.a. « Changement climatique : quel impact sur les vagues de chaleur ? », Meteofrance 15.06.2025

[12] Winkelmayer, C. et al. (2023): Heat in Germany: Health risks and preventive measures. Journal of Health Monitoring · 2023 8(S4), DOI 10.25646/11651 , Robert Koch Institute, Berlin

[13] Hieranbei die ersten Blogartikel von Paysages zum Zusammenhang von Klimawandel und Zunahme von Waldbrandrisiken „Feux de forêts et lectures de paysages méditerranéens: (Écologie et biogéographie des forêts du bassin méditerranéen ; The Nature of Mediterranean Europe – an Ecological History ; Le feu dans la nature – mythes et réalité)”, « 1949 – l‘incendie meurtrier dans la Forêt des Landes », « The Fatal Forest Fire – remembering the “1949 Mega fire” in the „Forêt des Landes” (South West France) ».

[14] So setzte ich mich schon seit „Jahrzehnten“ für den Einsatz von amphibischen Löschflugzeugen zur Waldbrandbekämpfung in Deutschland ein. Siehe u.a. „Neff, C. (2010): Waldbrände in Mitteleuropa – Bestandsaufnahme und Zukunftsszenarien. Was kommt auf die Feuerwehren im Lkr. Rottweil zu? (DOI: 10.5445/IR/1000149170, KITopen) , „Sommer 2015 – zur Waldbrandgefahrenlage in der Raumschaft Schramberg (17.08.2015)“ sowie das Interview „Drohen uns Waldbrände, die Pfälzer Siedlungen verschlingen?“ vom 28.06.2022 in der Rheinpfalz.

[15] Vgl. Volk, Steffen (2024): Einsatzpotentiale von amphibischen Löschflugzeugen in Baden-Württemberg. Bachelorarbeit, Bachelor of Education, Geographie, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), (Betreuung Dr. C. Neff & Dr. C. Mager KIT-IFGG), DOI: 10.5445/IR/1000185792 (KITopen).

[16] Hierzu auch der Spiegel Kolumnist Christian Stöcker : „Die Welt verändert sich gerade in wachsendem Tempo, und zwar in beängstigender und rettender Weise gleichzeitig. Eine Bundesregierung, die beides aktiv ignoriert und auf die Technik von vorgestern setzt, tut auch der deutschen Wirtschaft keinen Gefallen. Sie legt die Weichen für den Zug Deutschland um in Richtung Abstellgleis.“ „Energiepolitik unter Friedrich Merz Schwarz-rot regiert für eine Parallelrealität“, der Spiegel, 06.07.2025.

[17] Siehe hierzu: Petra Pinzler & Bernd Ulrich „Wie ausgestorben Die Regierung schreibt die Umwelt- und Klimapolitik ab. Sie schadet damit der Bevölkerung – und sich selbst.“ Die Zeit, Nr. 28/2025, Aktualisiert am 5. Juli 2025.

[18] Siehe hierzu auch:  Philipp Kollenbroich „Hitzeschutz Warum sind deutsche Intensivstationen nicht klimatisiert? Hitze wird häufiger und intensiver. Räume zu kühlen, könnte Leben retten. Doch die Technik wird in Deutschland geschmäht.“ Der Spiegel, 32/2024, 03.08.2024.

Blognotice 22.06.2025: canicule et Fête de la musique & Dictionnaire amoureux de Pouchkine

Décidément la canicule transforme le « Oberrheingraben » en véritable fournaise[1]. Pour une fois, qu’on aurait pu visiter la Fête de la musique à Wissembourg ! Mais cette chaleur estivale précoce me semblait pas trop invitant pour passer l’après midi et la soirée à Wissembourg. J’aurais en plus pu chercher les livres pour ma collection de la pléiade chez Willy Hahn dans sa belle petite libraire « à livre ouvert ». J’ai donc passé cet après midi avec  la lecture – et je me suis plongé dans le « Dictionnaire amoureux de Pouchkine » de André Markowicz que j’avais découvert grâce au billet « Pouchkine, c’est la Russie » de Pierre Assouline dans la République des livres. C’est le premier dictionnaire amoureux que je lis en version epub, – mais le manque de place dans ma bibliothèque m’oblige de plus en plus d’acheter et de lire de livres électroniques[2] ! Je me plonge donc dans le Monde de Pouchkine, pense au Monde de Eugène Onéguine, je me souviens de l’opéra de Piotr Ilitch Tchaïkovski, la version allemande  Acte II, Scène 2: Aria. „Wohin, wohin seid ihr entschwunden“ de l‘aria de Lenski interprete par Fritz Wunderlich. Je croise le monde des décabristes, les tableaux de Ivan Aïvazovski, la mer… partir vers la mer en villégiature pour échapper à cette chaleur lourde du « Oberrheingraben », ou vers les hauteurs en Forêt Noire ou dans le Vosges avec quelques livres à bord. On peut toujours rêver ….. mais je n’ai toujours pas dépassé la lettre A.

Mais la réalité ne se laisse guerre tromper,- je pense avec tristesse à la poète iranienne Parnia Abbassi morte sous les bombes de la première attaque israélienne  sur Téhéran[3]. Les victimes de la guerre ce sont toujours les innocents. Il y une petit notice dans la wikipedia.nl sur la vie et l’œuvre bien trop courte de Parnia Abbassi[4].  Je continue mes lectures du Samedi, Pouchkine d’une part et la Mage du Kremlin d’une autre part. Il m’arrive assez souvent de lire plusieurs livres à la fois. Et surtout je ne change pas le sort d’événements géopolitiques. Mais je pense souvent aux habitants des villes iraniennes. Ils sont les victimes d’un régime sanguinaire, – et maintenant en plus ils doivent subir les bombardements aériennes sans aucune protection contre les attaques aériennes…

Je reviens à mes lectures du Samedi, – je pense et j’espère qu’un jour le Nationaltheater Mannheim, va reprendre les Opéras russes ……j’aimerais bien un jour assister à Eugène Onéguine.

Je pense aussi que la traduction française d’Eugène Onéguine par André Markowicz n’existe pas en version epub. C’est dommage, j’aurais bien aimeé de la lire. Et dans ma collection « la Pléiade » il me manque les L’œuvres de Michel Lermontov et d’Alexandre Pouchkine.  Et il me semble bien que dans ce volume de la Pléiade (Bibliothèque de la Pléiade, n° 245)  il manque Eugène Onéguine.  Je n’ai pas encore fini la lettre A, mais j’ai sauté quelques pages pour lire le chapitre sur Eugène Onéguine dans le « « Dictionnaire amoureux de Pouchkine » de André Markowicz, – et je pense que déjà ce chapitre est une invitation a se procurer ce livre.  Au moins pour les amis de la littérature russe !  

Bibiliographie :

Da Empoli, Giuliano (2022) : Le mage du Kremlin. Roman. Paris, 2022, Éditions Gallimard, 21 mars 2022, ISBN 978-2-07295819-9

Markowicz, André (2025) : Dictionnaire amoureux de Pouchkine. Dessins d‘ Alain Bouldouyre d’apres Alexandre Pouchkine. Paris, 2025 , © Éditions Plon, un département de Place des Éditeurs, 2025, ISBN 978-2-259-31829-7

 Christophe Neff, Grünstadt écrit le 22.06.2025, publié le 23.06.2025


[1] Voir aussi « Avec la canicule, l’été débute et la France suffoque déjà : « Impossible de dormir avant 3 heures du matin » LeMonde, 21.06.2025

[2] Voir aussi  « Une liseuse „Tolino“ pour délester ma bibliothèque ».

[3] Voir „Bei Luftangriff auf Teheran getötet PEN Deutschland trauert um junge iranische Lyrikerin

Beim israelischen Luftangriff auf einen Gebäudekomplex in Teheran wurden Parnia Abbasi und ihre Familie getötet. Die junge Frau schrieb Gedichte, eines wurde in einer Literaturzeitschrift veröffentlicht. Der Spiegel, 18.06.2025.

