Und wieder gibt es einen Neuzugang in der Schramberg-Abteilung meiner kleinen Privatbibliothek: ein kleines Büchlein, das den Titel „Vom Bosporus zum Nesenbach. Und zurück? Die Geschichte einer erfolgreichen Integration“ trägt. Es ist die Autobiographie des Diplom-Ingenieurs und Maskenschnitzers Ergun Can. Auch wenn es der Titel nicht vermuten lässt, handelt ein Großteil des Buches von Schramberg, denn der Verfasser verbrachte einen großen Teil seiner Kindheit und Jugendjahre in Schramberg im Schwarzwald. Das Buch legt Zeugnis ab über die erfolgreiche Integration eines sogenannten „Gastarbeiterkindes“ in die deutsche Nachkriegsgesellschaft.
Beim Lesen des Buches fragte ich mich immer wieder, warum man bisher keine Kritiken in den Feuilletons unserer überregionalen Tageszeitungen zu diesem Buch findet. Schließlich ist die Integrationsfrage eine der zentralen Fragen unserer heutigen Gesellschaft. Doch auch in der regionalen Presselandschaft Baden-Württembergs konnte ich keinerlei Rezensionen zu Ergun Cans Buch entdecken. Trotz aller Widrigkeiten und Widerstände hat es Ergun Can mit viel Fleiß und Hingabe geschafft, nicht nur Teil dieser deutschen Gesellschaft zu werden, ohne seine eigene Identität zu verleugnen, sondern durchaus auch als Vorbild zu dienen. Und fürwahr war dieser Weg nicht immer einfach für ihn. Darüber legt sein Buch ebenfalls Zeugnis ab.
Ich teile eine Gemeinsamkeit mit Ergun Can: Wie Can verbrachte ich große Teile meiner Kindheit und Jugendzeit in Schramberg. Das Buch erlaubt es einem, das Schramberg der 1960er und 1970er Jahre aus einem neuen, anderen und doch so bekannten Blickwinkel wieder neu zu entdecken. Ergun Can lernte bei Siegfried Schaub, dem Vater eines Klassenkameraden, das Maskenschnitzen. Inzwischen sind die Fasnetsmasken von Ergun Can Ausstellungstücke und Gegenstand wissenschaftlicher Abhandlungen (siehe u.a. Lixfeld 2024). Aber auch viele andere Namen aus Ergun Cans Schramberger Zeit sind für mich nicht unbekannt.
Natürlich geht es im Buch nicht nur um Integration, Schramberg und Fasnetsmasken, sondern auch um das langjährige Wirken von Ergun Can in der SPD. In diesem Sinne findet man im Buch von Ergun Can auch „Innenansichten“ zur Parteigeschichte der SPD des „Südweststaates“.
Ich habe das Buch gern gelesen. Besonders gefallen hat mir die Erwähnung des Ehepaars Otto und Inge Schütz und ihrer Kinder auf Seite 21. Wer erinnert sich in Schramberg noch an den Bankdirektor Schütz und seine Familie? Wie Ergun Can verbrachte ich einen Teil meiner Jugend mit den Kindern des Ehepaares Schütz, vor allem mit Thomas. Wobei das natürlich später war – da wohnten die Schützens, wie meine Eltern auch, oben auf dem „Sulgen“ im Lärchenweg. Die Familie Schütz war wirklich eine sehr weltoffene und gastfreundliche Familie.
Und dann gibt es noch etwas ganz Besonderes, das ich mit Ergun Can teile nämlich das Bekenntnis zum Schwäbischen[1]: Immer, wenn man mich fragt, woher ich komme, sage ich: aus Schramberg im Schwarzwald – dort, wo man inmitten von Schwarzwaldtannen immer noch echtes „Schwäbisch“ schwäzt[2].
Frommer, Heike: „Gabel – çatal, Brot – ekmek, Teller – tabak.“ Familiensaga Can. In: Frommer, Heike/Mohn, Brigitte (Hg.): Zwischen zwei Welten. Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter in Schramberg. Begleitbuch zum Forschungs-, Ausstellungs- und Mitmachprojekt des Stadtmuseums Schrambergs und des JUKS in Kooperation mit dem Eine-Welt-Forum Schramberg (= Schriften des Stadtmuseums Schramberg 24). Schramberg 2011, S. 28–37.
Lixfeld, Gisela: Ergun Can als Maskenschnitzer, in Landesmuseum Württemberg (2024), (Hrsg.): feld & wege: 100 Jahre Forschung und Dokumentation – von der Volkskunde zur Alltagskultur, Heidelberg: arthistoricum.net, 2024, S. 146–151. https://doi.org/10.11588/arthistoricum.1405.c20020
[1] „Ich habe über sechzig Jahre wieder und wieder das Lob erhalten, dass ich gut Deutsch spreche, »aber woherkommen Sie denn?«. Da erwidere ich stets gelassen, dass ich nicht gut Deutsch, sondern Schwäbisch spreche und aus Schramberg käme (Can, Ergun, 2025, S. 79)“.
Es ist Wochenende, Samstagmorgen im Cafe Steidler an der unteren Steige in der Talstadt Schramberg. Ruhe im Himmel, keine Düsenjäger die über den Schwarzwald jaulen, keine Starfighter die über das Heckengäu ziehen, keine Mirage die im Konturenflug durch’s Kinzigtal und dann durch das enge Schiltachtal braust, über dem Schramberger Talkessel hochzieht, über dem Sulgen weiter über die Muschelkalkhügel des Heckengäu gen Osten fliegt, um die imaginären roten Panzerkolonnen, die an den Rhein, die französische Grenze drängen, noch vor dem Neckar zum Stehen zu bringen. Wir sind in der Hochzeit des kalten Krieges, – und kurz nach Elf treffen wir uns im Steidler um die Welt zu diskutieren.
Was sagt der letzte Spiegel, was sagt vor allem die Zeit, – und im Steidler so wie auch im Bruckbeck und im Cafe Brantner konnte man auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung lesen. Ich habe Freunde, die wurden damals FAZ Leser, – ich wurde es nicht. Und der Walser hat gesagt, – und der Walser hat geschrieben, und der Walser meint, und der Augstein sagt …..
Wir, das waren ein paar Freunde aus der Oberstufe, – manche hatten auch schon ihr Abi in der Tasche, waren bei Bund – den man damals den Barras nannte, – Zivis – also Zivildienstleistende gab es kaum, denn damals musste man noch ein aufwendiges Prüfungsverfahren die sogenannte Gewissensprüfung durchlaufen und das hat sowieso kaum jemand geschafft …. und ein paar machten auch schon ein Volontariat beim Boten (Schwarzwälder Bote), dem Tagblatt (schwäbische Zeitung), der Südwestpresse ….
Daran musste ich denken, als ich vor etwas über einem Jahr vom Tod des Martin Walser erfuhr. Wir waren mitten im kalten Krieg, Anfang der 1980 Jahre, – ich war damals noch Oberstufenschüler und besuchte das Gymnasium in Schramberg, an dem ich 1984 das Abitur ablegte. Walser wurde viel gelesen, – und war, in den überregionalen Medien mit seiner gewichtigen Stimme, die viel zu sagen hatte damals in der westdeutschen Nachkriegszeit sehr präsent. Als ich von Martin Walsers Tod erfuhr, musste ich an den kalten Krieg denken – die Düsenjäger über Schwarzwald, Alb und Bodensee, – und unsere „Samstagsitzungen“ im Cafe Steidler an der Steige. Damals war ja noch an jedem zweiten Samstag bis kurz nach Elf Schule. Letztes Jahr als ich vom Tod Walser erfuhr, wollte ich erst etwas für paysages schreiben, aber dann ist es im Alltagstrubel etwas untergegangen, das Schreiben wurde vergessen, und dennoch bleibt die Erinnerung an Walser als meinungsstarken Chronist der Nachkriegsjahre.
Stattdessen kaufte ich mir sein letztes Buch mit den Illustrationen von Cornelia Schleime – „das Traumbuch Postkarten aus dem Schlaf“ und die Taschenbuchversion von „ein springender Brunnen“. Ich war doch sehr erstaunt, dass es den springenden Brunnen nicht als Epub gibt, – denn ich versuche seit dem ich einen Tolino besitze[1], – möglichst die meisten meiner Buchanschaffung in Form eines ePub zu tätigen, da ich gar nicht mehr weiß, wohin mit allen meinen Büchern. Wobei die Lektüre des springenden Brunnen auch auf sich warten ließ. Ich war in meinen jungen Jahren bestimmt kein Martin Walser Fan, – sowie beispielsweise mein Vater, der bis zu seinem frühen Tod 1992 wohl alle bis dahin erschienenen Werke von Walser in der Reihe edition suhrkamp in seinem Arbeitszimmer im Lärchenweg stehen hatte. Mein Vater hat wahrscheinlich einen Großteil dieser Bücher gelesen, – nicht nur gelesen, sondern regelrecht studiert, wie ich viele Jahre später feststellen musste als ich ein paar dieser Walser Werke in die Hand nahm, und die handschriftlichen Anmerkungen meines Vaters in den Büchern entdeckte. Ich selbst hatte bis zum Tod Martin Walsers im letzten Jahr nur wenig vom ihm gelesen, – „Die Gallistl’sche Krankheit“, „Ein fliehendes Pferd“, „Über Deutschland reden“, „Finks Krieg“ mehr überflogen als gelesen. Von diesen überflogenen Büchern hat sich nachhaltig nur Finks Krieg in der Erinnerung festgesetzt, denn handelte sich ja um die literarische Verarbeitung der Affäre Gauland. Und Alexander Gauland sollte ja später noch als Gründungmitglied der Wahlalternative 2013 aus der dann die AFD entstand werden, richtig berühmt werden. Richtig „auf der Zeile“ gelesen, – habe ich eigentlich nur „Die Verteidigung der Kindheit“, die Erinnerung an diesen Roman von Walser ist mir positiv im Gedächtnis verblieben.
Zeit für die Lektüre des springenden Brunnen habe ich nun Anfang Juli gefunden. Wie schon in zwei vorhergehenden auf Französisch verfassten Blogbeiträgen beschrieben, leide ich an der gleichen Krankheit wie einst François Mitterrand[2] und musste in diesem Zusammenhang Anfang Juni einen Klinikaufenthalt hinter mich bringen. Zeit zum Lesen gab es da natürlich genug – und hier habe ich mich dann auch der Lektüre des autobiographischen Romans „ein springender Brunnen“ widmen können. Ja, ich muss es gleich zu Anfangs gestehen, das Buch hat mir außerordentlich gut gefallen, wohlwissend, dass das Buch bei Erscheinen 1998 durchaus heftig kritisiert wurde.
