Blognotiz 19.07.2015: Hochsommerliche Temperaturen und Waldbrandrisiken in Südwestdeutschland

Blick auf die Brandfläche NSG Haderwiese 15.07.2015 © Christophe Neff

Der Hochsommer ist da, – die Kornfelder sind gereift, die Mähdrescher holen die Ernte ein, – Schwimmbäder und Badeseen erleben einen Ansturm wie schon lange nicht mehr  – eigentlich ein Bilderbuchsommer, wenn da nicht die Trockenheit und Waldbrandrisiken wären. Ich hatte hier in Paysages, vor zwei Wochen in dem Beitrag „Vague de chaleur, canicule et risques d’incendies en Europe centrale“ schon eindringlich vor den durch die aktuelle Hitzewelle ausgelösten erhöhten Waldbrandgefahren gewarnt, u.a. vor erhöhten Waldbrandrisiken in den Vogesen, dem Wallis, dem Pfälzerwald und dem Schwarzwald.

Inzwischen hat es hier und da in Südwestdeutschland auch schon kleinere Waldbrände gegeben, – unter anderem am 11.7.2015 in Schifferstadt[1] und am 16.7 in Schramberg[2]. Soweit das hochsommerliche Wetter anhält gehe ich davon aus, dass die erheblichen Waldbrandrisiken in den Wälder Südwestdeutschlands anhalten werden (und nicht nur da) , und wahrscheinlich sogar zunehmen werden. Ein ganz großes Problem, zumindest aus feuerökologischer Sicht (und auch in agrarökologischer Sicht), ist die anhaltende Trockenheit die in großen Teilen Südwestdeutschland herrscht.

Blick auf den Pfinz – Entlastungskanal Eggenstein-Leopoldshafen 17.07.2015

Ich habe beispielsweise am Freitag den 17.07.2015 eine geobotanische Exkursion im Hardtwald im Karlsruher Norden durchgeführt, – diese Exkursion führte sozusagen entlang der Ufer des Pfinz-Entlastungskanal durch den Hardtwald und den daran angrenzenden Rheinauen. Die langanhaltende Trockenheit hat u.a. dazu geführt das der Pfinz-Entlastungskanal qusi trockengefallen ist. Einer der Exkursionsteilnehmer meinte, er hätte den Pfinz-Entlastungskanal in dreißig Jahre noch nie so gesehen wie jetzt, d.h. mehr oder weniger ausgetrocknet[3].

Die Waldböden (und nicht nur diese) incl. Streuauflage sind extrem trocken, d.h. schon ein Funke, eine brennende Zigarette etc., kann derzeit einen Waldbrand bzw. Flächenbrand auslösen. Flächenbrände[4] in Wiesen, Straßenrändern etc. können auch ganz leicht, soweit die betroffene Fläche an ein Waldstück grenzt, einen Waldbrand auslösen. Genau das ist beim Waldbrand sowohl beim Waldbrand in Schifferstadt im NSG Haderwiese als auch beim Waldbrand am oberen Göttelbach in Schramberg passiert. Das ist auch der Grund, weshalb bei der Waldbrandprävention im mediterranen Südfrankreich, den Autobahnböschungen, Grasstreifen an Autobahn ein besonderes Augenmerk gewährt wird. Sowohl in Schifferstadt als auch in Schramberg konnte die Feuerwehr dank des raschen Eingreifens das Entstehen eines ausdehnten großen Waldbrandes noch rechtzeitig verhindern.