[4] Voir „Parnia Abbasi“, wikipedia.nl

Zum Welttag des Tagebuches am 12. Juni 2025

Am Morgen, des Donnerstag 12 Juni erfahre ich im Radio, dass es einen Welttag des Tagebuches gibt (Kurzform Tag des Tagebuchs)[1]. Also zwei Tage nach meinem 61. Geburtstag. Tagebuch schreibe ich schon seit gefühlten Ewigkeiten, ich würde mal sagen, so ca. 45 Jahre. Über das Tagebuch schreiben hatte ich auch schon vor ein paar Wochen im Beitrag „Blognotiz : Palmsonntag 13.04.2025“ ein paar Zeilen verfasst. Abgesehen davon, dass ich selbst Tagebuch schreibe, hatte ich mich schon immer fürs Tagebuchschreiben interessiert, wusste dass es in Emmendingen ein deutsches Tagebucharchiv gibt[2], aber von einem Tag des Tagesbuches hatte bis zu diesem Donnerstagmorgen noch nie etwas gehört. Nach dem „Hören“ des besagten Tagebuchrundfunkbeitrags suchte ich nach einem Eintrag „Welttag des Tagebuches“  bzw. „Tag des Tagebuch“ in der deutschen Wikipedia, aber da scheint dieser Tag doch noch nicht vorhanden zu sein. Eine Suche auf Französisch unter „Journée mondiale du journal intime“ führt auch zu keinem besseren Ergebnis. Hingegen finde ich bei Weka France einen Hinweis auf eine „Journée mondiale du blog 2025“, also sozusagen einen Welttag des Blogs. Auch auf Englisch konnte ich unter „World Diary Day“ nichts Verwertbares finden.

Der Tag des Tagebuches bzw. der Welttag des Tagebuches scheint wohl nur im deutschen Sprachraum bekannt zu sein. Er soll an den 12 Juni 1942 erinnern, als Anne Frank von ihrem Vater ein Notizbuch erhielt und mit dem Tagebuchschreiben begann[3]. Dieses Notizbuch sollte die Grundlage des berühmten „Tagebuches der Anne Frank“ werden. Wer diesen Tagebuch Gedenktag, den man wohl nur im deutschsprachigen Raum kennt, initiiert hat, das konnte ich bei meiner kleinen Recherche nicht herausfinden. Ich habe das Tagebuch der Anne Frank zum ersten Mal wohl als „Unterstufenschüler“ gelesen, so in der 6. oder gar 7. Klasse. Das Buch hatte mich ziemlich aufgewühlt, aber zum Tagebuch schreiben hat es mich bestimmt nicht bewegt. Ich hätte es auch schon fast als verwerflich empfunden mich an Anne Franks Tagebuch zu orientieren.

Überhaupt – was bewegt einem zu Tagebuch schreiben ? Was hat mich als Mittelstufenschüler des Gymnasium Schramberg Anfang der 1980 Jahre, oder sogar früher, bewogen ein Tagebuch zu führen? Tagebuch, welches ich bis zum heutigen Tage mehr oder weniger regelmäßig bis zum heutigen Tag mit „Tagesnotizen“ fülle.

In meinem persönlichen Umfeld gab es meinen französischen Großvater Jean Migliori, der regelmäßig ein „Journal“ führte. Er notierte mit Akribie das lokale Wettergeschehen, – und kommentierte das Weltgeschehen. Das Weltgeschehen das war vor allem die Lektüre seiner geliebten Tageszeitung – dem Le Monde. Wetteraufzeichnungen, das Festhalten seines Gesundheitszustandes und die Kommentare zu einzelnen Artikel aus der „Le Monde“ – und hier und da ein paar Zeichnungen – das war sein Tagebuch. Manchmal las er mir auch abschnittsweise daraus vor. Und für uns seine deutsch-französischen Enkelkinder aus Schramberg-Sulgen en „Forêt –Noire“ hat er auch mal eine ganze Bildergeschichte gezeichnet[4]. Heute würde man das als eine Graphic Novel bezeichnen. Ich denke, dass zumindest bei mir das Tagebuch Schreiben meines Großvaters Jean Migliori einer der Beweggründe war, dass ich selbst eines führte. Und ich wurde durch die gemeinsame Lektüre des Monde zum Le Monde Leser, und irgendwann dann auch zum Abonnenten von Le Monde. Und dieser Blog begann ja auch im Mai 2009 als Abonnentenblog der Tageszeitung Le Monde[5] vor über 16 Jahren.

Und was den Blog paysages betrifft – angesichts der derzeitigen Entwicklung in den Vereinigten Staaten von Amerika – muss ich leider feststellen – dass meine Befürchtungen, die ich in „Blognotice “27.10.2024” :  America where are you going ?“ niedergeschrieben hatte leider immer mehr zur Realität werden. Ich hätte es mir anderes gewünscht – und ich hoffe trotz allem, dass die USA immer noch eine Demokratie bleiben! Der aktuelle Spiegel, – hat den Entwicklungen in den USA – seine aktuelle Titelstory gewidmet „ Will man da noch hin“? Soweit die USA eine liberale Demokratie bleiben, würde ich bestimmt einmal dahin wollen. Als Kind und Jugendlicher habe ich ja immer von einer Reise in die USA geträumt. Aber zurzeit erscheint mir eine Reise unter der Präsidentschaft von Donald Trump weder wünschenswert noch durchführbar.

Am Tag des Tagebuch 2025 schrieb ich dann auch noch einen kurzen Tagebucheintrag. Ich verbrachte auch wieder viel Zeit bei der Hausärztin/meiner Urologin. Die Maladie de Mitterrand, – und die ganzen damit verbunden postoperativen Komplikationen bestimmen meinen Tagesablauf. So hatte ich mir das vor über einem Jahr, Ende Juni 2024 kurz vor der totalen Prostatektomie bestimmt nicht vorgestellt. Aber grundsätzlich habe ich ja eine gute Prognose, – und man muss trotz aller Widrigkeiten die einem Begegnen das Beste daraus machen. In Deutschland ist der Begriff „Maladie de Mitterrand“ quasi unbekannt, ich hatte schon im Winter darüber geschrieben[6]. Dafür hat die Diagnose Prostatakrebs durch Veröffentlichung der Prostatakrebsdiagnose des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Joe Biden auch in Deutschland einer erhöhte Medienaufmerksamkeit bekommen[7]. In diesem Zusammenhang fand ich den Artikel der Spiegeljournalistin Irene Berres „Prostatakrebs ertasten? Was Männer über Früherkennung wissen müssen“ besonders gelungen. Im Grunde genommen sollte jeder Mann über 40 diesen Artikel lesen.

Im Tagebucheintrag des 14 Juni findet sich auch eine Notiz über den Air India Absturz, also den Absturz des Air-India-Flug 171 am Morgen des 12. Juni. Ich musste da gleich an Kindheitstage denken, denn für mich war damals der Name Air India mit Flugzeugkatastrophen im Montblanc Massiv verbunden. Das war der Air-India-Flug 245, also die Lookheed-749A « Malabar Princess » die am dritten November 1950 am Rocher de la Tournette Montblanc Massiv zerschellte.  In Frankreich wurde dieses Flugzeugunglück „Accident du Malabar Princess“ genannt. Dieses Ereignis hat auch das kulturelle Gedächtnis Frankreichs geprägt, – so schrieb Henry Troyat den Roman „la neige en deuil“ – der dann die Vorlage für den amerikanischen Spielfilm „der Berg der Versuchung (the mountain)“ von  Edward Dmytryk mit Spencer Tracy in der Hauptrolle bildete. Mich hatte dieser Spielfilm, den ich auch als Kind mehrfach gesehen hatte schwer beeindruckt. Sechzehn Jahre später , am 24 Januar 1966, zerschellte dann eine weitere Air India Maschine im Montblanc Massiv, – es war der Air-India-Flug 101.

Am Welttag des Tagebuches habe ich auch noch ein bisschen gelesen, so wie ich es fast jeden Tag tue. Die Anfrangskapitel des Buches„Das Camembert-Diagramm – Ein etwas anderes Frankreich Porträt“  der Spiegel Journalistin Nadia Pantel. Das Buch ist eine Art neuer geographische Landeskunde im Sinne einer „Gastogeographie“ – „géographie gastronomique“ Frankreichs[8]. Das Buch entdecke ich durch den im Spiegel abgedruckten Auszug „Steak frites und Nationalismus“. Auch schon vor der Lektüre dieses interessantes Text war mir klar, dass Steak frites – und in manchen Gegenden Frankreich auch Moules frites den Charakter eines Nationalgerichtes haben. Ich selbst verbinde die beiden Gerichte auch mit der gastronomischen Geographie Frankreichs bzw. der Frankophonie da man ja Moules frites durchaus auch Belgien zuordnen könnte und beide Gerichte schmecken mir außerordentlich gut. Wobei man sagen muss, dass es immer noch schwer ist ein gutes Steak frites – und das Steak wohlgemerkt „saignat“ in Deutschland im Restaurant zu finden. Gleiches gilt auch für ein schönes Moules frites Gericht. Aber dazu könnte man auch hinzufügen, dass man außerhalb Schwabens in Deutschland keinen guten Wurstsalat finden kann[9]. Vielleicht schreib ich ja irgendwann etwas mehr über dieses interessante Buch von Nadia Pantel. Abschließend sollte man noch bemerken, dass es in der deutschsprachigen Wikipedia keinen Artikel über das Steak Frites gibt, – hingegen findet man ein kleines Artikelchen über die Moules frites.