Die Lektüre Buches tauchte mich in eine vergangene Welt ein, – deren letzte Jahre ich selbst Ende der 1960 und Anfang der 1970 siebziger Jahre als Kind noch erleben durfte. Die Welt des katholischen Oberschwabens wie man sie auch im Werk von Arnold Stadler wiederfindet. Ich habe mich beim Schreiben des Kapitels „Der Schramm, der Bahnhof und der Krieg“ für das von Conny Scheck und Maria Gelder herausgegebene Zeitzeugen Buch „Aus dem Grau der Kriegszeit. Geschichten hinter der Geschichte“ über die Zeit des zweiten Weltkrieges in Bad Saulgau intensiv mit dieser Welt auseinander gesetzt. So intensiv, dass ich parallel dazu mehrere Blogbeiträge darüber schrieb[3] . Eigene Erinnerungen kreuzen sich mit Örtlichkeiten im Buch Walsers wie beispielsweise hier „Sie würde sich hinausstürzen aus diesem Leben. Ins tiefste Kloster hinein. Nach Sießen zu den Franziskanerinnen. Sie musste morgen früh, vor dem Kommunizieren, noch einmal beichten (Walser, M. 2021, 318)“. Mein Urgroßvater Wilhelm Schramm hat während der NS-Herrschaft, obwohl selbst NSDAP Mitglied, die Flucht der Franziskanerinnen in die Schweiz mit organisiert[4]. Abgesehen davon war das Kloster Sießen ein wichtiger Dreh und Angelpunkt im Alltagsleben meiner Saulgauer Verwandtschaft, insbesondere für meine Großeltern.
Oder das Kohleausfahren in Wasserburg von dem Walser berichtet. Kenne ich auch noch. Natürlich nicht mit dem Handwagen wie bei Walser sondern mit dem Lastwagen. Mein Opa Anton Neff war Geschäftsführer der Wilhelm Schramm KG, einer Möbelspedition die ursprünglich aus einer Bahnspedition hervorging, – und die noch in den 1970 Jahren die Kohlen und das Heizöl, welches rund um Saulgau vertrieben wurde, per Bahn im „Wagenladungsverkehr“ erhielt. Wenn wir die Großeltern in Saulgau besuchten habe ich viele Male meinen Onkel Ewald, der ja später Geschäftsführer dieser Spedition wurde, beim Kohleausfahren begleitet[5]. Kartoffeln, Obst und Wein wurde auch gehandelt, aber das war wohl mehr ein Hobby meines Opas, das lief so nebenher.
Wasserburg gehört zu Bayern, und deshalb sind die im springenden Brunnen romanhaften Lebenserinnerungen nach Bayern, dem Allgäu und Tirol ausgerichtet. Aber diese politischen Landesgrenzen waren ja im katholischen Schwaben weniger relevant, – die Donaustädte, Oberschwaben, das katholisch bayerische Schwaben, Tirol, Nieder und Oberbayern – die Klöster und Priesterseminare waren die Wegmarken dieser vergangen Welt.
So führte der Weg des Joseph[6], einer der vielen Brüder meines Großvaters, mit dem man mich im Familienkreise in meiner Kindheit oft verglich, von Munderkingen über Gars am Inn nach Deggendorf. Dieser Joseph Neff war Redemptorist und verstarb im Redemptoristenkloster Deggendorf am 9. Oktober 1925 an den Folgen einer Kriegsverwundung aus dem ersten Weltkrieg[7]. Das Redemptoristenkloster im niederbayrischen Deggendorf ist übrigens längst Geschichte, ja vergessen, – in den 1970 Jahren abgerissen, findet man nicht mal eine Artikel über dieses Kloster in der deutschsprachigen Wikipedia, – nur im Regiowiki Niederbayern findet man einen interessanten Artikel über das Kloster.
Während ich am Zeitzeugenkapitel über das Kriegsende in Bad Saulgau schrieb, wurde mir aus Verwandtschaftskreisen eine kleine Bilderkiste vermacht, – mit persönlichen Photographien, Zeitungsausschnitten, Todesanzeigen – die letztlich auch ein Blick in das katholischen Schwaben, vom Beginn des ersten Weltkrieges bis in die Nachkriegszeit Ende 1940, gewährt. Letztlich eine ähnliche Welt wie Martin Walser ihn im springenden Brunnen beschreibt. Was mich hingegen in dieser Welt schon immer verblüfft hat, wie wenig Rom und die Kurie in dieser Welt eine Rolle spielten. Der Kaplan bzw. der Vikar (Pfarrvikar), der Pfarrer, der Weihbischof, der Bischof, sowie das Klosterleben der oberschwäbischen Klöster waren im Alltagsleben dieser katholischen Welt weit wichtiger als das ferne Rom.
Und dann noch der Krieg, – der erste und der zweite waren in meiner Saulgauer Familie omnipräsent, ich habe das auch ausgiebig im schon erwähnten Zeitzeugenkapitel „Der Schramm, der Bahnhof und der Krieg“ dargestellt. Aber die Kriegszeit und die Erinnerung daran sind mir auch in meinen Kindheitsjahren in Schramberg, der Schwarzwaldstadt in der ich aufgewachsen bin, immer wieder begegnet. Nicht nur in der Kindheit, – vor ein paar Jahren fuhr ich zur Trauerfeier und Beerdigung eines Schulfreundes auf den Sulgen. Es war ein schöner sonninger Wintertag, – Feuerenmoos und Sulgen, Hintersulgen schneebedeckt, – und dann in der Trauerfreier, war er plötzlich wieder da – der Krieg, als der Pastor vom Bruder des Verstorbenen sprach, der als Pilot im Krieg gefallen war. Eine Wunde die nach über 70 Jahren nach Kriegsende noch schmerzte.
„ Johann holte den Ortsgruppenleiter ein, als der die Stiefelspitze auf die oberste Stufe setzte. Die Mutter, gerade im Gang, gerade unter der geöffneten Tür von Zimmer vierzehn. Auch geteilt. Fünfköpfig war da eine Familie untergebracht. Die Frau stand mit ihrem Achtjährigen, die Mutter stand mit Anselm, alle hörten die Ortsgruppenleiterstiefel auf den ächzenden Stufen. Drehen sich um. Ihm zu. Die Mutter sieht ihn und schreit. Und Anselm auch. Die Mutter rennt den Gang entlang ins geteilte Zimmer acht. Johann bleibt hinter dem Ortsgruppenleiter. Der Schrei hört nicht auf. Ein einziger Ton. Von Anselm hört man nichts mehr. Johann spürt selber nichts. Er erlebt nur, was die Mutter erlebt. Der Ortsgruppenleiter geht in die zur Küche gemachte Zimmerhälfte. Die Mutter hat die Tür offengelassen. Die Mutter steht, sieht dem Ortsgruppenleiter entgegen, gibt keinen Ton mehr von sich …. (Walser, M. 2021, 339)“
Als ich diesen Abschnitt, in dem der Ortsgruppenleiter der Familie mitteilt, dass der Sohn Joseph gefallen ist las, erinnerte ich mich daran, dass ich diese „Szenen“ wenn die Todesbotschaft über den im Krieg gefallen Sohn nach Hause überbracht wurde, das Schreien der Mütter, – das habe ich tatsächlich erzählt bekommen – und zwar in der Grundschule, die damals noch Volksschule hieß. In der vierten Klasse beim Lehrer Hunzinger[8] in der Grundschule am Kirchplatz auf dem Sulgen. Samstagmorgens in der letzten Stunde gab es immer die „Stunde“ Sagen und Geschichten aus der Heimat. Da wurde uns vom Romäus aus Villingen, dem Hans vom Rechberg mit seinem berühmten Spruch Hostamadostha[9], manchmal klassische Sagen oder auch die Fabeln von La Fontaine. -. Nebenbei erklärte er uns auch, dass ein Krattenmacher, also die Vorlage der Sulgener Narrenfigur, dem Sulgener Hansel, ein Korbmacher sei, von denen früher wohl einige auf dem Sulgen, sprich Sulgau und Sulgen gegeben habe. Die Kratte ist eine längst vergessene schwäbisch-alemannische Bezeichnung für Korb – ein Wort, welches Walserer u.a. auch im springenden Brunnen verwendet „ Der Großvater sagte, Johann könne einen Kratten holen und die gefallenen Äpfel auflesen, fürs morgige Apfelmus. Johann holte aus dem oberen Stock der Remise, wo alles herumlag, was man nicht mehr brauchte, aber dann doch wieder brauchte, einen Korb und las aus dem Gras unter allen acht Apfelbäumen das gefallene Obst (Walser, M, 2021, 36).
Und beim Erzählen kam der Lehrer Hunzinger manchmal auf von Leben auf dem Sulgen während der Kriegszeit zu sprechen. Er glitt sozusagen von den Krattenmachern, den einst getrennten Ortsteilen Sulgau und Sulgen die auch konfessionel getrennt waren, Sulgau war altwürttembergisch und evangelisch und zum Kirchgang mussten die Sulgauer zu Fuß ins mehrere Kilometer entfernte Schönbronn laufen, – und der Sulgen war schon immer katholisch, langsam aber stetig in die Zeit des Zeit des zweiten Weltkrieg. Und da hat er mehr als einmal von den Vorahnungen der Mütter vom Nahen Tod des Sohnes, vom Eintreffen der Todesnachricht, dem ländlichen Leben zwischen Sulgen, Haardt, Aichhalden und Dunningen berichtet. Die Angst vor einem unergründlichen Schicksal dem man nicht entkommen konnte, – der Krieg bringt Angst, Tod und Verzweiflung über das Land und die Städte und Dörfer zwischen Schwarzwald und Alb, und selbst in den hintersten Ecken vom Sulgen, dem Lienberg, der Hutneck, wird niemand verschont, keiner kann sich vor dem Schicksal welches der Krieg einem vorsieht verstecken. Dem Schreien der Mutter auf dem Lienberg, als die Todesnachricht des Sohnes der in Russland gefallen war im Bauernhaus ankam, ein Schrei den man wohl auf dem ganzen Sulgen zu hören glaubte. Auf unvergessliche Art vom Lehrer Hunzinger erzählt, sodass ich mich noch heute daran erinnern kann.
