Sommer 2015 – zur Waldbrandgefahrenlage in der Raumschaft Schramberg (17.08.2015)

In Schramberg hat es in wieder einmal einen Waldbrand gegeben – diesmal am Rappenfelsen im Norden der Talstadt Schramberg. Es war, nach dem Waldbrand am oberen Göttelbach[1], schon der zweite Waldbrand in diesem Sommer in Schramberg und wenn die trocken-warme Witterung anhält, könnte es in der Raumschaft Schramberg noch mehr Waldbrände geben.

Im Schwarzwälder Boten gab es einen Artikel zum Waldbrand am Rappenfelsen[2], in dem ich mit folgenden Worten zitiert werde: „“Ich halte Schramberg für eine der waldbrandgefährdesten Städte in ganz Baden-Württemberg, und zwar aus der Tatsache heraus, dass die Talstadt sozusagen vom Wald umschlossen ist ….. Annette Melvin und ihre Kameraden werden viel zu tun haben, wenn die trocken-warme Witterung so anhält„. Weiterhin findet man noch ein weiteres Zitat „“Waldbrände an unzugänglicheren Stellen erfordern schnelle, voll geländegängige spezielle Waldbrandlöschfahrzeuge“ Dem ganzen ist eigentlich nicht viel hinzufügen, außer dass die Problematik der speziellen Waldbrandlöschfahrzeugen nicht nur für die Raumschaft Schramberg gilt, – sondern für alle waldbrandgefährdeten Gebiete in Deutschland relevant ist. Darauf verweise ich in Presseinterviews, Blogbeiträgen, Vorträgen immer wieder –   zuletzt hier diesem Blogbeitrag „Blognotiz 19.07.2015: Hochsommerliche Temperaturen und Waldbrandrisiken in Südwestdeutschland“. Mindestens genauso wichtig wie das Vorhandensein von richtigen „Waldbrandlöschfahrzeugen[3]“ erscheint mir jedoch auch die Verfügbarkeit eines richtigen Waldwegenetzes – welches auch im Ernstfall für die Feuerwehr und sonstige Rettungs- und Einsatzkräfte befahrbar sein sollte. Meine Erfahrungen aus dem Schwarzwald sagen mir, dass das nicht immer der Fall ist.

Ein zentraler Punkt ist natürlich auch, dass bei größeren Waldbränden „Luftunterstützung“ bei der Waldbrandbekämpfung nötig ist,  – in Schramberg ist es dank dem professionellen Eingreifen der Schramberger Feuerwehr und ihrer Kommandantin Annette Melvin nicht dazu gekommen, dass der Waldbrand sich ausbreiten konnte.

Generell sind große Waldbrände vom Boden aus nicht mehr kontrollierbar und erfordern die Bekämpfung aus der Luft mit Löschflugzeugen wie z.B. in Frankreich, Schweiz oder Italien. Dass sollte natürlich geübt werden bzw. vorab die Koordination (Alarmierung, Meldewege, Einsatzleitung etc.) abgesprochen werden und vor allem müssen die entsprechenden Löschflugzeuge bzw. Hubschrauber auch vorhanden sein. Beim Waldbrand in der Lüneburger Heide vor genau dreißig Jahren lieh man sich zwei Canadair CL-215 beim französischen Zivilschutz aus. Sollte es in Deutschland wieder einen großen Waldbrand, wie damals in der Lüneburger Heide geben, wird man wohl das Nachfolgemodell die Canadair CL-415 bei den französischen Nachbarn ausborgen müssen – oder entsprechende zur Waldbrandbekämpfung ausgerüstete Hubschrauber in der Schweiz ausleihen müssen. Soweit die Klimaprognosen über eine Temperaturerhöhung in Mitteleuropa zutreffen, – wird man wohl auch damit rechnen können, dass es auch hierzulande zu einer Zunahme der Waldbrandaktivität kommt[4], und daher sollte man sich im Zuge der Daseinsvorsorge Gedanken darüber machen, inwiefern es ratsam wäre sich mit der Beschaffung von Löschflugzeugen vom Typ CL-415 zu befassen.