Und dann las ich auch noch ein paar Seiten in „Marseille – Die große Flucht der Literatur“ des Publizisten Uwe Wittstock[10]. Das Buch hatte mir ein Freund vor der Prostataop geschenkt, – und ich hatte auch schon ein paar Seiten darin gelesen, – und nun habe ich es ein Jahr nach der OP endlich zu Ende gelesen. Es ist ein hervorragendes Buch, über das vielleicht auch einmal mehr schreiben sollte. Es ist ein Buch das auch meine eigene persönliche Familiengeschichte tangiert, ja das Tagebuch schreiben in einem gewissen Sinne berührt. Es waren die Ereignisse in Montoire, also die Entrevue de Montoire am 24.10.1940 die meine französischen Großeltern in die Résistance trieben[11]. Montoire das war der Beginn der Kollaboration zwischen Vichy – Frankreich und Nazi-Deutschland.  In Uwe Wittstocks Buch begegnet man den „Ereignissen von Montoire“ auf der Seite 231. Diese offizielle Kollabaration zwischen Vichy-Frankreich und Nazi-Deutschland empörten das Volkschulslehrerehepaar Jean Migliori und Germaine Migliori née Monasse so sehr, dass Sie sich der jungen Widerstandbewegung der Résistance anschlossen. Und so kam ich als Enkel des „Instituteur“ und „Resistant“ Jean Migliori, Sohn italienischer Einwanderer, zum Tagebuch Schreiben. Durch meinen Großvater der mir die Freude am Schreiben, am Tagebuch führen an seinem Schreibtisch in Aubord in den 1970er Jahren vermittelte. Tagebuch hat er wohl mindestens seit Mitte der 1930er geführt als er seine Stelle als Volkschullehrer in Hussigny antrat. Und dieses Tagebuch fütterte er relativ regelmäßig bis zu seinem Tod im Jahr 1980 im südfranzösischen Nîmes mit Tagebuchnotizen und Bildskizzen. 

Abschließend sei noch hinzugefügt, dass das „Tagebuch Schreiben“ angeblich zur Zeit eine kleine Renaissance erfährt. Die Coronaepedemie und die daraus folgenden Lockdowns sollen zu vermehrten Tagebuch führen geführt haben[12]. Ich habe da doch so meine Zweifel, ob diese sogenannte „Tagebuchrenaissance“ wirklich nachhaltig war, ja ob sie überhaupt jemals stattgefunden hat. Ich kenne jedenfalls niemanden aus dem erweiterten Freundes und Bekanntenkreis der dauerhaft über Jahre ein Tagebuch führt.

Bibliographie:

Anne Frank Fond (Hrsg); Frank, Anne; Pressler Mirjam (Übers.) (2024): Anne Frank Gesamtausgabe : Tagebücher – Geschichten und Ereignisse aus dem Hinterhaus – Erzählungen – Briefe – Fotos und Dokumente.Anne Frank ; herausgegeben von Anne Frank Fonds, Basel ; aus dem Niederländischen von Mirjam Pressler ; mit Beiträgen von Gerhard Hirschfeld, Mirjam Pressler und Francine Prose, Fischer Taschenbuch Verlag Juni 2024, ISBN 978-3-596-71077-5 (Paperbackausgabe), ISBN 978-3-10-402068-6 (E-Book/epub)

Pantel, Nadia (2025): Das Camembert-Diagramm. Ein etwas anderes Frankreich Porträt. Copyright © 2025 by Rowohlt · Berlin Verlag GmbH, Berlin, ISBN  978-3-644-02189-1

Wittstock, Uwe (2024): Marseille. Die große Flucht der Literatur,  © C.H.Beck,  oHg, München 2024, ISBN 978-3-406-81490-7

Bild: Scan des Tagebuch des Verfassers, Auszug des Eintrages vom 12.06.2025

Christophe Neff, Grünstadt im Juni 2025


[1] Hierzu „Tag des Tagebuchs – Kein Spiegel der Seele, aber wertvolle Zeitdokumente: Was Tagebücher uns verraten“, SWRKultur, 12.6.2025.

[2] Webpräsenz des „Deutschen Tagebucharchives“ in Emmendingen.

[3] Dazu u.a. „Heute ist Tag des Tagebuchs! , Literarisches Zentrum Gießen e.V. “ und „Tag des Tagebuchs am 12. Juni, Arbeitsstelle Holocaust Literatur 12.06.2023“.

[4] Les OVNI à Schramberg-Sulgen en  Forêt-Noire ! (Jean Migliori ca. 1971) (Titel aus dem Gedächtnis rekonstruiert)

[5] Zur Geschichte des Paysagesblog siehe auch « Paysages –   quinzième année d’existence sur la toile donc déjà cinq ans sur wordpress.com (billet trilingues français, allemand, anglais) ».

[6] Siehe u.a „Wintersonnenwende 2024“ und « Cahiers de maladie (Cancer de la prostate) »

[7] Siehe u.a. Irene Berres & Veronika Hackenbroch „Metastasen und Hormontherapie – Fortgeschrittener Prostatakrebs – was Joe Bidens Diagnose bedeutet. Die Nachricht ging um die Welt: Joe Biden hat Prostatakrebs. In diesem Stadium ist die Erkrankung nicht mehr heilbar, aber Therapien können ihr Fortschreiten verzögern.“ Der Spiegel, 20.05.2025

[8] Vgl. „Schwäbisch – Französische Lesenotizen zu „Mein Schwaben“ von Vincent Klink

[9] Siehe u.a. „Schwäbisch – Französische Lesenotizen zu „Mein Schwaben“ von Vincent Klink

[10] Eine lesenswerte Buchkritik des Buches schrieb Florian Ilies in der Zeit „ „Marseille 1940“: Die Schutzengel der Geschichte – Anschaulich und atemlos: Uwe Wittstock erzählt in „Marseille 1940“, wie flüchtende jüdische Intellektuelle vor der tödlichen deutschen Gefahr aus Frankreich gerettet werden konnten.“ Die Zeit, 08/2024, 16. Februar 2024

[11] Siehe u.a. « Quoi qu’il arrive, la flamme de la résistance française ne doit pas s’éteindre et ne s’éteindra pas (18.06.1940 – 18.06.2010) »

[12] Siehe u.a. „Tagebücher – Warum wir sie schreiben und wie die Forschung sie nutzt“, SWRKultur, das Wissen, 11.4.2025

Im wunderschönen Monat Mai – Mai 1945 Weltkriegsende in (West) – Europa

Ein Klavier steht in der Trümmerwüste, – ein paar Löwenzahnblüten schimmern gelb im grauen Schutt, – und dann erklingt eine Stimme und man hört die Dichterliebe, die Worte Heinrichs Heine in der Vertonung von Robert Schumann …..

Im wunderschönen Monat Mai[1],

Im wunderschönen Monat Mai,

Als alle Knospen sprangen,

Da ist in meinem Herzen

Die Liebe aufgegangen.

Im wunderschönen Monat Mai,

Als alle Vögel sangen,

Da hab ich ihr gestanden

Mein Sehnen und Verlangen.

(Heinrich Heine, Buch der Lieder, Lyrisches Intermezzo , Hamburg 1827, Hoffmann und Campe)

So stellte ich mir manchmal als Jugendlicher das Kriegsende im Mai 1945 vor. Bildlandschaft ähnlich der Bilder aus dem Film „zwischen Gestern und Morgen“ von Harald Braun, der ja tatsächlich im Frühjahr des Jahres 1947 in den Trümmerlandschaften der Stadt München gedreht wurde. Oder wie die Trümmerlandschaften Berlins im Wolfgang Staudte Film „die Mörder sind unter uns“.  Aber so hat es das wahrscheinlich nie gegeben, wobei selbst das nicht ganz unmöglich gewesen wäre …..