Der vorliegende Text ist ein Auszug meiner Gedanken die mir bei der Lektüre des autobiographischen Romanes „ein springender Brunnen“ während meines Aufenthaltes im Klinikum Worms Anfang Juli 2024 so durch den Kopf gingen. Es ist keine Literaturkritik und auch keine Buchzusammenfassung. Eine sehr gelungene von Hajo Steinert verfasste Zusammenfassung des Inhaltes des Buches kann man hier im Archiv des Deutschlandfunkes finden.
Würde man mich fragen, welches Buch ich empfehlen würde, um Einblick in das Alltagsleben des katholischen Oberschwaben und des Bodensees von den 1930 bis 1950 Jahre zu bekommen, dann würde ich bestimmt das Buch „ein springender Brunnen“ von Martin Walser empfehlen. Ein meisterhaft geschriebener Roman, der bei mir persönlich sehr viele Erinnerungen weckte.
Zusätzlich zum „Buchdeckelbild“, der von mir gelesenen Taschenbuchausgabe „ein springender Brunnen“ habe ich noch das Titelbild des letzten von Walser geschriebenen Buches „Das Traumbuch“ ausgewählt, weil dort sowohl im Text als auch in den von Cornelia Schleime gestaltenen Bildern Wasserburg und der Bodensee eine bedeutende Stellung einnehmen. Zuletzt auch noch ein von mir am Neujahrstag 2024 von der Uferpromenade in Überlingen mit Blick auf den Bodensee und im fernen Hintergrund gerade noch erkennbar die Alpen. Weiterhin noch eine Aufnahme aus dem winterlichen Feurenmoos, – welches ich am Tag der Beerdigung des Vaters des Schulfreundes machte.
Scheck, Conny; Gelder, Maria Margarete (Hrsg)(2023): Aus dem Grau der Kriegszeit. Geschichten hinter der Geschichte. Spuren Lebendig Gemacht. Menschen erinnern sich an eine schwierige Zeit, aber auch an den hoffnungsvollen Neubeginn. Ihre Wege kreuzen sich in Saulgau und Umgebung. Mit einem Vorwort von Wolfgang Schneiderhahn. Ausgabe in drei Bänden im Schuber. Bad Saulgau Mai 2023.
[4] Dazu siehe auch Neff, C. (2023): Der Schramm, der Bahnhof und der Krieg. In: Scheck, Conny; Gelder, Maria Margarete (Hrsg): Aus dem Grau der Kriegszeit. Geschichten hinter der Geschichte. Spuren Lebendig Gemacht, Band III, Bad Saulgau Mai 2023, S. 252 – 259.
[7] Vgl Deggendorfer Donaubote Nr. 233, Samstag 10. Oktober 1925 Nr 233, 54 Jahrgang S.2 „Lokales Allseitige Teilnahme wendet sich dem hiesigen Redemptoristen Konvente ob des raschen Hinscheidens des jugendlichen allbeliebten hochwürdigen P. Josef Neff. …. „
[8] Der Lehrer Hunzinger was Rektor der Grundschule am Kirchplatz auf dem Sulgen.
[9] Hostamadostha = Verballhornung von Hora mea adest, – angeblich von Hans von Rechberg getätigter Spruch angesichts der nahen Todes. Nach Ditter, R. (1993) „hora matura“ = die Zeit ist reif.
Presqu’un an après avoir subi un accident vasculaire cérébral ischémique crypto génique j’ai eu la chance de pouvoir assister une fois de plus au Schramberger Hanselsprung, Hanselsprung qui eut lieu le 11.02.2018[1],- le Fasnetssonntag (le dimanche de carnaval). Quand j’étais patient à la Stroke unit du Klinikum Worms[2], je m’étais souvent posé la question – est ce que j’aurais encore la chance de revoir un « Schramberger Hansel », de pouvoir assister aux Hanselsprung, de retrouver toutes mes capacités intellectuelles, la capacité de parler dans mes deux langues le français et l’allemand, de pratiquer d’autres langues étrangères, de marcher, de courir, de vivre. Avec beaucoup de chance, et grâce aux possibilités de la médecine moderne[3], j’ai donc pu revoir ces magnifiques Hansel de Schramberg[4] distribuant leurs délicieuses Bretzel durant le Bretzelsegen (littéralement la Bénédiction des Bretzel) dans les rues de Schramberg, après avoir déjà eu la chance de revenir en Sicile en Mai 2017 lors de la tournée 2017 de l’association Forêt méditerranéenne[5], de pouvoir cartographier la végétation sur le Capelinhos sur l’ile de Faial avec des étudiants de géographie du KIT en Septembre 2017, et de grimper sur le Pico do Fogo avec des collègues & amis botanistes lusophones en Novembre 2017[6].
Ci-dessous une minisérie de deux photos montrent le cortège du Hanselsprung descendant la Steige (an der Steige) en direction de la mairie de Schramberg (Schramberger Rathaus) où ils vont remplir leur « Bretzelstecken (littéralement bâton de Bretzel)». Une fois les « Bretzelstecken » rempli avec des Bretzels les Hansel, Narro, des Bach na Fahrer envahissent les rues de Schramberg pour distribuer leurs Bretzel, Saucisses et Bonbons à tous les carnavalistes qui peuvent entonner et chanter le Schramberger Narrenmarsch – d’ hoorig Katz (le chat poilu) pendant ce « Brezelsegen »[7].
[7] D’après le magnifique livre de Werner Mezger sur le carnaval Alémanique, – les Schramberger Hansel distribuent jusque a 25.000 Bretzel durant le Brezelsegen du Hanselsprung (Mezger 2015, p. 216). Mezger, Werner (2015 ) : Schwäbisch-Alemannische Fastnacht. Kulturerbe und lebendige Tradition. Darmstadt, Konrad Theiss Verlag, ISBN 978-8062-2947-9
Als ich vor einiger Zeit den Artikel „Sept ans de blog paysages sur le Monde.fr“ , ein kleiner „Rückblick“ auf 7 Jahre „Wochend-blogger“ bzw. „Citizen Blogger“[1] verfasste, stand gerade ein Teil von Paris unter Wasser, weshalb sich darin auch ein paar Zeilen über den Zuaven vom Pont d’Alama finden. Auch Deutschland wurde in diesem Zeitraum von „Unwettern“ heimgesucht. Was mich bei der Berichterstattung in den deutschen Medien über das Hochwasser in Paris erstaunte, war die Tatsache, dass man wohl nirgendwo etwas über die besondere Rolle des Zuaven des Pont d’Alma lesen konnte. Der Zuave des Pont d’Alma gilt in der Paris Bevölkerung als „informelle Hochwassermarke“ der Seine. Wenn der Zuave im Wasser steht, dann kann es für einen Teil der Bevölkerung von Paris und der Ile de France ungemütlich werden[2]. Hier hätte ich mir doch eine etwas kompetentere landeskundliche Berichterstattung über das Hochwassergeschehen in Paris in den deutschen Medien gewünscht. Positiv überrascht hat mich hingegen der Wikipedia Artikel „Zuave der Pont de l’Alma“ der vom Benutzer „Reinhardhauke“ angelegt wurde. Ein gelungener, informativer Wikipediaartikel, der belegt, dass die deutschsprachige Wikipedia trotz aller Unkenrufe immer noch lebt.
Was die Medienberichterstattung[3] über die Unwetterereignisse in Deutschland in diesem Zeitraum betrifft, teile ich die Skepsis, die Axel Bojanowski unlängst in einem SPON-Artikel verlautbarte „Starkregen in Deutschland: Das Unwetter und der Klima-Bluff“[4] . Meines Erachtens erscheint es mir ziemlich gewagt, hier einen Zusammenhang zwischen den Unwetterereignissen in Mittel – und Westeuropa und dem Klimawandel herzustellen. Ich glaube, dass im kollektiven Gedächtnis und damit in gewisser Weise auch in den Medien „Unwetterereignisse“ relativ schnell vergessen werden. Weiterhin erscheint es mir so, als hätte die Wissenschaft die Unwetter und Hochwassergeschichte der letzten, sagen wir 200 Jahre in Mittel und Westeuropa auch nicht systematisch und flächendeckend aufgearbeitet.
Ich habe auch nicht das Gefühl, soweit es in der Periode, die ich bewusst miterleben konnte, (ca.1969 bis heute) zu einer Anhäufung von „Unwetterereignissen“ „bzw. „Starkregen“ in Mitteleuropa gekommen ist. Vielleicht liegt es daran, dass ich in einer Stadt aufgewachsen bin, die im Laufe ihrer Geschichte immer wieder mit Hochwassergefahren zu kämpfen hatte. Starkregen, Hochwasser, Hangrutschungen waren die natürlichen Begleiter der Geschichte von Schramberg, – der Fasnetsbrauch des Schramberger Brezelsegens[5] geht u.a. auf die Armenspeisung durch die Grafen von Bissingen Nippenburg (Kindler 2007:16) nach Hochwasserereignissen und Missernten in der Raumschaft Schramberg zurück[6]. Kindheit in den 1960 und 70 Jahren in Schramberg, das hieß, man wuchs mit dem Bewusstsein auf, dass es jederzeit wieder zu einem verheerenden Hochwasser wie jenem vom 21.5.1959 kommen könnte – bei welchem Schramberg (vor allem die Talstadt[7]) von einem „Gewittersturm“ in Teilen verwüstet wurde. Einer meiner ersten Blogbeiträge „ Sturmfront über Deutschland – vor 50 Jahren meldete Schramberg Land unter“ widmete sich diesem Unwetter, welches sich tief ins kollektive Gedächtnis der Schramberger Bevölkerung eingeprägt hatte.