Waldbrände sind an für sich in Mitteleuropa nichts außergewöhnliches, – nur scheint dass, das kollektive Gedächtnis vollkommen vergessen zu haben. Ich habe zwar vor Jahren schon selbst davor gewarnt, dass soweit die Szenarien die Klimaforschung zutreffen, man in Mitteleuropa wohl mit mehr Waldbränden rechnen müsste[5]. Aber auch ohne Klimawandel, kann es in Mitteleuropa Waldbrände geben, und es hat auch diese schon immer gegeben – auch wenn das kollektive Gedächtnis diese Ereignisse erfolgreich verdrängt. Im Schwarzwald[6], kam es immer wieder zu Waldbränden, – der bekannteste und wahrscheinlich auch der flächenmäßig größte Waldbrand war bestimmt der Waldbrand von Baiersbronn – Schönmünzach der im Jahre 1800 einen Teil des Nordschwarzwaldes heimsuchte[7]. Aber auch andere, quasi zeitgeschichtliche fast rezente großflächige Waldbrandereignisse, hat das kollektive Gedächtnis vergessen. Der Brand in der Lüneburger Heide, vor fast genau 40 Jahre, – sprich im August 1975 – war immerhin einer der größten Naturkatastrophen die die alte Bundesrepublik erlebte. Inzwischen ist dieser für die Waldbrandgeschichte Mitteleuropas bemerkenswerte Waldbrand fast schon vergessen. Dabei würde ich den Waldbrand in der Lüneburger Heide durchaus mit dem Waldbrand der 1949 die Forêt des Landes (Incendie de la forêt des Landes de 1949 ) heimsuchte vergleichen, auch wenn der Waldbrand in der Lüneburger Heide gleichwohl nicht die Ausdehnung und Intensität des Brandes in der Forêt des Landes erreichte. Der Waldbrand in der Forêt des Landes war m.E. übrigens der flächenmäßig größte und tödlichste Waldbrand in Europa in historischer Zeit[8].

Flächen & Waldbrand Schramberg oberer Göttelbach 16.07.2015 © Annette Melvin

Ich möchte zum Schluss dieses Blogbeitrages noch einmal auf den Schwarzwald zurückkommen. Im Sommer 2010 hatte mich Annette Melvin[9] [10], die Kommandantin der Freiwilligen Feuerwehr Abteilung Talstadt Schramberg, angesprochen und mich gebeten eine Stellungnahme zur  Verwaldung der Talstadt Schramberg und den daraus entstehenden Waldbrandrisiken abzugeben. Daraus entstand u.a. der Blogbeitrag « La Forêt progresse à Schramberg – et les risques d‘ incendies aussi (Der Wald breitet sich in Schramberg aus – und damit steigt auch das Waldbrandrisiko)“. Die Waldzunahme in der Talstadt Schramberg wie in vielen anderen Teilen des Schwarzwaldes, wird in trockenen, warmen Sommern dazu führen, dass die Waldbrandrisken erheblich steigen. Das Problem ist eigentlich ein europäisches Problem, man findet es fast in allen europäischen Gebirgsräumen, seien das nun die Cevennen in Südfrankreich, die Vogesen in Ostfrankreich, den Pfälzerwald, den Schwarzwald in Südwestdeutschland, die Hochgebirgswälder der Schweiz, – oder Gebirgswälder der französisch-italienischen Alpenbogens ….. – (um nur ein paar Beispiele zu nennen) die Landschaft wächst zu – und damit steigen die Waldbrandrisiken[11].

In Südwestdeutschland betrifft das vor allem den Schwarzwald und den Pfälzerwald. Für Siedlungen die wie beispielsweise die Talstadt Schramberg von Wald umschlossen sind, –   kann das in extrem trockenen (und heißen) Sommern dann durchaus zum Problem werden. Man wird wahrscheinlich auch in nächster Zukunft in Südwestdeutschland[12] darüber nachdenken müssen, die Feuerwehren von Siedlungen in Waldgebieten bzw. die von Wald (und Buschland) umschlossen sind, sowie in Frankreich (oder den USA, Canada) etc.   systematisch mit CCF Fahrzeugen Camion Citerne Feux de Forêt[13] auszurüsten. Damit verhindert man keine Waldbrände, aber man kann, soweit diese erst einmal ausbrechen, schnell und effektiv, auch abseits vom befestigen Wegenetz in unwegsamen Gelände eindämmen, und damit verhindern dass aus einem kleinen Waldbrand sich ein großflächige Waldbrandkatastophe entwickelt.

Was die derzeitige Waldbrandrisikosituation in Südwestdeutschland betrifft, – so wie schon in der Blognotice vom 4 Juli geschrieben – soweit die trocken-warme Witterung anhält, wird man im Pfälzerwald, in den Trockenwäldern der Oberrheinebene und im Schwarzwald mit einem erheblichen Waldbrand (und Flächenbrandrisiko) rechnen müssen.