Bei den Schramms in Saulgau in Karlstraße gegenüber dem Bahnhof stand wohl 1945 ein Klavier im Hause. Aber Schuhmann Liederzyklus „Dichterliebe“  hat man wohl nicht darauf gespielt. Saulgau war vom Bombenkrieg quasi verschont geblieben. Trümmerlandschaften gab es dort nicht. Die gab es in Ulm und Friedrichshafen. Saulgau war ein kleines oberschwäbisches Städtchen voller Flüchtlinge im Mai 1945. Das große Sterben war vorbei, – Endlich ! Und in der Karlstraße gegenüber dem Saulgauer Bahnhof hoffte man, dass irgendwann die Männer der Neffs und der Pischls, die Brüder und Söhne der Familie zurück kommen würden. Dass der Krieg verloren war, das wusste man in meiner Familie seit Stalingrad[2]. Oder man hat es geahnt. Das habe ich als Kind, als sogenannter Kriegsenkel, selbst mitbekommen. Ich habe über diese Zeit schon in einem  Buchkapitel in einem Zeitzeugenbuch über die Zeit des Zweites Weltkrieges in Bad Saulgau berichtet[3]. Die Schatten des Weltkrieges wirkten bis in meine Kindheit nach. Nicht nur in meiner Familie, denn ich begegnete diesem Schatten während meiner Kindheit in der Raumschaft Schramberg überall. Darüber habe ich auch mehrfach schon in diesem Blog berichtet[4].  Im französischen Teil meiner Familie hat man im Mai 1945 vor allem gehofft, dass Libéro Casciola , ein Cousin meines Großvaters aus der deutschen Deportation lebend nach Hause kommen würde. Meine französischen Großeltern hofften das eigentlich bis an ihr Lebensende. Aber Libéro kam nie zurück[5]. Und meine Großmutter hoffte, natürlich inständig, dass der Krieg im Fernen Osten, in Indochina zu einem Ende kommen würde, – und ihr Bruder Victor die japanische Kriegsgefangenschaft überleben würde. Ja, und er kam dann auch nach der Kapitulation Japans im August 1945 stark abgemagert aber wohlbehalten zurück. Im Mai 1945 hatte man in Frankreich sehr viele Hoffnungen in die neue aus der Resistance und dem Gaullismus gewachsene neue IV Republik gesetzt[6]. Aber diese neue IV Republik scheiterte an ihren inneren Widersprüchen und vor allem an der Zukunft des „Empire colonial français“.  Das wusste man aber damals im Mai 1945 noch nicht. Die Ereignisse von Sétif in Algerien im Mai 1945 wurden im französischen Mutterland kaum wahrgenommen. Ich selbst habe davon erst Ende der 1980er Jahren als Student in einem der Romanistik Kurse von Mireille Zimmermann an der Universität Mannheim von diesen tragischen Ereignissen erfahren. Sétif, das war wohl der Anfang vom Ende des „Empire colonial français“ – des französischen Kolonialreiches. Für Frankreich waren mit dem Ende des zweiten Weltkrieges die Kriege nicht vorbei. Das ist so in Deutschland auch kaum bekannt. Während der Indochinakrieg im Wesentlichen die Sache von „Kolonialtruppen“ und der Fremdenlegion war, – wurde Frankreich vom Algerienkrieg, – den sogenannten „événements d’Algérie“ quasi zerrissen. Im Gegensatz zum Indochinakrieg und den anderen Kolonialkriegen, wurden in Algerien auch systematisch französische Wehrpflichtige in den Krieg eingezogen. Damit hatte der Krieg wieder Einzug in viele französische Familien gefunden.

Die IV Republik ist letztlich am Algerienkrieg zugrunde gegangen. Auch in meiner französischen Familie haben diese „“événements d’Algérie“ tiefe Spuren hinterlassen. Der Krieg als stetiger Begleiter des Tagesgeschehens in Frankreich endete erst mit den Verträgen von Evian 1962 und der algerischen Unabhängigkeit. Im Mai 1945 haben die Menschen beidseits des Rheines wohl einfach gehofft, dass bessere Zeiten anbrechen, – die Kriegsgefangenen und Vermissten wieder nach Hause kommen, die Familien wieder zueinander finden. Dass das „Sterben“ und das „Morden“ endlich aufgehört hatte.

Zum 80 Jährigen Kriegsende in Deutschland gab es wieder eine Vielzahl von Texten in den Medien, – von denen ich wahrscheinlich die wenigsten gelesen habe, wobei mich vor allem der Text von Susanne BeyerEine Suche in der Vergangenheit und was sie mit mir macht“ im Spiegel[7] und der Radiobeitrag „Das Kriegsende 1945 im Familiengedächtnis: Die Geschichte von Opa „Pépé Robert““ von Marie – Christine Werner sehr bewegt haben[8] . Die Lektüre von Susanne Beyers Text hat mich dann auch dazu veranlasst, mir ihr Buch „Kornblumenblau“ zu kaufen.

Sehr bewegt hat mich auch der Text „den Hass entlarven“ von Andreas Funke[9], der in der Rheinpfalz, sprich der Regionalausgabe „Unterhaardter Rundschau“, der am Samstag, den 10. Mai veröffentlicht wurde – und hier vor allem der Satz „Ich bin Jahrgang 1962, großgeworden mit Geschichten vom Krieg, fast damit überfüttert worden[10]. Ich bin zwar Jahrgang 1964 aber letztlich war es bei mir ähnlich. Der Krieg war in meiner Kindheit die ich vor allem in der Raumschaft Schramberg, aber auch in Saulgau, Eckbolsheim einem Vorort von Strasbourg und Aubord in Südfrankreich verbrachte überall, – da waren die Erzählungen aus dem Familien – und Freundeskreis, die Erzählungen der Schulkameraden – das Versehrtenschwimmen im Schwimmbad, die Suchmeldungen des roten Kreuzes, die noch hier und da an manchem Kaufhausschaufenster, beim örtlichen Friseur und in den Amtsstuben klebten. Manchmal hatte ich als Kind das Gefühl als wäre der Krieg ein dunkler Schatten über den man durchaus im privaten spricht, aber über den in der Öffentlichen Wahrnehmung kaum gesprochen wurde. Pazifist war ich im Gegensatz zu Andreas Funke nie. Davor hatte mich schon die französische Familiengeschichte bewahrt. Ohne Waffengewalt, – ohne Resistance und alliierte Landung in der Normandie – hätte es niemals eine „Liberation“ – eine Befreiung von den Schrecken der Naziherrschaft gegeben. Weder in Frankreich noch im Rest Europas. Folglich habe ich mich während des Grundwehrdienstes in der Luftlandebrigade 25 im Sommer 1985 in Calw zum Reserveoffizier ausbilden lassen[11], und danach eine Vielzahl von Wehrübungen abgeleistet bis ich meine Uniform und meine Ausrüstungsgegenstände im Oktober 2021 abgegeben habe[12].

Jeden Tag wenn ich aufstehe, schaue ich aus dem Fenster und Blicke in die aufgehende Sonne über dem Odenwald. Und seit Februar 2022 lese ich fast jeden Morgen von Luftangriffen auf die Ukraine. Auch die letzte Nacht gab es wieder Tote in Kyjiw durch russische Raketen und Drohnen. Der Krieg ist wieder nähergekommen. Wir hatten in (West)-Deutschland seit dem Ende des zweiten Weltkrieges sehr viel Glück von den ganzen Kriegen, die es seit Ende des zweiten Weltkrieges überall auf der Welt gab, nie direkt oder indirekt betroffen zu sein. Das ändert sich gerade. Die Zeit der großen Sorglosigkeit ist vorbei. Der Krieg tobt ein paar hundert Kilometer vor unserer eigenen Haustür und fordert jeden Tag seine Opfer. Man kann nur hoffen, dass dieser Krieg bald ein Ende findet, und die Ukraine als souveräner Staat und werdende Demokratie überlebt. Denn sollte die Ukraine nicht überleben, dann wird der Krieg uns in Deutschland mit fast unausweichlicher Sicherheit auch noch erreichen.

Blick über die Dächer von Grünstadt auf den Odenwald am frühen Morgen des 24.02.2025 6 Uhr 50, © Christophe Neff, 24.02.2025

Bibliographie:

Beyer, Susanne (2025): Kornblumenblau : Der geheimnisvolle Tod meines Großvaters 1945 und die Frage, was er mit den Nazis zu tun hatte. Eine Spurensuche – Ein SPIEGEL-Buch. München, 2025. Copyright © 2025 by Deutsche Verlags-Anstalt, München in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München, und SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG, 20457 Hamburg. ISBN 978-3-641-33099-6

Neff, Christophe (2023): Der Schramm, der Bahnhof und der Krieg. In: Scheck, Conny; Gelder, Maria Margarete (Hrsg): Aus dem Grau der Kriegszeit. Geschichten hinter der Geschichte. Spuren Lebendig Gemacht, Band III, Bad Saulgau Mai 2023, S. 252 – 259. (Ein PDF – Sonderdruck des Buchbeitrages kann in der KITOPEN Bibliothek heruntergeladen werden DOI: 10.5445/IR/1000159193)

Photo: Als Begleitphoto zu diesem Blogbeitrag habe ich eines meiner zahlreichen Photos – Blick über die Dächer von Grünstadt bei Sonnenaufgang auf den Odenwald ausgewählt. Es zeigt den Tagesanbruch des 24 Februar 2025, – den ich photographierte, weil sich an jenem Morgen der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine zum dritten Mal jährte ! © Christophe Neff, 24.02.2025

Grünstadt, im Mai 2025


[1] Fritz Wunderlich hat für mich bestimmt einer der schönsten Interpretation der Dichterliebe präsentiert, hier der Link zu einem Tondokument auf Youtube „Schumann: Dichterliebe, Op. 48: I. Im wunderschönen Monat Mai“

[2] Siehe u.a. „Neff, C. (2023): Der Schramm, der Bahnhof und der Krieg“ und „« Blognotiz 16.11.2014: Novembererinnerungen an Saulgau – Gedanken zum Volkstrauertag 2014 ».