Ich selbst erlebte in den 1970 Jahren mehrere solcher Überschwemmungen in Schramberg, die zwar nicht ganz so intensiv waren wie die Überschwemmungen vom 29.5.1959, – die jedoch auch für beträchtlichen Schaden sorgten. Nie vergessen werde ich das Unwetter vom 24. Juli 1972. Wir waren gerade seit ein paar Monaten vom Schoren auf den Eckenhof in unser neues Atriumhaus im Lärchenweg gezogen, als an diesem Montag sich Nachmittags schlagartig der Himmel verdunkelte. Als die Sonne nach ein paar Stunden wieder zu scheinen begann, waren die Grundstücke der Atriumhäuser im Lärchenweg ein einziger See. Von dort aus ergossen sich die Wassermassen in Richtung Vogstbach und Göttelbach. Im Hagenwinkel, in der Roßwaldstraße, sowie im unteren Bereich der Oberndorfer Straße zwischen H.A.U[8]. – und Paradiesplatz hinterließ das Gewitter ein Spur der Verwüstung, – in diesem Teil der Stadt haben sich an diesem Montagnachmittag im Juli 1972 dramatische Szenen abgespielt. Heute ist das fast alles vergessen. Ich habe lange gebraucht bis ich eine Spur dieses Hochwasserereignisses, welches sich bei mir im Gedächtnis eingeprägt hatte, aber welches im kollektiven Gedächtnis vergessen (wahrscheinlich auch in Schramberg, außer bei den direkt Betroffenen) wurde, im Internet gefunden habe. Im Artikel „ Trittleiter wurde zur Brücke – Selbsthilfe bewährt sich in Schramberg (Gneist, F. 1972)“ der Zeitschrift für Zivilschutz, Katastrophenschutz und Selbstschutz (9/72) findet man eine Schilderung der Ereignisse – mit beeindruckenden Bildern aus dem Bereich Rosswaldstrasse/Hagenwinkel/Oberndorfer Strasse in der Talstadt Schramberg. Wahrscheinlich hat sich bei mir dieses Unwetterereignis deshalb so eingeprägt, weil sich das „Geschehen“ mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit vollzog. Weiterhin natürlich, – weil wir erst vor kurzem d.h. im Januar 1972 in unsere neues Atriumhaus im Lärchenweg eingezogen waren. Für meine Eltern, damals eine junge Bauherrenfamilie mit drei kleinen Kindern, war das Ganze, sowie wohl für die meisten Beetroffenen in Schramberg ein ziemlicher Schock. Davon zeugen auch noch die feinsäuberlich beschrifteten Dias, die sich in der Diasammlung meines Vaters befinden. Danach, das lässt sich u.a. in den Chroniken der Feuerwehr Schramberg[9] und des THWs Schramberg[10] nachlesen, kam es immer wieder zu Unwetterereignissen mit Überschwemmungen, Hangrutschungen in und rund um Schramberg[11]. Wollte man nur wirklich beweisen, ob solche Unwetter im Rahmen des Klimawandels in Süddeutschland, bzw. in Südwestdeutschland zugenommen haben, dann müsste man auch wegen der hohen räumlichen Auflösung dieser Unwetterereignisse die auch durch die relativ hohen Maschenweite des Klimastationennetzes fallen, beispielsweise mühsam alle Lokalzeitungen, Ortschroniken etc. des betreffenden Bundeslandes der letzten hundert Jahre durcharbeiten. Ich bezweifle, dass das beispielsweise für Baden-Württemberg für den Zeitraum 1900 – 2000 systematisch gemacht wurde.
Das Starkgewitter von Stuttgart, welches am 15. August 1972 in Stuttgart wütete[12] (d.h. im gleichen Jahr wie das von mir in Schramberg erlebte Unwetter), und welches immerhin sechs Menschenleben forderte, dieses doch denkwürdige Ereignis wird in der von Peter Bissolli vom DWD im Jahre 2001 herausgegeben Studie „Extreme Wetter- und Witterungsereignisse im 20. Jahrhundert“[13] beispielsweise gar nicht erwähnt. Soweit man wirklich beweisen wollte, dass es in den letzten Jahren in Süddeutschland zu einem signifikanten Anstieg der Unwettereignisse bzw. Starkregenereignisse gekommen ist, dann wird auf jeden Fall noch sehr viel systematische Forschung nötig sein.
Ich bin weder Hydrologe, noch Klimatologe aber ich denke, dass sich nicht leugnen lässt, das Unwetterereignisse in der Regel doch relativ schnell vergessen werden. Die „Halbwertszeit“ solcher Ereignisse im kollektiven Gedächtnis scheint relativ kurz zu sein. Soweit solche Ereignisse, zumindest die der letzten Jahrzehnte, es nicht geschafft haben in digitalen Datenbanken festgehalten zu werden, – könnte es durchaus geschehen, dass diese Ereignisse von der Forschung übersehen bzw. einfach schlichtweg vergessen werden.
Im Sommer wenn es irgendwo ein größeres Waldbrandereignis gibt – und manchmal nicht nur im Sommer[14] – werde ich immer wieder von Medienvertretern interviewt und dann auch oft gefragt, ob ich glaube, dass die Waldbrände durch den Klimawandel schon zugenommen haben. Meine Antwort lautet dann meistens, soweit die Klimaszenarien der Klimatologen richtig sind, wird man in Mitteleuropa damit rechnen müssen, dass die Waldbrände wohl eher zunehmen werden. Da ich kein Klimatologe bin, kann ich wenig über die Qualität der Prognose/des Szenarios sagen. Ich kenne jedoch bisher keine Studie, die belegt, dass es zwischen dem aktuellen Waldbrandgeschehen und dem Klimawandel einen statistisch – signifikanten Zusammenhang gibt.
Ich weise immer darauf hin, dass es aber gar keines Klimawandels bedarf damit es hier bei uns in Mitteleuropa zu Waldbränden kommt. So hat es in Mitteleuropa und auch im nicht mediterranen Westeuropa immer wieder verheerende Waldbrände gegeben, nur hat das kollektive Gedächtnis diese Waldbrandereignisse schon längst vergessen. So beispielsweise den Waldbrand in der Lüneburger Heide im August 1975, oder den legendären Megawaldbrand von 1949 in der Forêt des Landes den sogenannten – „Incendie de la forêt des Landes de 1949“ in Westfrankreich. Bei diesem verheerenden Waldbrand bei dem 52.000 ha Wald ein Raub der Flammen wurden kamen 82 Menschen ums Leben[15]. Auch ohne prognostizierten Klimawandel wird es bei uns wieder zu großen Waldbränden kommen können. Das lehrt uns der Blick in die Vergangenheit. Soweit sich die Klimaszenarien der Klimatologen als korrekt herausstellen, wird man wohl damit rechnen können, dass es in Zukunft in Mitteleuropa wohl eher mehr Waldbrände gegeben dürfte. Wobei ich persönlich die Zunahme von „Californisationsprozessen“ in Mitteleuropa hinsichtlich der Gefährlichkeit von Waldbränden für weit problematischer halte als die prognostizierte Klimaerwärmung. Abschließend sei noch darauf verwiesen, dass ich es schon erlebt habe, dass jüngere Journalisten nichts mit dem schon angesprochenen „Waldbrand in der Lüneburger Heide“ im Sommer 1975 anfangen konnten. Dieser Waldbrand scheint ein Ereignis gewesen zu sein von dem, diese Journalisten wohl noch nie gehört hatten. Nach oftmals geäußerten Vorstellungen scheint es große Waldbrände nur im Mittelmeergebiet, Australien oder Nordamerika geben zu können. Das ist schon erstaunlich, da der Waldbrand in der Lüneburger Heide einer der größten Naturkatastrophen der alten BRD war. Naturkatastrophen und Unwetter scheinen doch recht schnell aus dem kollektiven Gedächtnis zu verschwinden. So glaube ich, dass beispielsweise der Tornado von Pforzheim vom 10. Juli 1968, außer bei ein paar „Naturkatastrophenexperten“ weitgehend aus dem kollektiven Gedächtnis in Süddeutschland verschwunden ist. In Paris sorgt der Zuave vom Pont d’Alma dafür, dass die Bevölkerung von Paris die „Hochwassergefahr“ die von der ansonsten recht beschaulichen Seine ausgeht nicht völlig aus dem kollektiven Gedächtnis verschwindet [16]. Hingegen glaube ich, dass der Tornado von Pforzheim sowie der Waldbrand in Lüneburger Heide doch schon weitgehend vergessen sind.
Gneist, Frank (1972): Trittleiter wurde zur Brücke – Selbsthilfe bewährt sich in Schramberg. ZS-Magazin, Zeitschrift für Zivilschutz, Katastrophenschutz und Selbstschutz. 9’72, September, S. 17- 19. (Download hier möglich (letzter Zugriff 19.06.2016))
Kindler, Swen (2007) : „…mit Kummer und mit Sorgen… » Junges Parlament – Kanalfahrt – Da-Bach-na-Fahrt. Norderstadt, (Books on Demand), ISBN 978-3-8334-7265-7
Christophe Neff, Grünstadt[18], den 19.06.2016[19] (veröffentlicht am 25.06.2016)
[2] « « Le zouave a les pieds dans l’eau » est synonyme d’ennuis pour les Parisiens – et très probablement pour les habitants en amont et en aval de la capitale » so beginnt der sehr informative Blogbeitrag « Les drôles de mesures de crues sur le zouave du pont de l’Alma» von Pierre Breteau und Adrien Sénécat in den Decodeurs von Le Monde.fr.
[3] Nicht nur die Medien greifen diese Thematik auf, so kann z.B. im Wikipediaartikel „Unwetter in Europa im Frühjahr 2016“ lesen: „Wissenschaftler sind der Meinung, dass derartige extreme Regenfälle aufgrund des Klimawandels zugenommen haben und mit hoher Wahrscheinlichkeit – besonders in Europa – weiter zunehmen werden (Abruf 12.06.2016 18:30).“
[7] Als Talstadt (Schramberg) wird die im Schramberger Talkessel gelegene Kernstadt von Schramberg bezeichnet. Die Talstadt ist das Zentrum der großen Kreisstadt Schramberg.
[8] H.A.U – Gebäude der Hamburg Amerikanischen Uhrenfabrik, damals 1972 ein Teil von Junghans.
[9] Einsatzhistorie der Feuerwehr Schramberg, Abt. Talstadt kann hier eingesehen werden. (letzter Zugriff 19.06.2016)
[11] Besonders in den 1970 Jahren kam es im Bereich der Talstadt Schramberg relativ häufig zu Überschwemmungen. In diesem Zusammenhang im „Volksmund“ und am Stammtisch der Begriff „Sulgen am See“ geprägt. Es gab auch Stimmen die vorschlugen, man sollte die Schiltach beim Rappenfelsen aufstauen, – und Schramberg auf dem Sulgen wieder neu aufbauen. Es wäre interessant zu wissen, ob es davon noch schriftliche Quellen gibt, – bzw. ob sich diese Diskussion auch irgendwann in der Verkleidung der Zuber bei der Da-Bach-na-Fahrt widerspiegelt hat.