Zitierte Literatur:

Schlund, Wolfgang ; Jehle, Georg ; Ebel, Charly (2012): 100 Jahre Bannwald Wilder See. Naturschutzzentrum Ruhestein & Landesbetrieb Forst BW Stuttgart, ISBN 978-3-00-035118-1

Bilder: 1 -2 alle © Christophe Neff (Blick auf die Brandfläche NSG Haderwiese (Schifferstadt) 15.07.2015,  Blick auf den Pfinz – Entlastungskanal Eggenstein-Leopoldshafen 17.07.2015),  3 © Annette Melvin (Flächen & Waldbrand Schramberg oberer Göttelbach)

Christophe Neff, le 19.07.2015

P.S. (10.03.2023): Acht Jahre nach der Veröffentlichung dieses Blogbeitrages habe ich die verloren gegangen bzw. defekten Links (siehe auch „Blognotiz 20.03.2022: Notizen zur aktuellen Linkreparatur in Paysages“) wieder repartiert. Da dieser Beitrag im Dezember 2015 von der Pressestelle des KIT unter der Überschrift „Experte des Monates/Feuerökologie“  verbreitete wurde, werde ich wohl ein Screenshot dieses Blogbeitrages vom Juli 2015 in KIT-Open archivieren.

[1] Hierzu auch „Speyer/Schifferstadt/Dudenhofen: Waldbrand unter Kontrolle

[2] Hierzu die NRWZ „Schramberg: Großeinsatz am Oberen Göttelbach“, und hier der Schwarzwälder Bote „Schramberg – Waldbrand löst Großeinsatz aus

[3] Mündliche Mitteilung von Sebastian Hötzel, Mastersstudent der Geoökologie, während der geobotanischen Exkursion „Vegetationskundliches Geländetransekt von der oberrheinischen Hardtplatte zur Rheinaue“ des IFGG-KIT am 17.07.2015.

[4] Einen kleinen Flächenbrand gab es auch am Freitag, den 17.07.2015 auf der Gemarkung der Gemeinde Kirchheim an der Weinstrasse, – hier brannte ein ca. 1000m² Getreidefeld entlang der Autobahn A 6. Quelle: Die Rheinpfalz – Unterhaardter Rundschau, Samstag 18. Juli 2015: Fächenbrand/Getreide zerstört

[5] Hierzu u.a. « Feux de forêts et lectures de paysages méditerranéens: (Écologie et biogéographie des forêts du bassin méditerranéen ; The Nature of Mediterranean Europe – an Ecological History ; Le feu dans la nature – mythes et réalité) » , sowie Neff, C., Scheid, A. (2003): Kontrollierte Feuer in Natur und Landschaftspflege: – Erfahrungen aus dem Mittleren Schwarzwald (Raumschaft Schramberg) und den mediterranen Pyrenäen (Pyrénées Orientales/Region Prades) Südfrankreichs. In: Venturelli, R.C., Müller, F. (Eds): Paesaggio culturale e biodiversità. Principi generali, metodi, proposte operative. Giardini e Paesaggio, 7, Firenze, 163 – 177, (ISBN 88-222-5272-1).

[6] Hierzu auch „Blognotice 10.09.2012: Changements de Paysages dans la Raumschaft Schramberg“.

[7] Das lesenswerte Buch von Wolfgang Schlund et al. (2012) über den „Bannwald Wilder See“ widmet dem Waldbrand von Baiersbronn – Schönmünzach ein ganzes Kapitel.

[8] Zum „Incendie de la forêt des Landes de 1949  findet man in paysages die folgenden Artikel „1949 – l‘incendie meurtrier dans la Forêt des Landes“, „The Fatal Forest Fire – remembering the “1949 Mega fire” in the „Forêt des Landes” (South West France)“ und „Le 19 août 1949 – le drame de la Forêt des Landes „.

[9] Ich kenne Annette Melvin noch aus gemeinsamer Schulzeit am Gymnasium Schramberg.

[10] Von Annette Melvin stammt auch das Photo vom Waldbrand am oberen Göttelbach in Schramberg die mir das Photo dankenswerterweise für diesen Blogbeitrag zur Verfügung gestellt hat.

[11] Dieser Landschaftswandel, d.h. die großflächige Verwaldung und Verbuschung führt u.a. auch zur Ausbreitung der Wolfspopulationen siehe u.a „Blognotice 11.07.2015: Commentaire sur la réapparition du Loup au Bade – Wurtemberg après 150 d’ans d’absence“.

[12] Gemeint sind u.a. die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Baden Württemberg

[13] Ein geländegängiger in Frankreich normierter Tanklöschfahrzeugtyp der speziell für die Waldbrandbekämpfung entwickelt wurde.

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