[3] Neff, C. (2023): Der Schramm, der Bahnhof und der Krieg. . In: Scheck, Conny; Gelder, Maria Margarete (Hrsg): Aus dem Grau der Kriegszeit. Geschichten hinter der Geschichte. Spuren Lebendig Gemacht, Band III, Bad Saulgau Mai 2023, S. 252 – 259. (Ein PDF – Sonderdruck des Buchbeitrages kann in der KITOPEN Bibliothek heruntergeladen werden DOI: 10.5445/IR/1000159193)

[4] Siehe u.a. auf Deutsch « Blognotiz 16.11.2014: Novembererinnerungen an Saulgau – Gedanken zum Volkstrauertag 2014 » , « Blognotiz 13.03.2022: Erinnerungen an eine Bahnreise nach Saulgau im März 2010 »  , « Saulgau Oberschwaben Oktober 2022: Photos, Buchlektüren und Kindheitserinnerungen » , « „Net schon wieder Ulm“ : Über die Buchpräsentation „Aus dem Grau der Kriegszeit – Geschichten hinter der Geschichte“ in der Bad Saulgauer Stadthalle am Donnerstag den 25.5.2023  », « Erinnerungen  und Gedankenfetzen zu Martin Walsers autobiographischem Roman „ein springender Brunnen“ », « Lesenotizen zu „der Bücherfreund“ von Monika Helfer (Text) & Kat Menschik (Illustrationen) »  und auf Französisch  « Quoi qu’il arrive, la flamme de la résistance française ne doit pas s’éteindre et ne s’éteindra pas (18.06.1940 – 18.06.2010) » , « Blognotice 6.5.2011 : – souvenir d’une longue attente pour un enfant du Pays-Haut mort en déportation », « Blognotice 22.01.2013: pensées personnelles franco-allemandes sur le cinquantième anniversaire du Traité de l’Elysée », « Notice de lecture « Simone Morgenthaler : Sur la route avec Tante Jeanne » » um hier nur die wichtigsten Texte aus meiner Feder zu nennen.

[5] Siehe u.a. : « Blognotice 6.5.2011 : – souvenir d’une longue attente pour un enfant du Pays-Haut mort en déportation » in diesem Blog.

[6] Siehe auch Michel Winok (2025): Michel Winock, historien : « Depuis la seconde guerre mondiale, la France a perdu son rôle d’exportatrice des idées politiques » La Résistance rêvait d’instaurer un nouveau régime démocratique. Les tensions partisanes ont perturbé la gestation du projet, et la France a fini par passer d’un excès (le régime d’assemblée) à l’autre (le bonapartisme), explique le spécialiste de la vie politique française dans un entretien au « Monde ». LeMonde.fr, 20.05.2025.

[7] Susanne Beyer (2025): Eine Suche in der Vergangenheit und was sie mit mir macht. Ein Essay von Susanne Beyer.

[8] Werner, Marie-Christine (2025): „Lagerhaft und Zwangsarbeit in Deutschland. Das Kriegsende 1945 im Familiengedächtnis: Die Geschichte von Opa „Pépé Robert““ Radiobeitrag, SWRKultur 08.10.2025

[9] Über den evangelischen Pfarrer in Grünstadt Andreas Funke habe ich in diesem Blog schon mehrfach berichtet u.a. in « Souvenirs des chants d’Israël, « La Caravane des Cavaliers  (Chayreth Harochvim) » » und « Blognotiz 27.04.2025: Ostern 2025 „Mulier, quid ploras? – Frau warum weinst du ?“ »

[10] Funke, Andreas (2025): Den Hass entlarven. Krieg soll nach Gotteswille nicht sein. In: Über den Kirchturm hinaus, Unterhaardter Rundschau, die Rheinpfalz, Nr. 108, Samstag 10.05.2025. Internetausgabe unter : Grünstadt: Pfarrer Andreas Funke über Kriegserlebnisse und Friedensgenerationen. Die Rheinpfalz 07.08.2025.

[11] Siehe u.a.  « Ottmar Schreiner – Sozialdemokrat, Fallschirmjägeroffizier und Katholik (21.04.2013) »  und Himmelheber, Martin (2017): „Schramberger Auswärts Wissenschaftler Christophe Neff Feuer und Flamme für Waldbrände“ , Der Stadtwerker, Kundenzeitschrift der Stadtwerke Schramberg, DOI: 10.5445/IR/1000164977  .

[12] Siehe u.a. « Die Truppen des Zaren Putin greifen die Ukraine an! (Übertragung der « Blognotice 24.02.2022: les troupes du Tsar Poutine attaque l’Ukraine » aus dem Französischen) ».

Blognotiz 27.04.2025: Ostern 2025 „Mulier, quid ploras? – Frau warum weinst du ?“

vor der österlichen ökumenischen Auferstehungsfeier, Grünstadt, © Christophe Neff 20.04.2025

Am Ostersonntag lief ich in aller Früh, wie so oft an Ostersonntagen, auf den Grünstadter Friedhof um an der österlichen Ökumenischen Auferstehungsfeier teilzunehmen[1].  In diesem Jahr wurde die Feier vom evangelischen Pfarrer Andreas Funke und dem katholischen Pfarrer Benno Riether durchgeführt. Während des kleinen Spazierganges von zuhause zum Grünstadter Friedhof, lauschte ich dem morgendlichen Vogelkonzert. Man konnte einen Kuckuck hören, – ein paar Halsbandsittiche kreischten aufgeregt in den Morgenhimmel, und in der Ferne war das Klopfen eines Spechtes zu vernehmen. Seit Corona führe ich ein „Vogeltagebuch“ – und ich frage mich, wann in diesem Jahr die ersten Mauersegler am Grünstadter Stadthimmel auftauchen werden und ihre Runden über den Dächern und Gassen der Stadt Grünstadt drehen. Im letzten Jahr konnte ich schon am 16. April den ersten Mauersegler sehen. Dauerhaft zu sehen waren die schwarzen Segler erst ab dem vierten Mai 2024. In Regel ziehen sie dann Ende Juli/Anfang August in den Süden[2]. Ansonsten war es ein stiller Morgen – kein Autolärm auf dem Westring, fast schon österliche Stillte, – auch das Rauschen der Autobahn war nicht vernehmbar. Ich dachte an den Papst Franziskus und sein Engagement für die christliche Gemeinde in Gaza. Später als ich nach der „Osterfeier“ nach Hause kam las ich dann im Spiegel den beeindruckenden Artikel „ Wie der Papst den Christen von Gaza Mut zuspricht “.  Einen Tag später ist der Papst Franziskus dann verstorben. Aber das wusste man ja am Ostersonntag noch nicht.

Ich fragte mich, ob soweit es Christus überhaupt gibt, – ob er der christlichen Gemeinde in Gaza beisteht, ob er den israelischen Geiseln, die seit über 2 Jahren in den Folterkellern der Hamas, fast vergessen von der Welt vor sich hin vegetieren, die Hand hält, und ob er bei den Opfern des furchtbaren Bürgerkrieges im Sudan ist, den Opfern der täglichen russischen Bombenangriffen in der Ukraine zuhört,  –  oder ist der Schrei „Et hora nona exclamavit Jesus voce magna, dicens: Eloi, eloi, lamma sabacthani? quod est interpretatum: Deus meus, Deus meus, ut quid dereliquisti me? (Marcus Caput 15)” einfach 2000 Jahre ungehört geblieben[3]. Aber an Ostern feiert die Christenheit die Auferstehung Christi, – das Vogelkonzert vertreibt meine düsteren Gedanken und ich bin sehr überrascht über den großen Andrang zum ökumenischen Auferstehungsgottesdienst. In den letzten Jahren waren da erheblich weniger Menschen, die gemeinsam die Auferstehung des „Heiland“ feierten. In den letzten Jahren war auch das Wetter an Ostersonntagen erheblich schlechter, – letztes Jahr regnete es in Strömen, – und da waren doch erheblichen weniger „Zuhörer“. Es ist ein schöner Morgen und die Vögel singen. Pfarrer Riether erzählt aus seiner Heimat Maximiliansau und dem benachbarten Frankreich. Dort im Elsass – grüßt man sich an Ostern mit „enchanté“,  – und ich denke an die Osterfeiertage, die ich als Kleinkind im Elsass und später im mediterranen Südfrankreich verbrachte. Ich habe darüber vielen Jahren einmal einen Beitrag namensLes cloches de Pâques introuvables sur Wikipedia.fr (24.4.2011)verfasst, – Artikel der auch bis heute vor den Osterfeiertagen in der frankophonen Welt viel gelesen wird. Das mag auch daran liegen, dass es bis zum heutigen Tag keinen Artikel in der französischsprachigen Wikipedia über die „Cloches de Pâques“ gibt.  Das Läuten der Kirchenglocken an Ostersonntag kündigt in der francophonen Welt die Auferstehung Christi an und bringt für die Kinder ein paar Ostergeschenke. Den Osterhasen gab es früher in meiner Kindheit in Frankreich nur im Elsass. Ansonsten waren es eben die „Cloches de Pâques“ welche die frohe Botschaft der Auferstehung Christi in die Familien brachten.