[16] Das Hochwasser vom 2-3. Oktober 1988 von Nîmes welches immerhin mehrere Menschenleben forderte, scheint hingegen in Frankreich fast völlig aus dem kollektiven Gedächntnis gefallen zu sein. Es gibt nicht einmal einen Artikel in der französischen Wikipedia zu diesem denkwürdigen Starkregenereignis (siehe auch Notice de blog 17.10.2010 – mémoires collectives et tempêtes oubliées à Leucate). Lesenswerte Infos zu dieser Hochwassekatastrophe (alle in Französisch, tw. bebildert ), findet man u.a. hier, und hier (letzter Zugriff 19.06.2016).
[17] Auch wenn ich das Buch von Rüdiger Glaser in diesem Blogbeitrag nicht zitiert habe, führe ich es hier in den Literaturhinweisen auf, weil ich jedem der sich für die Klimageschichte Mitteleuropas interessiert, dieses Buch als Lektüre empfehlen kann.
[18] Ich lebe nun seit 1999 in Grünstadt und habe seitdem auch schon einige Unwetter und Starkregenereignisse erlebt. Vor allem das Unwetter vom 10.6.2010 hat sich bei mir im Gedächtnis eingeprägt (siehe u.a. hier Unwetter Grünstadt (10.6.2010-11.6.2010) : Mediale Wahrnehmung).
[19] Seit Dienstag den 14.06.2016 ist übrigens die Rhein- Schifffahrt zwischen Germersheim und Iffezheim wg. des aktuellen Rheinhochwassers gesperrt (am Donnerstag, den 23.06.2016 wurde die Rheinschifffahrt in diesem Streckenabschnitt wieder freigegeben), – weiterhin wurde aus dem gleichen Grund der Eisenbahnbetrieb auf der Eisenbahnstrecke Wörth – Lauterbourg am Freitagabend, den 17.06.2016 vorübergehend eingestellt.
Seit etwas mehr als fünf Jahren schon gibt es das Paysagesblog auf le Monde.fr . Am 24.5.2009 schrieb ich den ersten Artikel „I. Un blog sur les paysages : un petit début – ou quelle langue choisir ?“ einen Tag später folgte dann der erste deutschsprachige Beitrag „II. Un blog sur les paysages: ein kleiner Prolog auf Deutsch.“ . Danach folgten 318 Artikel, – dieser kleine deutschsprachige Beitrag ist der 321 Artikel auf paysages. Ursprünglich hatte ich vor, Paysages als mehrsprachigen europäischen Blog zu gestalten, – der deutschsprachigen Einführung folgte am 28.5.2009 eine Englischsprachige „Introduction“ „ III. Un blog sur les paysages: an English introduction“ , aber schnell stellte sich heraus, dass dieser Anspruch nicht umzusetzen war, – paysages ist ein frankophones Blog, – ein Großteil der Beiträge ist auf französisch verfasst, – 69 Beiträge sind auf deutsch verfasst, – und 20 auf Englisch. Einen Beitrag in mehreren Sprachen zu schreiben, bedeutet im Grunde genommen, den Beitrag neu zu schreiben, – da ja in der jeweiligen Sprache neu und anders gedacht wird. Ich hatte schon vor dem Beginn des Paysagesblogs aufgrund meiner Mehrsprachigkeit einen großen Respekt vor Übersetzern, vor allem vor literarischen Übersetzern, – aber seitdem ich Paysages schreibe ist dieser Respekt noch erheblich größer geworden. Ohne die literarischen Übersetzter gäbe es im Grunde genommen keine Weltliteratur. Um nur ein Beispiel zu nennen: ohne Curt Meyer-Clason wären die vielschichtigen inneren und äußeren Landschaften Macondos, die Welt des Oberst Aureliano Buendia, der deutschen Leserschaft verschlossen geblieben[1]. Ohne seine Übersetzter wäre das Werk Gabriel García Márquez außerhalb der hispanophonen Welt nie gelesen worden, – die inneren und äußeren Landschaften Macondos, die uns Marquez schildert, hätten die reale Geographie Aracatacas nie überwinden können, – das Werk wäre sozusagen in der inneren Einsamkeit der lateinamerikanischen hispanophonen Literatur verblieben. Vermutlich hätte man die Werke Márquez nicht einmal in Brasilien wahrgenommen.
Jede Sprache hat ihre eigene Sprachlandschaft, ihre eigene Geographie und deshalb ist es für einen „Freizeitblogger & Wochenendblogger“ sehr schwierig, in mehreren Sprachen zu schreiben. De facto ist obwohl ursprünglich anders geplant, Paysages ein französischsprachiges Blog geworden. Das Blog ist ja auch in Frankreich, bei einem französischsprachigen Presseorgan, – der Tageszeitung Le Monde gehostet. Daher ist es auch nicht außergewöhnlich, dass aus Paysages ein frankophoner Blog wurde. Dass der „Le Monde“ in diesen fünf Jahren in den ich jetzt schon Paysages betreibe, – in so schweres Fahrwasser geraten würde, das war so vor fünf Jahren nicht abzusehen – drei Chefredakteure ( Éric Fottorino, Érik Izraelewicz, Natalie Nougayrède ) haben sich die Hand gegeben, derzeit befindet sich die Chefredaktion des Le Monde übergangsweise in den Händen von Jérôme Fenoglio & Gilles van Kote. Letztlich scheint es zur Zeit nicht absehbar zu sein, was aus dem Le Monde wird. Soweit der Le Monde weiter existiert, werde ich, soweit ich die nötige Zeit dazu finde, Paysages weiter betreiben, und bestimmt auch hin und wieder deutsch verfasste Beiträge posten.
Après un hiver très gris et sombre, l’Allemagne a eu enfin droit à quelques journées de soleil, avec des pointes de température qui avoisinaient entre 15 et 17 degrés à Mannheim. Mais cette période de printemps n’est pas censée durer : on nous annonce le retour de l’hiver pour le lundi 11.3.2012 avec des températures minimales qui pourront atteindre les – 10°.
Cet hiver 2012-2013 fut particulièrement sombre et gris en Allemagne. Il a même battu le record de minimum d’ensoleillement en Allemagne : avec 96 heures d’ensoleillement (Source : DWD Pressemitteilung du 27.2.2013 ; version anglaise) l’hiver 2012-13 fut l’hiver le moins ensoleillé depuis 1951, date depuis laquelle l’ensoleillement est relevé systématiquement en Allemagne. Le soleil s’était restreint aux sommets des Alpes et de la Forêt Noire. Pour le reste de l’Allemagne, cet hiver fut donc particulièrement gris: ici, à Grünstadt, ou les hivers sont très souvent dominés par la grisaille (comme dans une grande partie du Oberrheingraben) , on avait carrément l’impression que les lumières et les couleurs du soleil avaient été englouties par la grande grisaille hivernale. Le soleil revenait à Grünstadt, avec le début du printemps météorologique le premier Mars 2013. Personnellement, le seul jour où j’ai eu droit à une journée de plein soleil d’hiver, ce fut le 10 février à Schramberg en Forêt Noire durant le « Schramberger Hanselsprung » – chez les fabuleux Hansel de Schramberg.
Wie so viele Schramberger Expatriierte komme ich relativ regelmäßig, – zwar nicht jedes Jahr, aber dennoch relativ oft, zuletzt im Jahr 2011 zur Fasnet nach Schramberg zurück. Die „Da-Bach-na-Fahrt“ und der danach stattfindende Rosenmontagsumzug ist bestimmt der überregionale bekannteste Höhepunkt der Schramberger Fasnet, – wobei es auch andere „Highlights“ gibt die den Vergleich mit der Da-Bach-na-Fahrt nicht scheuen brauchen. Aus meiner Sicht ist das immer noch der Hanselsprung mit anschließendem Brezelsegen welcher traditionell am Fasnetssonntag stattfindet. Die NRWZ hat das, mit der Schlagzeile „Hanselsprung für tausende Besucher ein rezeptfreies Antidepressivum – Hoorig, hoorig – Schramberg im Glückstaumel“ zum diesjährigen Hanselsprung sehr sehr gut getroffen. Ja, dieses Jahr hat es mich auch wieder auf die Fasnet nach Schramberg gezogen, – Hanselsprung am Fasnetssonntag, die Da-Bach-na-Fahrt und der Rosenmontagsumzug standen wieder auf dem Programm.
Am Fasnetssonntag 2013 lachte die Sonne über Schramberg, – beglückte die Kleidlesträges und Zuschauer mit einem stahlblauen Winterhimmel. Das Februarlicht wurde von den Schneekristallen auf den Fichten und Tannen der Bergwälder des Schramberger Talkessels vielfach reflektiert und tauchte die Talstadt in ein fast gleißendes Licht. Und irgendwann gegen 14:30 ertönte dann die „Hoorig Katz“, – der Schramberger Narrenmarsch,- und vermischt mit dem Geschell der Hansel und Narros – wurde die Talstadt zu einem einzigartigen akustischen Amphitheater – Hoorigkatz und Geschellenläuten verdichten sich im engen Schramberger Talkessel zu dieser einzigartigen Klanglandschaft – die man nur an der Fasnet erleben kann. The unique „soundscape“ of the „Schramberger Hanselsprung“ so könnte man einen noch zu schreibenden wissenschaftlicher Artikel über den Schramberger Hanselsprung und dessen (Klang)- Landschaften betiteln. Diese „Tonlandschaften & Klangwelten“ kann man übrigens auch erleben, wenn die „Wintersonne“ nicht gar so strahlt wie am Fasnetssonntag 2013.