Wobei ich es schon erstaunlich finde, dass der große Waldbrand in der Lüneburger Heide[5], immerhin einer der größten Naturkatastrophen im Nachkriegsdeutschland – ich schrieb schon hier (und hier in Französisch) darüber – so komplett aus dem kollektiven Gedächtnis gefallen ist. Festhalten kann man auf jeden Fall, dass es auch ohne Klimawandel in Mitteleuropa zu großen, vor allem auch gefährlichen Waldbränden kommen kann, denn der Waldbrand in der Lüneburger Heide kostete 5 Feuerwehrmännern das Leben.

Abschließend ein paar Worte in Kürze zu dem im Artikel des Schwarzwälder Boten erwähnten „Californisationsprozessen“. Ich habe im vorherigen Blogbeitrag[6] das Thema, d.h. die californisation von Landschaften im feuerökologischen Sinne (californisation du paysage) relativ ausführlich behandelt. Daher an dieser Stelle nur zusammenfassend die wichtigsten Fakten: Californisation bedeutet die enge Verzahnung von Vegetationsdecke mit Siedlungseinheiten (Wohnbebauung, Bebauung allgemein, Infrastruktur). Waldbrandtechnisch heißt das die enge Verzahnung von Brandgut (frz. „masse combustible“, engl. „fuel load“[7]) mit der Wohnbebauung. In solch einer californisierten Landschaft kann es sehr schwierig werden Waldbrände effektiv zu kontrollieren und gleichzeitig die Wohnbebauung vor dem Feuer zu schützen. Zum ersten Mal hat man das Phänomen wohl in Südkalifornien rund um Los Angeles beobachtet – daher auch die Bezeichnung „Californisation“. Ich selbst habe die Begrifflichkeit nach dem großen Waldbrand von Collobrières 1990 in Südfrankreich, während der Arbeiten für meine Diplomarbeit[8] zum ersten Mal wahrgenommen[9]. Vor einigen Jahren schon habe ich den Californisationsprozessen rund um Schramberg einen französischsprachigen Blogbeitrag mit dem Titel „La Forêt progresse à Schramberg – et les risques d‘ incendies aussi“ gewidmet. Selbst wenn man nur wenig, oder sogar gar kein Französisch liest, – die Bilder in dem Beitrag sprechen eine eindeutige Sprache. Californisationsprozesse findet man naturgemäß vor allem in allen mediterranen Biomen, Regionen in den Vegetationsfeuer und Waldbrände im Sommerhalbjahr an der Tagesordnung sind. Aber man findet diese auch hier in Südwestdeutschland, – beispielsweise in den Randlagen des Pfälzer Waldes an der Unterhaardt, im Schwarzwald wie z.B. in der Raumschaft Schramberg, – und nicht nur in der Talstadt Schramberg. Die enge Verzahnung von Vegetationsdecke mit der Wohnbesiedlung findet sich bei genauer Betrachtung auch in vielen anderen Schwarzwaldgemeinden (Bilder dazu u.a hier in meinem letzten Blogbeitrag, dort findet sich z.b. ein rezentes Photo zur Californisation aus der Schwarzwaldgemeinde Lauterbach). Soweit es nicht zu Waldbrandereignissen in diesen Gegenden kommt, ist die Verzahnung eigentlich kein Problem. Dort wo Waldbrände quasi ausgeschlossen sind, eigentlich hervorragende Wohnlagen – wer wollte nicht in solch einer Lage mitten im Grünen wohnen?

Wenn es aber zu Waldbränden kommt, dann kann diese Verzahnung schnell zu gefährlichen Situationen führen. Die zwei kleinen Waldbrände, die diesen Sommer in Schramberg ausbrachen haben gezeigt, dass es sehr wohl auch im Schwarzwald zu Waldbränden kommen kann. In der Vergangenheit- und man sollte dies auch nicht vergessen – hat es auch im Schwarzwald verheerende Waldbrände gegeben, wie z.b. der große Brand von Baiersbronn – Schönmünzach der im Jahre 1800 einen Teil des Nordschwarzwaldes heimsuchte.