Pfarrer Funke predigte über die „Erscheinung vor Maria von Magdala“ im Johannes Evangelium. Pfarrer Funke ist ein begnadeter „Prédicateur“ ! Er ist nicht nur bibelfest, was man ja eigentlich von jedem Pfarrer erwarten dürfte, – er lebt quasi in der Bibel – und baut „Schottergärten“, den Ruf des Kuckucks, das Klopfen des Spechtes im Stadtpark in seine „Predigt“ ein. Das kann man nur, wenn man in der Bibel lebt.  Gebannt lausche ich dem Vogelkonzert, den Worten von Pfarrer Funke und frage mich wie eigentlich Gärtner auf Latein heißen mag,  – irgendetwas mit „Hortus“ der Garten.  Aber ich komme nicht darauf. Später zuhause habe ich die Stelle in der Vulgata nachgelesen.

15. Dicit ei Jesus: Mulier, quid ploras? quem quæris? Illa existimans quia hortulanus esset, dicit ei: Domine, si tu sustulisti eum, dicito mihi ubi posuisti eum: et ego eum tollam.

16. Dicit ei Jesus: Maria. Conversa illa, dicit ei: Rabboni (quod dicitur Magister). (Evangelium secundum Joannem, 20)

Hortulanus war das gesuchte Wort, welches mir an der Auferstehungsfeier am Ostermorgen  nicht einfallen wollte. Alles in allem war es eine schöne ökumenische Auferstehungsfeier der ich am frühen Morgen des Ostersonntages 2025 beiwohnen durfte. Das frühe Aufstehen hatte sich gelohnt.

Am nächsten Tag, dem Ostermontag 2025, erfährt die Welt von Tod des Papstes Franziskus. Ein paar Tage danach kann man in der Druckversion der Zeit die Schlagzeile lesen „der letzte Linke?“.  Danach folgt der Artikel „Was bleibt“ des Chefredakteurs der Zeit Giovanne di Lorenzo. Ich bin wirklich überrascht wie viel Medienresonanz der Tod des Papst Franziskus in den deutschen Medien erhielt und erhält. Das hatte ich so nicht erwartet. Aber das wäre alles einen eigenen Blogbeitrag wert. Für mich, der eigentlich wenig bis nichts von einem Papst erwartet, – bleibt der Eindruck eines Menschen der versucht  hat die katholische Kirche wieder etwas an ihre Ursprünge im Urchristentum zurückzuführen, – an die Seite der Ausgeschlossenen, der Armen, der Entrechteten und Unglücklichen. Vielleicht ist es das Bild, bzw. die Erinnerung daran, – als der Papst auf Lampedusa im Jahre 2013 die Abkehr von einer „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ forderte[4], – das ist vielleicht die Erinnerung die mir von „Jorge Mario Bergoglio“ bleibt. Aber vielleicht bin ich für solche Dinge auch besonders empfänglich, – man braucht hierzu nur einen meiner ersten Blogbeiträge „Villa Jasmin – quelques pensées personnelles en vagabondant sur le téléfilm de Férid Boughedir“ in paysages zu lesen.

Immerhin hat der Medienrummel um den Tod von Papst Franziskus dazu geführt, dass ich dachte, dass ich nach über vierzig Jahre mal wieder Rom besuchen sollte. Oder wenn es mir nicht gelänge in nächster Zeit nach Rom zu reisen, dann endlich mal das Buch „der Sinn des Lebens“ von Manfred Lütz, welches ich mir schon vor einiger Zeit für meine digitale Bibliothek angeschafft habe, zu lesen! Rom, lässt sich ja heute zu Tage von Mannheim aus, bequem in einer Tagesreise mit dem Zug erreichen.

Bibliographie:

Lütz, Manfred (2024): Der Sinn des Lebens. Mit einem Geleitwort von Elke Heidenreich. München, 2024    Copyright © 2024 Kösel-Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, ISBN 978-3-641-30693-9

Photo: © Christophe Neff 20.04.2025

Christophe Neff, April/Ostern 2025


[1] Siehe u.a  „Blognotiz : Palmsonntag 13.04.2025“ .

[2] Siehe u.a. « Blognotice 18.08.2024: de retour à Grünstadt – et les martinets se sont déjà envolés vers le Sud »

[3] Siehe u.a « Pensées pascales 2024 : Eloi, eloi, lamma sabacthani? »

[4] Siehe hierzu „Dramatischer Appell auf Lampedusa Papst fordert mehr Solidarität mit Flüchtlingen“, der Spiegel, 08.07.2013.

Blognotiz : Palmsonntag 13.04.2025

Heute ist Palmsonntag und ich erinnere mich an die Palmsonntage während meiner Kindheitstage, – Kirchgänge in St. Laurentius in Schramberg – Sulgen, – manchmal auch in der alten Kirche in Leucate wo ich ja auch viele Osterferien verbrachte. Eigentlich hatte ich auch vor diesen Palmsonntag in den Palmsonntagsgottesdienst in St.Peter in Grünstadt zu gehen, aber irgendwie wollte das heute nicht klappen. Im Schwarzwald waren in meiner Kindheit ja die „Palmwedel“ oft Stechpalmenzweigen – in Leucate natürlich aus echten Palmen, das waren meist Palmwedel der kanarischen Dattelpalme, – der rote Palmrüsselkäfer wütet ja damals noch nicht im mediterranen Südfrankreich.

Immerhin gehe ich ja seit der Kommunion meiner Kinder, soweit ich Ostern in Grünstadt verbringe, regelmäßig zur ökumenischen Auferstehungsfeier auf dem Grünstadter Friedhof. Vor lauter Osterhasen, Ostereiern, – den Weihnachtsrummel und Weihnachtskommerz im Winter – wird es allzu oft vergessen, – Ostern ist immer noch der höchste Feiertag im katholischen Kirchenjahr, – und bei vielen anderen christlichen Kirchen ist es wohl ähnlich. In der Osternacht wird der Auferstehung Christi gedacht, der Auferstehungsglaube als die große christliche Herausforderung und Hoffnung.

Ich halte mich zwar nicht für besonders gläubig, – aber ich fühle mich irgendwo den christlichen „Ritualen“, vor allem den katholischen irgendwie verbunden. Hinzu kommt, dass das erste Buch, – was ich als Kleinkind von Anfang bis Ende durchgelesen hatte – das war eine Kinderbibel. Das war die „Bibel für Junge Menschen“ aus dem Delphin Verlag. Eigentlich eine Übersetzung aus dem amerikanischen, – im Original hieß die Bibel „The Children’s Bible: the Old Testament, The New Testament“ und wurde von Joseph E. Krause, Samuel Terrein, Rabbi David H. Wice herausgeben und im Goldenpress Verlag in New York 1965 verlegt[1]. Mein eigenes Kinderexemplar welches, soweit meine Erinnerung, wurde mir wohl Ende der 1960 Jahre Anfang der 1970 von meinen Eltern geschenkt wurde als wir noch auf dem Schoren in Schramberg – Sulgen wohnten ist irgendwie nicht mehr auffindbar, so habe ich mir vor einiger Zeit ein etwas jüngeres Exemplar bei Medimops nachgekauft. Seit meinen Kindertagen habe ich die „echte Bibel“ bzw. Auszüge daraus in verschiedenen Ausgaben immer wieder auf Französisch oder auf Deutsch gelesen  – zuletzt vor über einem Jahr beim Verfassen des Blogbeitrages „Pensées pascales 2024 : Eloi, eloi, lamma sabacthani?“ .

Gestern hörte ich in SWR-Kultur einen interessanten Radiobeitrag über das Tagebuch schreiben und die Bedeutung von Tagebüchern für die historische Forschung, eigentlich ja eine Wiederholung aus dem Oktober 2024[2]. Das „Bloggen“ ist ja auch nichts anders als ein öffentliches Tagebuch. Auch wenn die große Zeit des Bloggens schon längst vorbei ist, Facebook und andere soziale Netzwerke haben die Bedeutung des Internetblogs im WWW bestimmt minimiert, – es gibt sie immer noch die Blogs und sie werden auch immer noch gelesen. Den Paysagesblog gibt es ja nun auch schon seit Mai 2009[3]. Und manchmal gibt es sogar „Neuzugänge“ in der deutschsprachigen Blogosphäre – so lese ich seit einigen Monaten regelmäßig die „erbaulichen Unterredungen“ von Hasnain Kazim und „der siebte Tag“ von Nils Minkmar, beides Blogs (auch wenn das nicht mehr so heißt) die auf der Plattform steadyhq veröffentlicht werden.  Durch das Lesen des heutigen Blogbeitrag von Nils Minkmar „Der Fluch der letzten Meter“ habe ich auch den von Anne Urbauer, Elke Jeanrond-Premauer, Nils Minkmar verfassten offenen Brief an Emannuel Macron „Merci“ zur deutsch-französischen Freundschaft und Europa entdeckt und dann auch unterschrieben.