Ja, und am Hanselsprung des Fasnetssonntag 2013, hatte ich während des Brezelsegens eine bemerkenswerte Begegnung mit einem „großen Hansel“. Wir (.d.h. meine Tochter und meine Nichte) hatten uns schon ein paar Brezeln und Guzzle ersungen, da bemerkten wir einen sehr großen Hansel , der auf uns zukam. Wir begann zu springen und die „Hoorig Katz“ zu singen. Der Hansel unterbrach mich per Handzeichen und unter der Maske erklang eine Männerstimme – „auf Französisch bitte“ – worauf ich so perplex war, – dass ich erst einmal verstummte. Dann ertönte es unter der Maske “en français Christophe“ – und ich erwiderte „die Hoorig Katz auf Französisch?“ – worauf der große Hansel nickte. Und so begann ich zur Melodie der Hoorig Katz zur ersten Strophe anzusetzen „le chat n’a pas de poils“ – doch gleich wies mich der große Hansel mit einer Handbewegung an zu stoppen – denn er hatte erkannt das das falsch war – denn richtiger weise heißt es „le chat a des poils“. Also versuchte ich dann mit „le chat a des poils“ – und bekomme dann endlich auch meine Brezel. Die Brezel in der Hand, fällt mir ein, dass es eigentlich ganz korrekt „le chat poilu, le chat poilu, le chat poilu – et si le chat n’est pas poilu il ne plait guère aux filles – le chat poilu“ – aber da war der große Hansel schon längst wieder im Gewühl verschwunden. Ja, da waren wir (d.h. ich und meine zwei Begleiterinnen) doch alle sehr sehr überrascht, – ein großer Hansel (bestimmt ein Kopf größer als ich) – der sich die „Hoorig Katz“ auf Französisch vorsingen lässt. Die Schramberger Fasnet ist wirklich für Überraschungen gut. Wer der große Hansel war, der mich die Hoorig Katz auf Französisch vorsingen ließ, weiß ich nicht, – die Stimme habe ich nicht zuordnen können, und unter Larve und Häs ist es sowieso sehr schwer jemanden zu erkennen.
Diese Begegnung mit dem großen Hansel auf dem Schramberger Hanselsprung am Fasnetssonntag 2013 wird mir wohl sehr lange in Erinnerung bleiben. Soweit es die Schramberger Narrenzunft erlaubt, werde ich den gesamten Schramberger Narrenmarsch, – die berühmte „Hoorig Katz“ komplett ins Französische übersetzten und hier im Paysagesblog veröffentlichen.
Die Fasnet ist nun wieder vorbei, – der Aschermittwoch kündigt das Osterfest und die dazwischen liegende „Fastenzeit“ an. Nun wird es wieder ein Jahr dauern bis der Schramberger Talkessel von Schellenlärm und d’Hoorig Katz in sein sonderbares Klangbad eingetaucht werden wird. Ein Klangbad, welches das Ende des Winters und den baldigen Frühlingsbeginn ankündigt.
Die Begegnung mit dem großen Hansel, erinnerte mich an meine frühen Kindheitstage, – als ich, noch als ganz kleiner „Bua“ den Großeltern von den tollen Schramberger Hanseln erzählte. In Saulgau (damals noch ohne Bad) bei den Großeltern väterlichseits gab es zwar die auch sehr schönen „Dorausschreier“ mit ihrem bekannten Narrenruf „Doraus, detnaus, bei der alte Linda naus.“ aber mit den Schramberger Hanseln und auch den Sulgener Krattenmacher konnten diese Saulgauer Narrenfiguren in meinen damaligen Kinderaugen nicht bestehen. Bei den Großeltern mütterlicherseits, dem französischen Teil der Familie, – die Großeltern Migliori wohnten damals noch in Eckbolsheim bei Strasbourg – da waren es einfach die „ les fabuleux Hansel de Schramberg“.
Eh, oui – parfois ces fabuleux Schramberger Hansel comprennent et parlent même un peu de français.
Comme beaucoup de „Schramberger“ expatriés je reviens de temps en temps pour la Fasnet à Schramberg. La Fasnet de Schramberg est un événement qui laisse revenir les Expat de Schramberg à Schramberg. Pour ma part c’était le Hanselsprung le dimanche après midi (Fasnetsonntag) et la fameuse da Bach na Fahrt le lundi des Roses. Pour les lecteurs désirant savoir plus sur la Schramberger Fasnet et lisant l’allemand je peux conseiller la lecture du livre « Narri, Narro und so » récemment sorti. Et même pour les lecteurs sans connaissance approfondie de l’allemand le livre mérite d’être feuilleté à cause de ces belles photos.
Wie so viele « expatriierte » Schramberger komme ich von Zeit zu Zeit zur Fasnet nach Schramberg zurück. Die Fasnet ist ein Ereignis welches viele expatriierte Schramberger von Zeit zu Zeit nach Schramberg zurückkommen lässt. Was mich betrifft, so waren es der Besuch des Hanselsprung am Fasnetssonntag und die da Bach na Fahrt am Rosenmontag, welche mich nach Schramberg „gezogen“ haben. Für Leser die sich etwas tiefer mit der Schramberger Fasnet befassen wollen, kann ich die Lektüre des kürzlich herausgegeben Buch „Narri, Narro und so“ empfehlen. In meinen französischen Text (s.O.) habe ich meinen francophonen Lesern das Buch auch wg. dem außergewöhnlichen Bildmaterial empfohlen.
Link, Helmut ; Link, Stefan ; Narrenzunft Schramberg E.V. (Ed) (2010) : Narri, Narro und so … 100 Jahre Narrenzunft Schramberg, 75 Jahre Da-Bach-Na-Fahrt. Schramberg, Straub Druck + Medien AG, ISBN 978-3-00-032970-8
An der Unterhaardt und im Leiningerland waren die Schäden die der Orkan Xynthia am letzten Wochenende hinterließ doch relativ bescheiden. Natürlich sind, wie man heute in der Rheinpfalz lesen kann in den Wäldern zwischen Grünstadt, Altleiningen und Eisenberg ein paar Bäume umgefallen. Aber ansonsten hält sich der Schaden den der Orkan Xynthia hier im Umkreis von Grünstadt verursachte doch ziemlich in Grenzen. Was die umgefallenen Bäume betrifft wundere ich mich immer wie sehr Forstleute und Presse das „Umknicken“ bzw. den „Sturmwurf“ von an für sich gesunden und standortgerechten Bäumen bei Stürmen beklagen – und vor allem nicht nachvollziehen können. Eigentlich sollte doch bekannt sein, dass bei schweren Stürmen in nemoralen Wäldern immer ein paar Bäume, ja selbst hunderte von Bäumen sturmbedingt umfallen können. Aus dieser Tatsache hat sich der Forest Gap Theory entwickelt, die im französischen auch als „theorie des trouées ( sensu Schnitzler – Lenoble 2002)bzw. dynamique des trouées“ bekannt, im deutschen würde man wohl am die Forest Gap Theory wohl am ehesten mit „Wald- Lücken-Theorie“ bezeichnen. Es scheint wohl so zu sein als hätte in Deutschland Begriff wie „Wave-regeneration oder Forest Gap Theory“ es bisher kaum geschafft aus dem akademischen Elfenbeinturm heraus eine größere Öffentlichkeit zu erreichen. Das mag vielleicht zum einem am emotionalen aufgeladenen „Waldbild“ im deutschen Sprachraum liegen, – und vielleicht auch soweit es neuere Ergebnisse aus der Waldökosystemforschung betrifft – an der Anglifizierung des wissenschaftlichen Publikationsbetrieb, – welcher Förster, welcher Journalist hierzulande liest schon in Englisch verfasste Paper zur theoretischen Waldökologie (siehe hierzu auch meine Bemerkungen in III. Un blog sur les paysages: an English introduction ). Für Waldbesitzer und Forstbetrieb mögen die Folgen von Xynthia im Einzelfall tragisch & und vielleicht sogar Existenz bedrohend sein, der Wald als Ökosystem erholt sich jedoch relativ problemlos von den Sturmfolgen, sowie sich Wälder in der Regel auch von Waldbränden erholen. Soweit ich es von hier aus Überblicken kann, sind wir was durch Xynthia verursachten Sturmschäden in Deutschland betrifft doch noch relativ glimpflich davon gekommen.
In Frankreich sah es da schon ganz anders, wobei interessant ist das der Orkan Xynthia in der französischen Wikipedia als „Tempête Xynthia“ als Sturm Xynthia bezeichnet wird – obwohl der Sturm mit 53 Toten und 7 Schwerverletzten doch wesentlich folgenreicher als in Deutschland war. Am härtesten traf es die Gemeinden La Faute-sur-Mer und L’Aiguillon an der französischen Atlantikküste im Departement Vendée. In diesen beiden Gemeinden hat es allein fast 30 Tote gegeben. Dort hat der aufgewühlte Atlantik einen Deich durchbrochen und die dahinter liegenden Siedlungen geflutet – das Meer hat sich genommen – was ihm einstmals gehörte. Die meisten Opfer, oftmals Rentner sind vom Meereseinbruch im Schlafe überrascht worden und in ihren Häusern ertrunken. Der durch Xynthia verursachte Meereseinbruch des Atlantik an der Küste der Vendée hat eine erneute Diskussion über den Umgang mit Naturrisiken wie Überschwemmungen aber auch den Umgang mit der Natur an Meeresküsten in Frankreich ausgelöst. Ich schreibe „erneute Diskussion“ – denn eigentlich löst jede Überschwemmung mit Todesopfern wie z.B. in Nîmes am 3.10.1988 , in Vaison la Romaine am 22.9.1992, in Sommières am 8 und 9.9.2002 solche Diskussionen aus, sowie auch jeder größere Waldbrand ähnliche Diskussionen auslöst – ohne dass sich wirklich gravierendes im Umgang mit der „Natur“ bzw. „Natur & Umweltrisiken “ in Frankreich ändert – oftmals werden die Dinge nach ein paar Jahren wieder vergessen. Ähnliches könnte man bestimmt auch für die Situation Deutschland schreiben.
Die oben genannten Überschwemmungskatastrophen, die alle erhebliche Menschenleben kosteteten, sind inzwischen so vergessen, dass man diese nicht einmal in der französischen Wikipedia wiederfindet bzw. diesen Ereignissen ein eigner Artikel gewidmet wäre.