Quellen:

Fritsche, Johannes (2015): Waldbrand-Risiko ist in der Talstadt sehr hoch. In: Schwarzwälder Bote. 13.08.2015

Christophe Neff, le 17.08.2015

[1] Der erste Waldbrand fand am 16.07.2015 am oberen Göttelbach statt – dazu u.a. hier „Blognotiz 19.07.2015: Hochsommerliche Temperaturen und Waldbrandrisiken in Südwestdeutschland“ und „ Schramberg: Waldbrand löst Großeinsatz aus“, sowie „Stadt zählt zu den Risikogebieten“.

[2] Der Waldbrand am Rappenfelsen fand am Dienstag, den 11.8.2015 statt, hierzu u.a „Schramberg: Waldbrand am Rappenfelsen löst Großeinsatz aus“, sowie „Schramberg: Waldbrand am Rappenfelsen“.

[3] Ich hatte am 10.11.2010 bei der Kommandantentagung des Kreisfeuerwehrverband Rottweil einen Vortrag mit dem Titel „Waldbrände in Mitteleuropa – Bestandsaufnahme und Zukunftsszenarien Was kommt auf die Feuerwehren im Lkr. Rottweil zu?“ gehalten, – und dabei auch mit Vehemenz auf die Notwendigkeit von geeignenten Waldbrandlöschfahrzeuge hingeweisen. Die entsprechende Folie hatte den Titel „Camion citerne feux de forêts CCF – auch für den Lkr. Rottweil ?“. Das war ein öffentlicher Vortrag, – die Presse war auch anwesend, aber der Vortrag bzw. der Inhalt des Vortrages hinterließ wohl offensichtlich keinen Widerhall in den Medien.

[4] Dazu siehe u.a. « Feux de forêts et lectures de paysages méditerranéens: (Écologie et biogéographie des forêts du bassin méditerranéen ; The Nature of Mediterranean Europe – an Ecological History ; Le feu dans la nature – mythes et réalité) ».

[5] Weitere Artikel, die sich mit dem Waldbrand in der Lüneburger Heide befassen sind : Dans paysages les notices suivantes parlent entre autre du Waldbrand de la Lüneburger Heide: « Feux de forêts et lectures de paysages méditerranéens: (Écologie et biogéographie des forêts du bassin méditerranéen ; The Nature of Mediterranean Europe – an Ecological History ; Le feu dans la nature – mythes et réalité) », « 1949 – l‘incendie meurtrier dans la Forêt des Landes » ,« The Fatal Forest Fire – remembering the “1949 Mega fire” in the „Forêt des Landes” (South West France)» , « Blognotice 04.07.2015: Vague de chaleur, canicule et risques d’incendies en Europe centrale », « Blognotiz 19.07.2015: Hochsommerliche Temperaturen und Waldbrandrisiken in Südwestdeutschland », « Blognotice 10.08.2015: Cigognes, canicule et chant de cigales – vue sur l’été 2015 dans le « Oberrhein (Rhin Supérieur) ».

[6] Siehe « Blognotice 15.08.2015: Incendies de forêt à Schramberg en Forêt-Noire et processus de californisation du paysage ».

[7] Siehe u.a. in “Glossary of wildfire terms

[8] Die Ergebnisse meiner Diplomarbeit wurden zeitversetzt in dem Büchlein «  Waldbrandrisiken in den Garrigues de Nîmes (Südfrankreich) : eine geographische Analyse. Mannheim 1995. ISBN: 3-923750-50-1“ veröffentlicht.

[9] Siehe « Blognotice 15.08.2015: Incendies de forêt à Schramberg en Forêt-Noire et processus de californisation du paysage ».

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