Und was das Tagebuch schreiben betrifft, völlig unabhängig vom paysagesblog führe ich nun seit über 45 Jahren ein Tagebuch. Eine Vielzahl von „Schreibkladen“ die vollgekritzelt warten, dass man sie mal wieder zu Hand nimmt. Angefangen habe ich das ganze wohl auch weil ich erste biographische Materialien und Eindrücke sammeln wollte weil ich u.a. mit dem Gedanken spielte „Reiseschriftsteller“ oder was ähnliches Journalistisches zu werden. Reiseschriftsteller wurde ich nie, aber immerhin habe ich dann Geographie an der Universität Mannheim studiert. Das hatte zumindest in der Zeit als ich es studierte noch etwas mit Reisen, viel Lektüren  und auch viel „Schreiben“ – also dem Verfassen von unzähligen Seminararbeiten, Exkursionsberichten, Praktikumsberichten etc. zu tun[4]. Geblieben von den Träumen von der Schriftstellerei ist also der Blog Paysages und das Führen eines privaten nicht öffentlichen Tagebuches auf Schreibkladden.

Die Ereignisse in den USA haben Spuren in beiden hinterlassen, – im nicht öffentlichen Tagebuch als auch in diesem Blog. Mein letzter Blogbeitrag über den Beginn des akademischen Exodus aus Amerika „Blognotice 30.03.2025 : „Timothy Snyder au Canada : Le Début d’un Exode Académique Américain ?“ wurde in der frankophonen Welt & Blogosphäre häufig gelesen, vor allem in Frankreich und Kanada. Der „Auszug“ von Timothy Snyder, Marci Shore und Jason Stanley von der Universität Yale an die Universität Toronto hat wohl in der frankophonen akademischen Welt für Schockwellen gesorgt, – und nicht nur dort.  Marci Shore hat auch zwischenzeitlich in der deutschen Presselandschaft einige lesenswerte Interviews gegeben[5]. Dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Ich habe das zwar in gewisser Weise kommen sehen, – man kann das auch hier „America where are you going ?“ immer noch nachlesen, das macht es auch nicht besser und vor allem ändert es nichts am Geschehen. Was mich hingegen schon sehr verwundert wie wenig vorbereitet unser Politik, die Politikberatung aber auch viele Journalisten sind und waren. Es scheint als wäre die zweite Amtszeit von Donald Trump für diese „Berufspolitiker & Amerikaexperten“ quasi wie ein unvorhersehbares Naturereignis vom Himmel gefallen. Letztlich ist man auf dieser Seite des Atlantik nur ein interessierter Beobachter manchmal auch ein erschrockener Beobachter, – der irgendwie hoffte, dass es den Bürgern der USA doch noch irgendwie gelingt die liberale Demokratie über die Trumpjahre zu retten. Besonders erschrocken hat mich der Angriff der Trumpadministration auf das kollektive Bildgedächtnis der USA, das erinnert doch sehr stark an die Stalinistische „Bildretusche“[6]. Die Auswirkungen der Trumpschen „Säuberung“ des kollektiven Bildgedächtnis des USA werden ja schon im Regionalteil der Rheinpfalz diskutiert, das wirkt ja schon bis in die tiefste deutsche Provinz, die Pfalz hinein[7].

Letztlich lebt man dann doch in Europa. Deshalb ist es gut, dass wir in Deutschland wohl demnächst eine neue Regierung haben. Ich hätte mir lieber eine andere Regierung gewünscht[8], aber nun muss man hoffen, dass es zu dieser Regierungsbildung kommt. Immerhin wird es keinen CSU-Verkehrsminister geben, – das ist ja schon mal was. Von einer CDU-geführten Regierung hätte ich schon erwartet, dass sie die Wehrpflicht oder auch ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr einführt. Ich bin wohl einer der wenigen SPD-Mitglieder, die das für sinnvoll halten, was ich ja auch in diesem Blog schon dargestellt habe[9], wobei ich bisher innerhalb der SPD nie mitbekommen habe, dass das die „Wiedereinsetzung der Wehrpflicht oder die Einführung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres “ irgendwie innerparteilich diskutiert wurde. Marina Kormbaki hat zur Wiedereinführung der Wehrpflicht übrigens einem sehr guten Leitartikel in einem der letzten Spiegel verfasst[10].

Ich bin ja wie bekannt SPD-Mitglied und ich werde bei anstehenden SPD- Mitgliedervotum für diese neue schwarz-rote Regierung unter einem Kanzler Merz stimmen. Abgesehen davon halte ich auch nicht viel postelektoralen Mitgliederentscheiden. Der Souverän ist der Wähler am Wahltag der Bundestagswahlen. Im Grundgesetz heißt es dazu „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ (Art 38 GG).

Ich bin zwar nicht begeistert vom Programm dieser „designierten“ schwarz – roten Regierung, – auch nicht vom designierten Kanzler Merz, – aber die Alternative zu dieser Regierung, wäre ein politisches Chaos von dem nur die AFD profitieren würde. Man muss sogar hoffen, dass die Regierungsbilanz dieser neuen Regierung erheblich besser wird, als die der gescheiterten Ampel, denn ansonsten wird man wohl damit rechnen müssen wird dass die AFD die stärkste politische Kraft in Deutschland werden könnte.

Immerhin eines ist sicher, – trotz instabiler politischer Weltlage, der erratischen Zollpolitik der Trumpadministation, der Frühling lässt sich nicht mehr vertreiben, – ein paar letzte Mandelbäume blühen noch im Leiningerland und an der Unterhaardt, ansonsten blühen überall die Kirschbäume und auch die ersten Apfelblüten sind schon zu sehen.

Den gestrigen Frühlingstag habe ich u.a. auch dazu genutzt mit einem meiner Kinder „Bärlauch“ zu sammeln, – den Rest des Tages verbrachte ich mit der sehr interessanten Lektüre des Buches „Souvenirs d’un apatride“ – den politischen Memoiren von Daniel Cohn-Bendit die er zusammen mit Marion van Renterghem verfasst hat. Ich denke, dass eine deutsche Übersetzung bestimmt irgendwann folgen wird. Ich könnte mir auch vorstellen, dass  dieses Buch in Deutschland einen großen Leserkreis finden würde!

Bibliographie:

Cohn-Bendit, Daniel; Van Rentergehm, Marion (2025): Souvenirs d’un apatride. Daniel Cohn-Bendit avec Marion Renterghem. Paris, © Mialet – Barrault, département de Flammarion, 2025. ISBN 978-2-0804-8065-1

Krause, Joseph E.; Terrien, Samuel; Stege, Gisela (Übers.)(1977): Die Bibel. Ausgewählt, nacherzählt und illustriert für junge Menschen. (The Childrens Bible). Stuttgart, 1977, © 1964 Western Publishing International S.A. Zug, © 1962 Fratelli Fabri Editore, Milan, © 1968 Delphin Verlag, Stutgart und Zürich for the German Edition, 10. Auflage 1977, ISBN 3-7735-4915-6

Christophe Neff, verfasst und veröffentlicht am Palmsonntag 13.04.2025


[1] Man kann im Internetarchiv einen Scan der amerikanischen  Children’s Bible von 1965 ausleihen und lesen.

[2] Tagebücher – Warum wir sie schreiben und wie die Forschung sie nutzt. Wiederholung vom 12. Oktober 2024,    SWR Kultur, 11.04.2025.

[3] Der erste Blogbeitrag von Paysages wurde am unter dem Titel « I. Un blog sur les paysages : un petit début – ou quelle langue choisir ? » am 24.05.2009 in Netz gestellt, am folgte „II. Un blog sur les paysages: ein kleiner Prolog auf Deutsch.“. Paysages starte im Mai 2009 als Abonnentenblog der Tageszeitung Le Monde, siehe dazu auch „La fin du blog paysages sur les blogs LeMonde.fr – Das Ende des Blog « paysages » auf den Blogs von Le Monde.fr“zur weiteren Geschichte siehe auch „Paysages – quinzième année d’existence sur la toile donc déjà cinq ans sur wordpress.com (billet trilingues français, allemand, anglais)“.