Was die Folgen von Xynthia betrifft, inbesondere die Ereignisse von la Faute sur Mer und l‘ Aiguillon, so wird in der französischen Öffentlichkeit vor allem die galoppierende „Urbanisation“ der französischen Küste als Hauptverantwortlicher für die Katastrophe thematisiert, der Klimawandel wird letztlich kaum thematisiert, – was ich persönlich auch für richtig halte – da solche Sturmbedingten Hochwasser an der Atlantikküste und an der Nordseeküste an für sich nicht so ungewöhnlich sind – nur treten diese so selten auf, dass das kollektive Gedächtnis diese Ereignisse relativ schnell wieder vergisst – wer erinnert sich denn noch an die Watersnood die im Februar 1953 über 1800 Menschenleben in den Niederlande forderte. In diesem Zusammenhang sei auch noch auf das Interview von Guy Brasseur in der heutigen Zeit „Im Treibhaus“ verwiesen, in welchem Brasseur dezidiert auf die Fragwürdigkeit des Zusammenhanges zwischen Extremwetterereignissen und globaler Klimaentwicklung hinweist.
Die immer mehr fortschreitende „Urbanisierung“ der französischen Meeresküsten wird in francophonen Geographie auch als Littoralisation bezeichnet und wird inzwischen auch für die Beschreibung von Urbanisations – und Suburbanisationsprozessen in andere Küstenräumen verwendet. Diese Begrifflichkeit wird jetzt auch schon in der anglophonen Geographie verwendet. Ich habe im Zusammenhang mit Littoralisationsprozessen im National Geographic ( Bourne & Turner, 2006) einmal einen schönen Satz gelesen „loving our coasts to death“ – der im Grunde genommen die Dramatik des Littoralisationsprozesse treffend beschreibt. Die Ökosystemaren Konsequenzen der den gesamten Planeten umfassenden Littoralisation zu managen wird einer der großen Herausforderung des „Global Changes“ werden – denn die Littoralisation ist ein wahrhaft globaler Prozess der viele Küstenabschnitte der Welt nachhaltigst formt, – teilweise regelrechte neuartige Landschaftsbilder schafft.
Um nochmals auf la Faute sur Mer und l‘ Aiguillon zurück zu kehren, – die franco-französischen Presse verwendet den Term im Gegensatz zu francophonen Geographie aber nur zur Beschreibung von Urbanisierungsprozessen am Mittelmeer, weshalb man den Begriff im Zusammenhang mit dem Meereseinbruch an der Küste der Vendée kaum in den Medien findet. Auf eine andere Begrifflichkeit die hier in Deutschland noch kaum bekannt ist, sei in diesem Zusammenhang auch verwiesen – die Californisation – ein aus der frankophonen Geographie stammender Begriff der das Eindringen von Wohnbesiedlung in Wald und Buschland beschreibt – was bei Waldbränden zu katastrophalen Folgen führen kann, denn im Grunde wird im zersiedelten Grün, das Eindämmen der Flammen zu einer fast unbeherrscharen Herausforderung für die Feuerwehren. Die Überlagerung von Californisationsprozessen und Littorlisationsprozessen in den mediterran Subtropen birgt wahrlich vielfältige Umweltrisiken, die auch schon ohne menschgemachten Klimawandel, wenn es denn mal brennt oder ein Deich bricht, nur schwerlich beherrschbar sind.
Abschliessend möchte ich mich noch Leucate und Port Leucate zuwenden, zwei Ortschaften an der französischen Mittelmeerküste welche ich nun fast 40 Jahre kenne. Der Küstenabschnitt zwischen der Halbinsel Leucate, dort wo sich der alte Siedlungkern des Dorfes Leucate befindet und Le Barcarès gilt als einer dynamischsten Küsten des Mittelmeerraumes, weshalb dieser Küstenabschnitt zu Beschreibung von mediterraner Küsten & Lagunendynamik im von Hofrichter herausgegeben Mittelmeerreader (Wilke 2001) ausgewählt wurde. Auf dem Lido, d.h. dem Tombolo der das Etang de Leucate zwischen Leucate Plage und le Barcarès vom offenenen Meer abtrennt wurden in den 60 Jahren die nouvelles station touristiques Port Leucate und Port Barcarès errichtet. Vorher war dieser Sand & Dünentombolo unbewohnt – u.a. deshalb weil es immer wieder im Winter zu sturmbedingten Meereseinbrüchen kam. Soweit ich mich an die Literaturrecherchen für diverse wissenschaftliche Publikationen ( u.a. Neff 2003 sowie Neff & Scheid 2005) richtig erinnere, gab es den letzten größeren Meereseinbruch in der Zwischenkriegszeit zwischen erstem und zweitem Weltkrieg.
Wenn das Meer bei starkem Marin richtig tobt, dann kann man die Brandung eigentlich in ganz Port Leucate deutlich vernehmen. Das hört sich wie das Heulen und Stöhnen der Schwarzwaldtannen bei schwerem Orkan an, so wie es Vinzenz Erath in größer als des Menschen Herz beschrieb. Im Ferienhauschen meiner Großmutter in der Feriensiedlung la Griffouliere in Port Leucate, Ferienhäuschen in dem ich als Kind und Jugendlicher unzählige Ferien verbrachte, lauschte ich oftmals bei geöffneten Fenster, der Meeresbrandung bei Marin, die obwohl sich das Haus fast zwei Kilometer vom Strand entfernt befand (und immer noch befindet)bei Marinwind noch deutlich zu hören war. Ich habe mir als ich noch Kind war oftmals überlegt, wie es denn wäre, wenn eines Nachts das Meer kommen würde. Was ich damals nicht wusste, – bevor Port Leucate auf dem Tombolo gebaut wurde und dieser noch la Corrège und Mas de l‘ile hieß, kam das Meer hin und wieder und setzte alles unter Wasser – so wie letzten Sonntag in la Faute sur Mer und l‘ Aiguillon. Nur war das Lido damals zwischen der Halbinsel Leucate und der Aglymündung unbewohnt. Ich denke, dass das Wasser, das Meer wieder kommen wird, eines Tages völlig unerwartet, weil man einfach vergessen hat, dass es einmal da war. Vielleicht täusche ich mich auch, und das Meer wird nie sich nie mehr über den Lido ergiessen, aber angesichts der jüngeren Landgeschichte dieses Küstenabschnittes erscheint es jedenfalls nicht unwahrscheinlich, daß es bei entsprechenden Unwetterereignissen wieder zu Meereseinbrüchen kommen könnte.
Es gibt auch keinen Deich in Port Leucate, jedenfalls ist mir bisher keiner sichtbar aufgefallen. Ich bin jedoch sicher, dass soweit man einen Deich zum Hochwasserschutz bauen wollte, dass viele der unmittelbaren Strandanlieger in Port Leucate alles in Bewegung setzten würden um solch einen Deich zu verhindern, denn solch ein Deich würde natürlich den freien Blick aufs Meer beeinträchtigen. Hingegen wurde vor kurzem zwischen dem Grau de Leucate und Leucate Plage ein Hochwasserdeich errichtet.
Es gibt noch ein ganz anderes Element was Port Leucate und la Faute sur Mer und l‘ Aiguillon verbindet. Die meisten Opfer in den Küstenstädtchen am Atlantik waren Rentner die einen schönen Lebensabend am Atlantik verbringen wollten. Meistens aus oberen Unterschicht und unteren und mittleren Mittelschicht (couches populaires ) , denen ein Häuschen am Mittelmeer zu teuer war. Viel hatten ihre ganzen Ersparnisse in ihr kleines Häuschen gesteckt. 27 von Ihnen haben die Nacht von 27 auf den 28 Februar 2010 nicht überlebt, – denn sie waren zu schwach und zu gebrechlich – um sich rechtzeitig vor dem einbrechenden Wasser in den rettenden zweiten Stock zu begeben, um das rettende Hausdach erklimmen zu können. In Port Leucate gibt es auch ein immer mehr wachsende Seniorenpopulation, – es gibt sogar eine kleine Anzahl von deutschsprachigen Rentnern wie ich im letzten Oktober als ich eine Messe in der neuen St. Jacques Kirche besuchte, feststellen konnte. An dem Tag, an dem das Meer kommen wird, und soweit es bis dahin keinen effektiven Hochwasserschutz gibt, wird es in Port Leucate die gleichen Bilder geben wie letzten Sonntag in la Faute sur Mer und l‘ Aiguillon in der Vendée.
Dieser kleine Blogbeitrag soll nicht anklagen, – sondern nur anregen über unser Verhältnis zu „Naturrisken“ nachzudenken. Im Allgemeinen haben wir die Tendenz diese Risiken mit der Zeit einfach zu vergessen. Aber dadurch, dass diese Risiken aus unserem kollektiven Gedächtnis verschwinden, werden die Risiken natürlich nicht kleiner. Ich will diesen Blogbeitrag mit einem kleinen Beispiel aus der Raumschaft Schramberg beenden. Im Mai 1959 wurden große Teile der Stadt Schramberg durch ein verheerendes Hochwasser vernichtet. Es war nicht das erste Hochwasser in Schramberg, und es war auch nicht das letzte Hochwasser – es war nur ein Ereignis in einer langen Zeitreihe – und man kann davon ausgehen, dass irgendwann der Tag kommt, an dem wieder ein solches Hochwasser in Schramberg auftreten wird.
Der Brezelsegen der Schramberger Fasnet geht übrigens wie ich im Buch „mit Kummer und mit Sorgen“ von Sven Kindler (2007) erfahren konnte auf die großseigneurale Armenspeisung durch die Grafen von Bissingen Nippenburg (Kindler 2007:16) nach Hochwasserereignissen und Missernten in der Raumschaft Schramberg zurück, – ich habe dem ganzen übrigens einen französischsprachigen Blogbeitrag unter Titel „Petite notice sur les origines du Schramberger Hansel“ gewidmet. Hier hat die Unwettererfahrung in der Raumschaft Schramberg im kollektiven Gedächtnis als Fasnetsbrauch überlebt. In diesem Zusammenhang, d.h. dem Vorkommen von historischen Hochwässern in Mitteleuropas gibt es übrigens in der aktuellen Geographischen Rundschau (3/2010) einen lesenswerten Aufsatz von Mathias Deutsch, Rüdiger Glaser und Karl Heinz Pörtge et al.