[4] Siehe u.a. auch „Lesenotizen zu „der Bücherfreund“ von Monika Helfer (Text) & Kat Menschik (Illustrationen)“ und „Das Fach Geographie an der Mannheimer Hochschule“.

[5] Siehe u.a. „Wir verlassen Yale – Es ist besser, zu früh zu gehen als zu spät – ein Gastbeitrag von Marci Shore, die Zeit Nr. 14 , 2. April 2025“, „US-Professorin über USA-Auswanderung„Man spürt die Gewalt in der Luft“ Marci Shore ist renommierte Professorin der Yale University. Jetzt wandert sie nach Kanada aus. Ein Gespräch über Feindeslisten, Waffengewalt und Schuldgefühle. Die Taz, 04.04.2025“,  „Marci Shore im Gespräch : „Amerika geht unter“, FAZ, 12.04.2025“.

[6] Siehe u.a. auch „Stalins Retuschen“, DLF 19.02.1998.

[7] Siehe u.a. „Für uns ist das was ganz neues – Interview : Ein paar Fotos, die US-Präsident Trump gerade von den Internetseiten des US-Militärs löschen lässt, versucht Jens Pakenis zu sichern. Versteht sich das Docu-Center Ramstein als Geschichtsretter ? Das hat Anke Herbert den DCR-Leiter Jens Pakenis gefragt.“ Die Rheinpfalz, Nr. 86, Südwestdeutsche Zeitung, Freitag 11. April 2025, (Digitalversion = Trump lässt digitale Bilder löschen: Kann Ramstein US-Militärgeschichte retten? 10. April 2025, die Rheinpfalz )

[8] Siehe u.a. auch „Bundestagswahl 2025: Meine Erststimme für Isabel Mackensen-Geis, meine Zweitstimme für die SPD !“.

[9] Siehe u.a. auch „Bundestagswahl 2025: Meine Erststimme für Isabel Mackensen-Geis, meine Zweitstimme für die SPD !“.

[10] Siehe „Junge Männer sollten wieder Dienst tun – und Frauen möglichst auch“ Der SPIEGEL-Leitartikel von Marina Kormbaki, Spiegel, 15/2025, 04.04.2025.  

Blognotice 30.03.2025 : „Timothy Snyder au Canada : Le Début d’un Exode Académique Américain ?“

Jeudi 26 mars je m’aperçus que Timothy Snyder est en train de partir de l’Université de Yale vers le Canada. Il va commencer à enseigner l’histoire contemporaine à la « Munk School » de l’Université de Toronto. Il n’est pas le seul enseignant de quitter Yale pour Toronto, – son épouse Marci Shore elle aussi enseignante à Yale suit son mari vers le Canada, ainsi que Jason Stanley philosophe expert du « fascisme » s’envolent vers Toronto. Le départ des époux Snyder-Shore était de déjà prévue de longe date, comme on pouvait lire quelque jours plus tard dans Toronto Today, Il semble qu’il s’agit d’un simple transfert académique – donc à priori rien de plus normale dans le monde universitaire international.  Mais dans le même article, Marci Shore dit : « Je suis juive et historienne des années 1930 – donc le catastrophisme névrotique est peut-être surdéterminé : ma principale leçon de 1933 c’est qu’il vaut mieux partir plus tôt que trop tard. (Traduction de l’originale par C. Neff[1] )». Tout est dit, il n’y a rien à ajouter. C’est peut être le début de l’Exodus académique américain.  Le départ de ces trois scientifiques et intellectuels américains m’intrigue beaucoup, surtout le départ de Timothy Snyder, – je crois que j’ai presque tous ce livres dans ma bibliothèque, – je lis régulièrement son blog Thinking about…et parfois même je partage ses billets sur Mastodon ! Je pense que la lecture régulière des textes et analyse des de Timothy Snyder m’ont permis de déchiffrer un peu la dérive impériale de la Russie du Tsar Poutine[2].

Le même jour je découvre aussi les nouvelles inquiétantes de la disparition de la doctorante turque Rumeysa Ozturk   de l’université de Tufts. Je poste même dans Mastodon le message « how deep you have fallen ? », tellement je fus bouleversé par ces images ! Les images de l’arrestation de Rumeysa Ozturk me rappelé des très mauvais souvenirs, – les arrestations secrètes et disparitions des dissidents de l’Europe de l’Est entre 1945 et 1989, – avant l’effondrement de l’Union soviétique. Mais aussi la disparition des opposants de dictatures militaires durant les années 1970 en Amérique du Sud, Chili, Argentine, Brésil. Je me souviens du film « Missing », recomposé par la Palme d’Or à Cannes en 1982, que j’avais vue comme lycéen dans un des cinémas à Schramberg. Les disparus politiques de l’Amérique du Sud n’ont d’ailleurs pas disparu de la mémoire collective américaine, – comme le montre  la récompense de « Ainda Estou Aqui (je suis toujours la) » par le Oscar du meilleur film international 2025. La sénateur démocrate Elizabeth Warren semble avoir pris l’initiative le « leadership » pour une libération de Rumeysa Ozturk[3]. Entre temps la juge fédéral Denise J. Casper vient de stopper la déportation d’Ozturk[4]. Est-ce que l’administration Trump va accepter cette décision de justice ? J’ai des sérieuses doutes, – et je crains malheureusement que l’administration Trump va essayer de mettre l’état de droit en ruines. Mes pires craintes que j’avais publies dans le petit billet de blog « America where are you going » en Octobre 2024 juste avant l’élection de Donald Trump se réalisent actuellement. La dérive des Etats-Unis vers un régime proto-fasciste semble pour l’instant se poursuivre sans obstacles majeurs.

Ce matin je lis dans le Blog de Hasnain Kazim « „C’est vraiment dommage qu’il puisse devenir délicat de se rendre aux États-Unis… Les États-Unis, c’est vraiment très triste, je n’aurais jamais cru que cela soit possible.“ (Traduction libre  C.Neff) [5] »

Il a quelques jours je disais presque la même chose à l’un des mes enfants « je ne crois pas que je pourrais, au moins pendant le règne de Trump un jour aller aux Etats-Unis, – c’est trop risqué, voir à quel point je me suis permis de critiquer Donald Trump et son administration dans mon Blog et sur Mastodon. »

C’est un rêve de jeunesse qui s’écroule. Faire un jour un voyages aux Etats-Unis et admirer les magnifiques paysages, les forêts, les parcs nationaux, les long voyage en train…. Le pays de la liberté bascule dangereusement vers le gouffre autoritariste. Il reste un petit peu d’espoir, que les citoyens américains se réveilleront un jour  et vont stopper ce cauchemar !

Bibliographie :
(Pour la bibliographie, j’ai choisi le dernier livre de Timothy Snyder, qui a rejoint ma bibliothèque en octobre 2024, et dont j’ai utilisé la couverture pour illustrer ce billet de blog)

Snyder, Timothy (2024) : On Freedom. London, 2024 Copyright © Timothy Snyder, 2024; Vintage , Penguin Random House, UK 2024, ISBN 978-1-529-92927-0

Christophe Neff, Grünstadt le 30.03.2025

P.S.: (30.03.2025): Quelques instants après la publication de ce billet sur paysages, – je découvre l’interview de Jason Stanley dans le Spiegel « Faschismus-Forscher Stanley über Trump und seinen Abschied von Yale (der Spiegel, 30.03.2025, 16.16 Uhr) ».  La lecture de cette interview complète parfaitement mon billet de blog.


[1] Voir citation anglaise originale “I’m both a Jew and a historian of the 1930s, so the neurotic catastrophism is perhaps overdetermined: it’s always been clear to me that the lesson of 1933 is that it’s better to get out sooner rather than later,” dans Allison Smith “UofT hires three prominent Yale professors worried about Trump Fascism scholar Jason Stanley and historians Timothy Snyder and Marci Shore have taken jobs at the University of Toronto amid concerns about the second Trump administration” 26.03.2025, Torontotoday.

[2] Voir aussi les billets : Blognotice 24.02.2022 : les troupes du Tsar Poutine attaque l’Ukraine » et « Blognotice 22.12.2013: De Dostoïevski à Mikhaïl Khodorkovski ».

[3] Voir “Led by “EizabethWarren , NewEngland  lawmakers demand release of  Tufts  University grade student”, The Boston Globe, 28.03.2025

[4] Voir „A PhD student was snatched by masked officers in broad daylight. Then she was flown 1,500 miles away“ CNN, 29.03.2025.“

[5] Voir  Hasnain Kazim „Dass es aber mal heikel werden könnte, in die USA zu reisen, das hätte ich nicht für möglich gehalten …. Die USA! Das ist wirklich sehr traurig.“ Dans „ Keine Lügen, nur Schmäh: Reisefreiheit / Lügenverbot! / Türkei / Brief pro Bohne / Wiener Schmäh / Schneewittchen“, Erbaubliche Unterredungen, 30.03.2025.