Hochwasser, Meereseinbrüche, Waldbrände wird es in Mittel und Südwesteuropa sowie im gesamten Mittelmeerraum immer geben, – und zwar völlig unabhängig davon ob sich das Klima nun erwärmt oder nicht. Die Frage ist nur wie man mit diesem Wissen umgeht – und ob man bereit ist Vorsorge zu treffen – auch wenn das letzte Schadenereignis scheinbar schon wieder in eine weite zeitliche Ferne gerückt ist. Und was den Klimawandel betrifft, sollten die Szenarien der Klimaforscher sich als richtig erweisen, wovon eigentlich auszugehen ist, dann wird das Management solcher „Naturrisiken“, bestimmt nicht einfacher, ganz im Gegenteil.
Deutsch, M., Glaser, R., Pörtge, K.H., Börngen, M., Drescher, A., Cresat, M., Riemann, D., Scönbein, J. (2010): Historische Hochwasserereignisse in Mitteleuropa. Quellenkunde, Interpretation und Auswertungen. In: Geographische Rundschau, 3/2010, 18- 24.
Deville, J. (2009) : L’incendie meurtrier – dans la forêt des Landes en août 1949. Paris (les Éditions des Pompiers de France), (ISBN 978-2-916079-20-2)
Die Rheinpfalz (4.3.2010): Wandern im Wald ist Lebensgefährlich – Grünstadt/Altleiningen: Orkan Xynthia wirft auch gesunde Bäume um – Waldlehrpfad besonders betroffen – Weg gesperrt. Die Rheinpfalz Nr. 53 – Unterhaardter Rundschau, Donnerstag 4 März 2010
Erath, V. (1951): Größer als des Menschen Herz. Das Buch vom wahren Leben. Tübingen (Rainer Wunderlich Verlag)
Kindler, Swen (2007) : „…mit Kummer und mit Sorgen…“ Junges Parlament – Kanalfahrt – Da-Bach-na-Fahrt. Norderstadt, (Books on Demand), ISBN 978-3-8334-7265-7
Neff, C. (2003): Les Corbières maritimes – forment-elles un étage de végétation méditerranéenne thermophile masqué par la pression humaine ? In: Fouache, E. (Ed.): The Mediterranean World Environment and History. IAG Working Group on Geo-archeology, Symposium Proceedings. Environmental Dynamics and History in Mediterranean Areas, Paris, Université de Paris – Sorbonne 24 – 26 avril 2002. Paris, 191 – 202, (Elsevier France, ISBN 2-84299-452-3).
Neff, C., Scheid, A. (2005): Der mediterrane Süden Frankreichs. Vegetationsdynamik und Kulturlandschaft im Languedoc- Roussillon. In: Geographische Rundschau, 57, H. 9, 38-44.
Schnitzler – Lenoble, Annik (2002): Écologie des forêts naturelles d‘ Europe. Biodiversité, sylvigenese, valeur patrimoniale des forets primaires. Paris, Lavoisier TEC & DOC, ISBN 2-7430-0541-6
Wilke, Michael (2001): Lagunäre Lebensräume. In Robert Hofrichter, R. (éd), Das Mittelmeer : Fauna, Flora, Ökologie. Tome I, Allgemeiner Teil, p. 326-347, Heidelberg, Éd. Spektrum akademischer Verlag, 2001, ISBN 3-8274-1050-9
En observant les évolutions des demandes sur mon wordpress dashboard j‘ ai remarqué qu‘ il y avait assez de lecteurs francophones s‘ intéressant au carnaval traditionnel de la Forêt Noire – la Fasnet – et même spécialement au Schramberger Hansel, figure traditionnelle de la Schramberger Fasnet dont je parlais dans les « Lectures matinales de „Aschermittwoch“ 2010 ». Le Schramberger Hansel n’est donc pas inconnu dans le monde francophone. En faisant moi-même une recherche sur google sur ces mots clefs je suis tombé sur un très beau billet « sarabande-de-carnavals » de blog les cinq sens selon christian parlant aussi du Schramberger Hansel. « Goûtez à pleines dents à ces savoureux bretzels que vous offre si chaleureusement ce “ Hansel “ goguenard à Schramberg en Forêt -Noire. » Malheureusement la photo montrant le soi – disant Hansel de Schramberg dans sarabande-de-carnavals est en réalité un Sulgener Hansel un Krattenmacher. Le Krattenmacher est comme le Schramberger Hansel un « Weißnarr »(fou blanc). Le Krattenmacher est un « Weißnarr » assez récent – il fut créé après 1945 et son nom « Krattenmacher » est le mot du Sulgener Schwäbisch(souabe de Sulgen) pour les vanniers.
La vannerie fut autrefois une des principales activités à Sulgen – et sur le costume du Krattenmacher nous trouvons les peintures montrant les vanniers en action. Comme le Schramberger Hansel,le Krattenmacher participe aux traditionnel s Brezelsegen(la bénédiction des Brezel) à Schramberg. Le Schramberger Brezelsegen est une ancienne tradition qui remonte à la tradition féodale des seigneurs de Schramberg : distribuer des vivres après les diverses intempéries, qui frappèrent si souvent la région de Schramberg. Ainsi, après les intempéries de 1816 où des mois de pluies plus ou moins ininterrompues ont provoqué de très mauvaise récoltes dans la Raumschaft Schramberg, les seigneurs de Schramberg, les ducs de von Bissingen – Nippenburg ont commencé à distribuer pains et petit pains « Brot & Weckenverteilung » (Kindler, 2007 : 16). C’est donc cette tradition féodale qui est reprise dans le « Brezelsegen » où les Hansel distribuant les Brezel à petits et grands chantant le Schramberger Narrenmarsch (Kindler, 2007 : 16 – 17.) Les Schramberger Hansel du 19 siècle étaient plus au moins des copies adaptées aux mœurs de Schramberg, des masques et costumes de la Villinger Fastnacht (Kindler, 2007 : 15). C’est sur ces bases que le premier vrai « Schramberger Hansel » fut crée en 1925 (Kindler 2007 : 26 + Narrenzunft Schramberg – der Schramberger Hansel ) – le masque en bois de tilleul fut sculpté par Cajetan Schaub. Le Hanselsprung avec le Brezelsegen sont donc une ancienne tradition à Schramberg. Personnellement c’est cette partie de la Schramberger Fasnet qui m’est chère depuis mon enfance. Presque tous les gamins, les jeunes, le vieux et les moins vieux à Schramberg ont des grands yeux quand la fanfare se met à souffler d‘ Hoorig Katz et que les Hansel arrivent avec leurs Brezels. Mais il faut aussi trouver des acteurs qui font vivre les Hansel, Narro etc. Ce n’est pas toujours si facile que ça – car masque en bois et costumes sont chers – je me souviens d’un ami qui a payé plus de 2500 euros rien pour un masque de Narro. Naturellement costumes et masques s’héritent dans les anciennes familles de Schramberg. A part le lourd fardeau financier , le Sprung ou das Springen , le saut nécessite aussi un effort physique considérable – masque, costumes et les Gschell (les grandes cloches) sont assez lourds. Etre un vrai « Hansel » n‘ est donc pas donné à tout le monde.
Les infos historiques que je cite sont principalement tirées du livre « mit Kummer und mit Sorgen … » de Sven Kindler. Ce livre qui est consacré à la da Bach na Fahrt dont je parlais déjà dans « Schau, ein Philosoph geht da de Bach na – Schau eine Schriftstellerin geht da de Bach na » – car c‘ est la da Bach na Fahrt – qui fut créée en 1936 – qui attire les foules (et les medias) – comporte aussi un chapitre sur l‘ histoire de la Fasnet traditionnelle à Schramberg – les Hansel et les Brezelsegen. Le Hanselsprung avec le Brezelsegen , Fasnetssonntag (Dimanche de Carnaval) à Schramberg est plutôt une chose familiale – les foules viennent pour la da Bach na Fahrt le lundi des roses. Mais les Hansel , Lächler et Narro ne sont pas seulement visibles dans les Hanselsprung, mais durant tout le mois de février jusqu’au soir de mardi gras : il sont partout pour distribuer leurs Brezel – dans les crèches, les jardins d‘ enfant, les écoles, les bals de carnavals, les maison de retraites, les hôpitaux – et parfois ils vont même au chevet des mourants pour leurs apporter leur Brezel – car la Brezel et la sonnerie lourde des Gschell (les lourdes cloches) annoncent la venue du printemps – car comme je l‘ écrit dans « L‘ Allemagne fatiguée de son hiver (Hiver 2009/2010)» – la Forêt Noire fut un pays de neige et de longs hivers.
Pour tous les ceux qui s’intéressent à une analyse profonde de la Schramberger Fasnet – et lisant l’allemand – je ne peux que recommander la lecture du livre «mit Kummer und mit Sorgen« de Sven Kindler, même si le livre est surtout consacré à l’histoire de la Da Bach‘ na Fahrt. L’ouvrage nous livre une riche documentation historique qui nous permet de dénicher les origines de la Da Bach na Fahrt – et aussi un peu de percer les mystères de la création de la Schramberger Fasnet. Je reconnais volontiers que sans le livre de Kindler je n’aurais jamais su – qu’une des origines du Schramberger Brezelsegen sont les divers crises de faim due aux nombreuse intempéries qui sévissait au début du 19 ème siècle dans cette partie de la Forêt Noire.
En fait un vestige d’une herrschaftliche Armenspeisung – une soupe populaire seigneuriale. Vu le débat sévissant en ce moment sur Hartz IV en Allemagne – on a bien l’impression que certains aimeraien t bien revenir aux Armenspeisung d’antan . Le Brezelsegen nous transporte la mémoire d’un temps où après des intempéries ou simplement des long hivers, le destin des « sujets » de la Herrschaft Schramberg dépendaient de la charité seigneuriale. Les intempéries n‘ on pas disparu – la Raumschaft Schramberg est de temps en temps victimes de telles intemperies – mais heureusement les conditions socio-économiques on bien évolué – et pour avoir droit à sa « Fasnachtsbrezel » il faut simplement bien chanter le Schramberger Narrenmarsch, la fameuse d‘ Horrig Katz.
Sources :
Kindler, Swen (2007) : „…mit Kummer und mit Sorgen…“ Junges Parlament – Kanalfahrt – Da-Bach-na-Fahrt. Norderstadt, (Books on Demand), ISBN 978-3-8334-7265-7
Christophe Neff, Grünstadt le 21.2.2010
P.S.: L‘ auteur du blogpaysage a lui-même participé avec un costume et un masque de Schramberger Hansel prêté par une amie à un Schramberger Hanselsprung et Brezelsegen il y a quelques années.